Hilfe

Ein Toraschrein für Warschau

Reisegruppe: Die Mitglieder der Allgemeinen Rabbinerkonferenz besuchten Polen. Foto: Michael Kaiser

»Natürlich ist es ein Wagnis für uns polnische Juden, demnächst mit den deutschen Juden enger zusammenzuarbeiten«, bekennt Grazyna Pawlak, die dem Vorstand der Jüdischen Gemeinde Warschau angehört und das Rabbiner Moses-Schorr-Zentrum leitet. »Aber den liberalen Juden in Polen wird der Kontakt mit ihren Kollegen in Deutschland helfen, ihre eigene Identität zu finden und zu festigen.«

Eine Woche lang waren elf Mitglieder der Allgemeinen Rabbinerkonferenz (ARK) zu Gast bei den liberalen jüdischen Gemeinden im niederschlesischen Breslau, dem südpolnischen Krakau und der Hauptstadt Polens, Warschau.

Geschenk Und ein Gastgeschenk hatten sie auch dabei: einen aufwändig gestalteten Toraschrein für die Warschauer Gemeinde. Gespendet hatte ihn die Liberale Jüdische Gemeinde Hannover, die sich wie die Warschauer »Etz Chaim« (Baum des Lebens) nennt. »Der starke Stamm stellt symbolisch die Tora dar, die Äste und Blätter die vielen Mitglieder. Unter einem Baum soll man sich sicher fühlen, er gibt Schutz und Geborgenheit. So sollen sich Ihre Mitglieder in dieser Gemeinde auch fühlen«, bedankte sich der Warschauer Rabbiner Stas Wojciechowicz für das Geschenk, das Hannovers Gemeindevorsitzende Ingrid Wettberg überreichte.

»Wir sind zu der Überzeugung gekommen, dass wir unseren jüdischen Schwestern und Brüdern, die direkt vor unserer Tür leben, Hilfe leisten müssen«, fasste der ARK-Vorsitzende Rabbiner Henry G. Brandt die Reiseeindrücke zusammen. Dabei gehe es beispielsweise um die Klärung von Statusfragen zur Gemeindezugehörigkeit. Eine Hilfe, die die liberalen polnischen Juden offenbar dringend benötigen.

Reformjudentum Versuche, das einst auch in Polen bedeutende Reformjudentum wieder aufzubauen, scheiterten nach der Schoa über Jahrzehnte am Widerstand der orthodoxen Oberrabbiner Polens. So gründeten liberal eingestellte Juden 1999 die Gemeinschaft »Beit Warszawa«. Deren Konversionen – meist in Großbritannien oder den USA vorgenommen – versagte Oberrabbiner Michael Schudrich jedoch die Anerkennung.

So beschloss die Warschauer Gemeinde, sich zu einer Einheitsgemeinde umzugestalten, unter deren Dach liberale, konservative und orthodoxe Juden Platz finden können. Mit Stas Wojciechowicz wurde 2010 der erste liberale Rabbiner eingestellt. Konversionen sind jedoch nach wie vor nur orthodox möglich.

Dies könnte sich nun ändern, da die liberalen Juden in Deutschland nicht nur über ein Beit Din verfügen, sondern auch über eine ausgebaute Infrastruktur und Ausbildungsstätten für Rabbiner. »Wir haben viel über die historischen Zusammenhänge gelernt, aber auch über die Probleme, vor denen die Juden in Polen und den Gemeinden heute stehen«, sagte Brandt. Vor der Schoa lebten rund 3,5 Million Juden in Polen, heute hat der Gemeindebund knapp 8.000 Mitglieder.

Dialog

Digital mitdenken

Schalom Aleikum widmete sich unter dem Motto »Elefant im Raum« einem wichtigen Thema

von Stefan Laurin  28.03.2024

Jugendzentren

Gemeinsam stark

Der Gastgeber Hannover ist hoch motiviert – auch Kinder aus kleineren Gemeinden reisen zur Jewrovision

von Christine Schmitt  28.03.2024

Jewrovision

»Seid ihr selbst auf der Bühne«

Jurymitglied Mateo Jasik über Vorbereitung, gelungene Auftritte und vor allem: Spaß

von Christine Schmitt  28.03.2024

Literaturhandlung

Ein Kapitel geht zu Ende

Vor 33 Jahren wurde die Literaturhandlung Berlin gegründet, um jüdisches Leben abzubilden – nun schließt sie

von Christine Schmitt  28.03.2024

Antonia Yamin

»Die eigene Meinung bilden«

Die Reporterin wird Leiterin von Taglit Germany und will mehr jungen Juden Reisen nach Israel ermöglichen. Ein Gespräch

von Mascha Malburg  28.03.2024

Hannover

Tipps von Jewrovision-Juror Mike Singer

Der 24-jährige Rapper und Sänger wurde selbst in einer Castingshow für Kinder bekannt.

 26.03.2024

Party

Wenn Dinos Hamantaschen essen

Die Jüdische Gemeinde Chabad Lubawitsch lud Geflüchtete und Familien zur großen Purimfeier in ein Hotel am Potsdamer Platz

von Katrin Richter  25.03.2024

Antisemitismus

»Limitiertes Verständnis«

Friederike Lorenz-Sinai und Marina Chernivsky über ihre Arbeit mit deutschen Hochschulen

von Martin Brandt  24.03.2024

Porträt der Woche

Die Kreative

Mona Yahia stammt aus dem Irak, spricht viele Sprachen, ist Künstlerin und Autorin

von Christine Schmitt  24.03.2024