Berlin

Ein kurzes Leben

Bezirkspolitiker und Simone Ladwig-Winters (2.v.r.) Foto: Rolf Walter/xpress.berlin

Was für eine mutige, außergewöhnliche Frau muss Marianne Cohn gewesen sein. Im September wäre sie 100 Jahre alt geworden, doch 1944 wurde sie als 21-Jährige in einem Wald in Frankreich erschossen. Denn die Dichterin war jüdisch, engagierte sich im Widerstand und organisierte Kindertransporte aus Frankreich in die Schweiz. 1944 wurde sie dabei entdeckt, verhaftet, gefoltert und ermordet.

Eines ihrer letzten Gedichte trug Shelley Perez, Schülerin des Jüdischen Gymnasiums Moses Mendelssohn, vergangenen Sonntag vor. Zu der Gedenkstunde anlässlich des Holocaust-Gedenktags am 27. Januar hatten die Aktiven der Dauerausstellung Wir waren Nachbarn in die Kirche zum Heilsbronnen eingeladen. Unter den etwa 200 Interessierten waren viele Gemeindemitglieder, Politiker und Zeitzeugen. Pfarrerin Christiane Klußmann erinnerte daran, dass während der Schoa Juden Zuflucht in der Kirche zum Heilsbronnen fanden, da der damalige Pfarrer der Bekennenden Kirche angehörte.

Leben Marianne Cohn wurde in Mannheim geboren. Ihre Eltern waren mit Walter Benjamin befreundet, der ihre Gedichte würdigte. Im Nachlass des Philosophen fanden Historiker viel Material über Marianne Cohn, so Simone Ladwig-Winters, Leiterin der Dauerausstellung, die im Rathaus Schöneberg ihr Domizil hat. Die Familie Cohn zog nach Berlin-Tempelhof.

Als die Nazis an die Macht kamen, floh sie nach Spanien. Von dort wurden Marianne und ihre Schwester zu einem Onkel nach Paris geschickt, dann in die Schweiz und schließlich wieder nach Frankreich, wo die Familie nach dem Einmarsch der Deutschen getrennt wurde. Marianne kümmerte sich in einem Heim um jüdische Kinder, heiterte sie auf und sorgte für deren Unterbringung in Pflegefamilien und bei der Flucht. Sie soll bei der Rettung von 200 Kindern mitgewirkt haben. Ihre Mörder konnten indes nicht ermittelt werden, so Simone Ladwig-Winters.

Bezirksbürgermeister Jörn Oltmann (Grüne) betonte, wie wichtig es sei, weiter über die Verfolgten zu berichten. »Wir werden sie nicht vergessen. Sie haben ihren festen Platz bei uns.« Umrahmt wurden die Reden vom Orgelspiel des Kantors Thomas Noll. Er spielte Werke des Komponisten Arno Nadel – der in Auschwitz ermordet wurde.

Bayern

Als Rassist und Antisemit im Polizeidienst? Möglich ist es …

Der Verwaltungsgerichtshof München hat geurteilt, dass Beamte sich im privaten Rahmen verfassungsfeindlich äußern dürfen, ohne deswegen mit Konsequenzen rechnen zu müssen

von Michael Thaidigsmann  01.07.2025

München

Gedenken in schwerer Zeit

Die Stadt erinnerte an jüdische Opfer des NS-Regimes. Die Angehörigen aus Israel konnten wegen des Krieges nicht anreisen

von Luis Gruhler  01.07.2025

Lesen

Über eine Liebe nach dem Holocaust

Die österreichische Schriftstellerin Melissa Müller stellte im Münchener Literaturhaus ihr neues Buch vor

von Helen Richter  01.07.2025

Auszeichnung

Strack-Zimmermann erhält Janusz-Korczak-Preis für Menschlichkeit

Die FDP-Politikerin wird für ihre klaren Worte und ihr entschlossenes Handeln angesichts globaler Krisen geehrt

 29.06.2025

Erfurt

Ende eines Krimis

Seine Entdeckung gilt als archäologisches Wunder: Mehr als 25 Jahre nach dem Fund des Erfurter Schatzes sind vier weitere Stücke aufgetaucht

von Esther Goldberg  29.06.2025

Porträt der Woche

Heilsame Klänge

Nelly Golzmann hilft als Musiktherapeutin an Demenz erkrankten Menschen

von Alicia Rust  29.06.2025

Interview

»Wir erleben einen doppelten Ausschluss«

Sie gelten nach dem Religionsgesetz nicht als jüdisch und erfahren dennoch Antisemitismus. Wie gehen Vaterjuden in Deutschland damit um? Ein Gespräch über Zugehörigkeit, Konversion und »jüdische Gene«

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  29.06.2025

Solidarität

»Sie haben uns ihr Heim und ihre Herzen geöffnet«

Noch immer gibt es keinen regulären Flugbetrieb nach Israel. Wir haben mit Israelis gesprochen, die in Deutschland gestrandet sind. Wie helfen ihnen die jüdischen Gemeinden vor Ort?

von Helmut Kuhn  26.06.2025

Meinung

Mannheim: Es werden bessere Tage kommen

Wegen Sicherheitsbedenken musste die jüdische Gemeinde ihre Teilnahme an der »Meile der Religionen« absagen. Die Juden der Stadt müssen die Hoffnung aber nicht aufgeben

von Amnon Seelig  25.06.2025