An der Universität Potsdam ist am Mittwoch das Europäische Zentrum Jüdischer Gelehrsamkeit mit Rabbinerausbildung und Synagoge feierlich eröffnet worden.
Die neue Bildungsstätte umfasst die School of Jewish Theology an der Universität Potsdam sowie die Rabbinerseminare Abraham Geiger Kolleg und Zacharias Frankel College.
BEGEGNUNGEN Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte die neue Einrichtung als »Geschenk für unser Land«. Es sei eine »Ausbildungsstätte, die weit über die Grenzen ausstrahlt« und »als weit geöffnetes Haus jüdischen Lebens« auch Menschen anderen Glaubens anziehe und neugierig auf Begegnungen mache, betonte Steinmeier bei der Eröffnung vor rund 250 Gästen aus Politik, Religion und Gesellschaft.
»Mit der Eröffnung setzen wir ein wichtiges Zeichen unseres Glaubens an die Zukunft jüdischen Lebens in Deutschland.«
Zentralratspräsident Josef Schuster
Zugleich mahnte das Staatsoberhaupt mehr gesellschaftlichen Einsatz und Zivilcourage gegen Antisemitismus an. »Es schmerzt mich und macht mich zornig, dass sich Antisemitismus, antisemitischer Hass und Hetze in Deutschland, ausgerechnet in Deutschland, wieder offen zeigen, schon seit Jahren«, so Steinmeier. »Es kann für uns Deutsche nur eine Antwort geben. Wir, jeder Einzelne und wir als ganze Gesellschaft dulden keinerlei Antisemitismus.«
TRADITIONEN Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte: »Wir sind zu Recht stolz auf die Traditionen jüdischer Gelehrsamkeit in unserem Land.«
Schuster erläuterte: »Die Lehren von Abraham Geiger und Zacharias Frankel dienen als Richtschnur zur Standortbestimmung für jüdische Studierende, die sich der liberalen oder im englischen Sprachgebrauch ›conservative‹ Richtung zurechnen und Rabbiner oder Kantor werden wollen.«
Doch selbstverständlich stehe die School of Jewish Theology auch Studenten anderer Glaubensrichtungen offen. Diese Kooperation zwischen akademischer und rabbinischer Ausbildung sei für alle ein Gewinn, sagte der Zentralratspräsident.
ZUKUNFT Mit der Eröffnung »setzen wir ein wichtiges Zeichen des Glaubens an die Zukunft des jüdischen Lebens in Deutschland.« Es sei ein guter Tag für die jüdische Gemeinschaft und für das ganze Land, betonte Schuster.
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, bezeichnete das Zentrum als eine neue »wesentliche Säule« der Bildungslandschaft. »Mit dem Einzug des Instituts für Jüdische Theologie und der beiden Rabbinerseminare unter ein gemeinsames Dach werden hervorragende Bedingungen für die akademische und praktische Ausbildung geschaffen«, betonte der Beauftragte für jüdisches Leben weiter. »Ich freue mich auf die gesellschaftlichen Impulse, die vom neuen Zentrum ausgehen werden und das jüdische Leben in Deutschland weiter bereichern und stärken werden.«
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erklärte, Brandenburg sei stolz auf die Eröffnung: »Es ist ein kraftvolles Zeichen für selbstbewusstes jüdisches Leben in unserem Land.«
Der Präsident der Universität Potsdam, Oliver Günther, sagte: »Mit dem heutigen Festakt findet eine wunderbare Entwicklung ihren vorläufigen Abschluss: die Einrichtung des Fachs Jüdische Theologie an der Universität Potsdam.«
MITEINANDER Es sei die richtige Verortung für die akademische Theologie, die hier ins »physische und intellektuelle Miteinander« mit anderen Disziplinen kommen könne.
An der neuen Bildungsstätte sind derzeit rund 80 Studierende eingeschrieben; von ihnen streben 31 ein Rabbinat oder ein Kantorat an. Es entstand zudem eine Synagoge, der erste Neubau eines jüdischen Gotteshauses in Potsdam nach der Schoa. Die Kosten des Projekts liegen laut Universität bei rund 13,5 Millionen Euro. kna/ja
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