Berlin

Die Tora ist zurück

Vergangenen Freitag in der Tucholskystraße: Die Gemeinde bringt die Torarolle ein. Foto: Rolf Walter/xpress.berlin

Die weiteste Anreise hatte Rabbi Jay Henry Moses, der aus Columbus im US-Bundesstaat Ohio kam. Und das größte Gepäckstück, das er dabei hatte, war die Torarolle, die am Freitagnachmittag mit einem Festzug in die Synagoge Oranienburger Straße eingebracht wurde. Das Besondere an der Tora: Sie stammt aus Berlin.

Beterin Tanja hält zwei gerahmte Fotos in ihren Händen, darauf ist Rabbiner Martin Riesenburger (1896–1965) zu sehen, der die Rolle vor den Nazis rettete, und auf dem unteren der junge Rabbiner Herbert Friedmann, der sie 1946 mit in die USA nahm. Damals dachte man, dass es wahrscheinlich kein jüdisches Leben mehr in Deutschland geben und sie hier nicht gebraucht werden würde.

Rabbiner Martin Riesenburger war 1943 in Weißensee auf dem Friedhof der Jüdischen Gemeinde zu Berlin tätig. In seiner Position konnte er während der NS-Zeit Flüchtlingen helfen, heimlich Gottesdienste abhalten, für ein angemessenes Begräbnis verstorbener Juden sorgen sowie bei der Rettung von 5000 Torarollen und Gebetbüchern mitwirken. Da seine Frau nicht jüdisch war, war Riesenburger halbwegs geschützt. Nun hatte Rabbi Jav Henry Moses den Wunsch, diese Rolle wieder zurückzubringen. Sehr zur Freude von Gemeinderabbinerin Gesa Ederberg.

An diesem Nachmittag stehen etwa 50 Beter und Interessierte unter dem Torhaus in der Auguststraße. Doch bevor die Tora feierlich mit Gesang und Tanz durch die Straßen getragen wird, müssen erst noch ein paar Unterschriften erfolgen. Masorti bekommt die Rolle geschenkt und stellt sie der Synagoge Oranienburger Straße als Leihgabe zur Verfügung. Dann endlich sind alle Unterschriften getätigt. »Es ist ein wunderbares Ereignis, und gerade in diesen Tagen tut uns allen die Freude gut«, meint Ederberg. »Wer die Chuppa mittragen möchte, möge sich melden«, ergänzt sie. Beterinnen und Beter sollen sich abwechseln.

Zuerst wird für die von der Hamas verschleppten Geiseln gebetet, dann steht die Torarolle im Mittelpunkt.

Doch zuerst wird für die von der Hamas nach Gaza verschleppten Geiseln gebetet. Die Namen der erst wenige Tage zuvor ermordeten Geiseln, Hersh, Eden, Carmel, Almog, Alex und Ori, werden genannt.

Dann steht die Rolle im Mittelpunkt. Unter der Chuppa wird sie auf die Auguststraße getragen, Rebecca, Jonathan und Michael spielen Gitarre und Geige. Fast alle singen. Auf der Straße verfolgen Passanten den Festzug, die meisten mit einem Lächeln im Gesicht. Tanzend und voller Freude geht es weiter in die Tucholskystraße. Plötzlich ruft eine Frau aus einem höher gelegenen Fenster »Free Palestine«. Ein Beter entgegnet ihr, dass das hier keine politische Veranstaltung sei. Drei Häuser weiter pfeift ein Mann. »Am Israel Chai«, ruft er freudestrahlend und hält eine israelische Flagge hoch. Die Beter winken ihm zu. Es geht weiter in die Oranienburger Straße, die von der Polizei abgesperrt worden ist. Auch hier stehen interessierte Passanten an der Straße. Nur ein Rettungswagen fährt mit Blaulicht durch.

Am Synagogeneingang verharren erst einmal alle. Anschließend geht es singend die Treppen hinauf bis ganz nach oben. Die heitere Stimmung und Freude über die Torarolle ist auch beim Gottesdienst zu spüren. Später teilt Rabbi Moses mit: »Ich bin mir sicher, dass die Schriftrollen bei Ihnen, Masorti Deutschland, und der Synagoge am richtigen Ort sind.«

Chabad-Konferenz für Jugendliche

»Wir schämen uns nicht«: 500 junge Juden am Brandenburger Tor

Stolz zeigen sich die Teilnehmer des Europäischen Jüdischen Jugendkongresses im Herzen Berlins

von Imanuel Marcus  13.12.2024

Berlin

Chanukka-Basar in der Synagoge Pestalozzistraße: Kuchen, koscherer Glühwein und ein Bühnenprogramm

Am Sonntag findet der Basar im Innenhof der Synagoge statt. Es gibt ein vielfältiges Bühnenprogramm. Auch die »The Swinging Hermlins« werden auftreten

von Christine Schmitt  13.12.2024

Hamburg

»Our Turn«: Zentralrat und ZWST veranstalten Jugendkongress 2025

Den Teilnehmern sollen »Methoden, Chancen und Vorbilder« gezeigt werden, mit denen sie sich selbst verwirklichen können sollen

von Imanuel Marcus  11.12.2024

Magdeburg

Sachsen-Anhalt setzt Förderung jüdischer Einrichtungen fort

Die Projektauswahl wird vom Beirat für jüdisches Leben begleitet

 11.12.2024

Interview

»Damit ihr Schicksal nicht vergessen wird«

Die Schauspielerin Uschi Glas setzt sich für die Befreiung der israelischen Geiseln ein. Ein Gespräch über Menschlichkeit, Solidarität und Gegenwind

von Louis Lewitan  11.12.2024

Stuttgart

Opfer eines Schauprozesses

Nach fast drei Jahrzehnten Stillstand wurde nun ein Platz eingeweiht, der Joseph Süß Oppenheimer gewidmet ist

von Brigitte Jähnigen  10.12.2024

Esslingen

Antike Graffiti

Der Künstler Tuvia ben Avraham beschreibt das Judentum anhand uralter Buchstaben – und jeder darf mitmachen

von Valentin Schmid  09.12.2024

Berlin

Campus mit Kita und Café

Noch bis zum 10. Dezember können Architekten ihre Entwürfe für den Neubau an der Synagoge Fraenkelufer einreichen

von Christine Schmitt  09.12.2024

München

Mit Erfahrung zum Erfolg

Die Spieler des Schachklubs der IKG gehören zu den stärksten in Bayern – allen voran Leonid Volshanik

von Vivian Rosen  09.12.2024