Thüringen

Ein Freistaat, drei Festivals

Sängerin der Band »Baladino«: Yael Badash Foto: Gaya’s Music

»Wir wollen Israel in den Mittelpunkt des Festivals stellen«, sagt Johannes Paul Gräßer, der neue künstlerische Leiter der jüdisch-israelischen Kulturtage Thüringens. An deren 29. Ausgabe ist erstmals auch die Jüdische Landesgemeinde aktiv beteiligt. Das Festival beginnt an diesem Donnerstag und läuft bis zum 21. November.

»Ich finde es positiv, dass wir aktiver mitgestalten«, so Landesrabbiner Alexander Nachama über die neue Situation. Er gehört mit zum Programmbeirat. Der Förderverein, der bislang allein den Hut auf hatte für dieses dritte jüdische Festival des Jahres in dem Freistaat, gestaltet das Festival in Kooperation weiter mit.

Zu den neuen Akzenten der jüdisch-israelischen Kulturtage gehört beispielsweise das Eröffnungskonzert der »Drei Kantoren« Tal Koch (Tenor), Hemi Levison (Bariton) und Assaf Levitin (Bass) in Begleitung des Pianisten Naaman Wagner. Sie singen über »Gott und die Welt«, und zwar erstmals im Kultur- und Bildungszentrum der Jüdischen Landesgemeinde. »Wir wollen stärker die Räumlichkeiten unserer Gemeinde nutzen«, so Nachama. Allerdings erfordern die Corona-Schutzmaßnahmen eine starke Reduzierung der Kapazität.

FOKUS Immer wieder wird darüber diskutiert, warum sich Thüringen drei jüdische Festivals im Jahr leistet. »Der Yiddish Summer Weimar hat die nord-, mittel- und osteuropäischen Juden im Fokus«, beschreibt Gräßer den Unterschied zum größten jüdischen Festival. Die Achava-Festspiele stünden für den interkulturellen Dialog, und die jüdisch-israelischen Kulturtage hätten stärker die sefardische Kultur im Blick.

Daraus ergibt sich, dass auch in den kommenden Jahren keines der Festivals mit einem anderen zusammengehen wird. Doch es gibt Gemeinsamkeiten – gerade in diesem Jahr, da Thüringen 900 Jahre jüdisches Leben feiert und deutschlandweit 1700 Jahre jüdisches Leben mit großem Programm begangen werden.

Das Festival soll ab dem kommenden Jahr im März stattfinden – zwischen Purim und Pessach.

Das Vorurteil, dass Klezmer die einzige typisch jüdische Musik sei, will Gräßer bereits mit seinem ersten Festival widerlegen. Der US-amerikanische Trompeter und Komponist Paul Braudy, der in Berlin lebt, hat Gedichte von Rose Ausländer für sein Programm »Hinter allen Worten« komponiert und gemeinsam mit Meret Becker und Clueso interpretiert. Er wird ebenso in Thüringen auftreten wie Alan Bern (künstlerischer Leiter Yiddish Summer Weimar) und Yael Badash, die sich mit ihrer Ladino-Tradition zu einer international anerkannten Stimme entwickelt.

IDEE Die jüdisch-israelischen Kulturtage waren bislang das kleinste der drei jüdischen Festivals in Thüringen. Im vorigen Jahr reduzierte die Pandemie das Festival auf magere zwei Veranstaltungen. Künftig soll es ungleich größer werden. Oder zumindest bekannter. Das dürfte auch deshalb gelingen, weil die Macher entschieden haben, das Festival ab dem kommenden Jahr in den März zu verlegen – zwischen Purim und Pessach. Das ist eine clevere Idee. Denn im Juli beginnt der Yiddish Summer, im September startet Achava.

Eine gewisse Müdigkeit gegenüber dem dritten Festival, das eigentlich das erste war, darf zumindest vermutet werden. Allerdings müssen 2022 noch ein letztes Mal einige Veranstaltungen auf den November verschoben werden. »Viele Kommunen benötigen einen so großen zeitlichen Vorlauf, dass sie die zeitliche Verlagerung erst ein Jahr später hinbekommen«, so Gräßer. Insgesamt neun Städte bieten in diesem Jahr eine der 60 Veranstaltungen der Kulturtage an. Dazu zählen neben Erfurt auch Weimar, Nordhausen und Mühlhausen, die zu Lesungen, Konzerten, Stadt- und Synagogenführungen, Filmen und Vorträgen einladen.

Berlin

ESC-Teilnehmerin eröffnet Jüdische Kulturtage

Bis zum 22. September stehen nach Angaben der Festivalleitung mehr als 40 Veranstaltungen mit deutschen, israelischen und internationalen Kulturschaffenden auf dem Programm

 13.09.2024

Duisburg

Mit Musik auf das Leben

Zum zweiten Mal richtete die Zentralwohlfahrtsstelle das »Festival der Chöre« aus. Mehr als 150 Sängerinnen und Sänger reisten aus zahlreichen jüdischen Gemeinden an

von Claudia Irle-Utsch  12.09.2024

Interview mit dem IKG-Sicherheitschef

»Wir leben in einer anderen Welt«

Gilad Ben-Yehuda über den Anschlag in München auf das israelische Generalkonsulat, die allgemeine Bedrohungslage und Folgen des 7. Oktober

von Leo Grudenberg  12.09.2024

Interview

»Ein Tag des Aufbruchs«

Der Gemeindevorsitzende Jo-Achim Hamburger über einen Festakt in Nürnberg und Markus Söders »Schutzversprechen«

von Helmut Kuhn  12.09.2024

Berlin

Moses-Mendelssohn-Preis für »Kanaan«-Gastronomen

Senator Joe Chialo würdigte die Gastronomen als großartiges Beispiel und Vorbild für Verständigung, Zusammenhalt und Resilienz

 11.09.2024

»Licht«

Alle sind eingeladen

Zehn Tage lang präsentieren die Jüdischen Kulturtage Konzerte, Lesungen, Filme und Workshops. Ein Streifzug durch das Programm

von Christine Schmitt  11.09.2024

Israel

100-Jähriger macht Tandemsprung

Der Journalist Walter Bingham sagte vor seinem Sprung: »I should be seeing a country from the river to the sea«

von Christine Schmitt  11.09.2024

Umfrage

So haben Münchner Juden den Anschlag in ihrer Stadt erlebt

Nach dem Anschlag auf das israelische Generalkonsulat sind Jüdinnen und Juden alarmiert

von Philipp Peyman Engel und Christine Schmitt  11.09.2024

Wahlen

Wehrhaft und entschieden

Nach dem Erfolg der AfD in Sachsen und Thüringen fordert IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch, die Demokratie und jüdisches Leben noch stärker zu schützen

von Leo Grudenberg  10.09.2024