Seelsorge

Dienstbereit

Im Juni wurde Zsolt Balla als Militärbundesrabbiner in sein Amt eingeführt. Und schon Anfang Juli nahm das von Angelika Noa Günzel geleitete Militärrabbinat als Bundesoberbehörde des Verteidigungsministeriums in Berlin-Niederschöneweide seine Arbeit auf. Doch die eigentliche Aufbauarbeit steht dort noch bevor.

Im Bundeshaushalt sind für die jüdische Seelsorge bei der Bundeswehr insgesamt 47 Planstellen vorgesehen, 17 in der Berliner Zentrale und 30 in den fünf Außenstellen in Hamburg, Köln, Leipzig, München und Potsdam-Schwielowsee. Bislang sind in Berlin erst vier Stellen besetzt. In der Übergangsphase wird dort ein Teil der Arbeit von Mitarbeitern aus anderen Behörden der Bundeswehr übernommen.

AUSSCHREIBUNG In diesen Tagen werden Anzeigen geschaltet, um sechs weitere Positionen zu besetzen (siehe Links unten). Diese umfassen die Leitung der beiden Referate des Militärrabbinats sowie jeweils zwei Referentenstellen; die Ausschreibung der Stelle des Referenten von Rabbiner Balla soll etwas später erfolgen. Eine besondere Voraussetzung gibt es: Diese Stellen sind konfessionsgebunden, das heißt, die Bewerberinnen und Bewerber müssen jüdisch sein.

»Dafür ist natürlich ein guter Grund erforderlich«, erläutert Angelika Noa Günzel. »Wir brauchen Mitarbeiter, die mit den Regeln und Gebräuchen des Judentums sowie mit der jüdischen Gemeinschaft vertraut sind, die wissen, was in Bezug auf die jüdischen Feiertage oder koscheres Essen zu beachten ist, wenn man für einen Rabbiner eine Dienstreise organisiert. Sie sollten, wenn möglich, auch Hebräischkenntnisse besitzen und zum Beispiel wissen, dass man ein Papier, auf dem der Name des Herrn steht, nicht einfach in den Mülleimer werfen darf«, betont sie.

HILFE Zudem gehe es bei der Arbeit in der Verwaltung darum, jüdischen Soldaten in der Bundeswehr nicht nur durch gute Ratschläge, sondern auch durch praktische Hilfe zum Beispiel bei der Beschaffung koscheren Essens, von Ritualgegenständen oder durch die Einladung zur gemeinsamen Feier jüdischer Feiertage die Ausübung ihrer Religion zu ermöglichen. Dafür müsse man sich in den jüdischen Gesetzen gut auskennen, so Günzel.

Orthodox müssen die künftigen Mitarbeiter des Militärrabbinats aber freilich nicht sein, auch liberale Juden sind willkommen. Frauen sollen bei gleicher Qualifikation für den Job bei der Besetzung der Stellen bevorzugt werden.

Das Militärrabbinat will eng mit der Jüdischen Akademie zusammenarbeiten.

Die beiden Referate des Militärrabbinats werden direkt Balla und Günzel zuarbeiten. Gesucht werden neben der Leitung für das Referat Organisation, Innerer Dienst, Personal und Haushalt auch ein Referent für Presse- und Informationsarbeit sowie eine Person, die die Aus- und Fortbildungsaktivitäten der Dienststelle sowie die Auslandseinsätze der Militärrabbiner organisiert.

Im Referat Seelsorge sind zwei Referentenstellen zu besetzen, eine für theologische Grundsatzfragen in Zusammenhang mit dem Dienst jüdischer Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr und eine andere für halachische Dienste, die Gemeindearbeit und den Lebenskundlichen Unterricht (LKU) zur ethischen Bildung in der Bundeswehr. Im Rahmen der inhaltlichen Arbeit suche man insbesondere den Austausch mit dem Bund jüdischer Soldaten.

Auch mit der neu gegründeten Jüdischen Akademie des Zentralrats will das Militärrabbinat künftig eng zusammenarbeiten, in erster Linie, um didaktische Konzepte für den LKU zu entwickeln. Bei diesem handelt es sich um eine Art Ethikunterricht, der seit rund zehn Jahren innerhalb der Bundeswehr angeboten wird. Einmal im Monat sollen alle Soldatinnen und Soldaten daran teilnehmen, um etwas über die ethischen Grundlagen staatlichen Handelns zu lernen und sich als »Staatsbürger in Uniform« selbstbestimmt an Werten und Normen zu orientieren.

Bislang wird dieser Unterricht von christlichen Militärseelsorgern erteilt. Zukünftig ist aber vorgesehen, dass die neuen Militärrabbiner nicht nur für die religiösen Anliegen der rund 300 jüdischen Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr zuständig sind, sondern dass sie auch die Wertvorstellungen des Judentums vermitteln. Um sowohl die Seelsorge für jüdische und möglicherweise auch nichtjüdische Soldaten einerseits und den LKU andererseits zu gewährleisten, werden zusätzlich in den fünf Außenstellen des Militärrabbinats jeweils zwei Rabbiner rekrutiert. Von diesen soll wiederum jeder zwei Helfer bekommen.

KÖLN Einer werde dabei als Fahrer fungieren, denn, so Angelika Günzel: »Die Anfahrtswege sind oft sehr weit, und die Standorte der Bundeswehr sind meist nicht in Innenstadtnähe. So wird zum Beispiel ein Militärrabbiner in Köln auch für die Betreuung von Soldatinnen und Soldaten im Saarland zuständig sein.«

Schon in Kürze will Günzel übrigens die Namen der ersten beiden erfolgreichen Bewerber für die beiden Außenstellen des Militärrabbinats in Potsdam-Schwielowsee und in München bekannt geben.

»Wir wollen hier ja nicht nur verwalten, sondern auch gestalten.«

Angelika Noa Günzel, Militärrabbinat

Man werde auch von der Möglichkeit Gebrauch machen, dass die neuen Militärrabbiner ihre bisherige Tätigkeit in den Gemeinden zum Teil weiter ausüben können, betont die Leiterin der neuen Bundesbehörde. Ziel sei es aber, möglichst schnell alle zehn verfügbaren Stellen zu besetzen, um den Anspruch, flächendeckend Präsenz zu zeigen, einlösen zu können.

Darüber hinaus will Günzel das neue Amt als einen Ort für religiöses Lernen etablieren. Der Aufbau einer entsprechenden Bibliothek habe bereits begonnen, und der Kontakt zu interessierten jüdischen Soldaten sei bereits aufgenommen worden. Langfristig will das Militärrabbinat auch einen eigenen Feldsiddur herausgeben und sich in weiteren Schriften mit Fragen der Einhaltung der Halacha unter den Bedingungen des Dienstes in der Bundeswehr beschäftigen.

CHANUKKA Für jüdische Soldaten soll das bisherige religiöse Angebot, das Einladungen zu den Hohen Feiertagen und insbesondere zu Sukkot umfasst hat, erweitert werden. Derzeit bereitet man im Militärrabbinat eine Chanukkafeier vor. Geplant sind auch Schabbatonim, also religiöse Freizeiten.

Einige der Veranstaltungen sollen auch für nichtjüdische Teilnehmer offen sein. Jüdisches Leben soll, wenn es nach den Plänen in Berlin geht, in der Bundeswehr fest verankert und selbstverständlicher Bestandteil des großen Ganzen werden. »Wir wollen hier ja nicht nur verwalten, sondern auch gestalten«, betont Günzel.

Auch der Austausch mit jüdischen Seelsorgern in anderen Armeen wird bereits gepflegt. Er soll nun weiter intensiviert werden. So traf Militärbundesrabbiner Zsolt Balla in der vergangenen Woche mit seinem Amtskollegen bei den israelischen Streitkräften zusammen. Kontakte zu in Deutschland stationierten amerikanischen Militärrabbinern sind ebenfalls bereits geknüpft.

Als wäre das alles noch nicht genug, steht der neuen Behörde der Bundeswehr auch noch ein Umzug bevor: Im Frühjahr kommenden Jahres will man von Niederschöneweide nach Berlin-Mitte ziehen, um auch räumlich näher am Zentralrat der Juden zu sein. Diese Anbindung sei sehr wichtig für eine effektive Arbeit des Militärrabbinats, unterstreicht Angelika Noa Günzel.

Weitere Infos zu den offenen Stellen finden Sie hier:

31566199 _ Referatsleiter Referat I _ A16

31566292 _ Referent Referat I.1 _ A15

31566293 _ Referent Referat I.2 _ A13-14

31566341 _ Referatsleiter Referat II _ A15

31566342 _ Referent Referat II .1 _ A13-14

31566343 _ Referent Referat II.2 _ A13-14

Dialog

Digital mitdenken

Schalom Aleikum widmete sich unter dem Motto »Elefant im Raum« einem wichtigen Thema

von Stefan Laurin  28.03.2024

Jugendzentren

Gemeinsam stark

Der Gastgeber Hannover ist hoch motiviert – auch Kinder aus kleineren Gemeinden reisen zur Jewrovision

von Christine Schmitt  28.03.2024

Jewrovision

»Seid ihr selbst auf der Bühne«

Jurymitglied Mateo Jasik über Vorbereitung, gelungene Auftritte und vor allem: Spaß

von Christine Schmitt  28.03.2024

Literaturhandlung

Ein Kapitel geht zu Ende

Vor 33 Jahren wurde die Literaturhandlung Berlin gegründet, um jüdisches Leben abzubilden – nun schließt sie

von Christine Schmitt  28.03.2024

Antonia Yamin

»Die eigene Meinung bilden«

Die Reporterin wird Leiterin von Taglit Germany und will mehr jungen Juden Reisen nach Israel ermöglichen. Ein Gespräch

von Mascha Malburg  28.03.2024

Hannover

Tipps von Jewrovision-Juror Mike Singer

Der 24-jährige Rapper und Sänger wurde selbst in einer Castingshow für Kinder bekannt.

 26.03.2024

Party

Wenn Dinos Hamantaschen essen

Die Jüdische Gemeinde Chabad Lubawitsch lud Geflüchtete und Familien zur großen Purimfeier in ein Hotel am Potsdamer Platz

von Katrin Richter  25.03.2024

Antisemitismus

»Limitiertes Verständnis«

Friederike Lorenz-Sinai und Marina Chernivsky über ihre Arbeit mit deutschen Hochschulen

von Martin Brandt  24.03.2024

Porträt der Woche

Die Kreative

Mona Yahia stammt aus dem Irak, spricht viele Sprachen, ist Künstlerin und Autorin

von Christine Schmitt  24.03.2024