Rede

»Die Geschichte verpflichtet uns«

65 Jahre ist es her, dass der Schrecken an diesem Ort – dem Konzentrationslager Dachau – ein Ende fand. Nach wie vor quälen uns die Fragen nach dem »Warum?«. Warum haben damals so viele weggeschaut, als jüdische Menschen ausgegrenzt, verfolgt und ermordet wurden? Warum galten plötzlich Werte wie Menschlichkeit und Nächstenliebe nichts mehr? Und warum entwickelten sich aus den anfänglichen Mitläufern und Opportunisten skrupellose und bestialische Mörder?

Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt, die aber vor allem eines deutlich machen, nämlich wozu Menschen in einer Diktatur fähig sein können. Albert Einstein sagte einmal: »Die Welt ist nicht bedroht von den Menschen, die böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen.« Es sind zweierlei Dinge, die wir heute würdigen: Nämlich die Opfer einer Gewaltherrschaft, die beispiellos ist in der Geschichte dieser Welt. Aber wir würdigen auch das Ende dieser Despotie.

Garant Das Schicksal der Überlebenden von Dachau führt den Nachgeborenen die Zerbrechlichkeit von Freiheit vor Augen. Allein die Freiheit ist der Garant für die Stabilität der Demokratie und die Wahrung der Menschenrechte. Sie muss deshalb von jedem von uns immer wieder aufs Neue verteidigt werden. Schließlich gesteht sie ja selbst jenen Meinungsfreiheit zu, die sie schamlos ausbeuten. Die sie instrumentalisieren auf dem Weg dahin, eben diese Meinungsfreiheit wieder abzuschaffen. So wie die Neonazis. Neonazis meinen, was sie sagen. Sie wollen einen Unrechtsstaat.

Warum sind wir bereit, unsere Demokratie ad absurdum führen zu lassen, indem wir jene finanzieren, die sie zerstören wollen? Haben die Menschen nicht irgendwann den Eindruck, dass das, was legal ist, auch legitim ist? Das Verbot der »Partei« NPD ist unerlässlich. Das sind wir den Opfern des Nationalsozialismus und den Überlebenden der Lager schuldig.

Braune Banden Es ist unerlässlich, die Erinnerung an die Vergangenheit wach zu halten. Denn sie hat uns ein sehr präzises Vermächtnis hinterlassen. Es lautet: Nicht noch einmal! Nie wieder! Die Geschichte verpflichtet uns, laut »Nein« zu sagen, wenn heute wieder unserer Gräber geschändet werden. Den braunen Banden die Stirn zu bieten, wenn sie es wagen, durch unsere Städte zu ziehen. Sich zu wehren, wenn im Iran unverhohlen die Schoa geleugnet, Israel als Krebsgeschwür bezeichnet und von der Landkarte getilgt werden soll, und gleichzeitig auch atomar gegen Israel und die freie Welt aufgerüstet wird.

Und nie vergessen, wozu unsere Tora uns verpflichtet – und diese Verpflichtung hat auch das Christentum übernommen: Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst! Selbst wenn jene, die selbst und authentisch Zeugnis ablegen können von den Gräueltaten der Nazis, nicht mehr sind, werden unsere Nachkommen hierher nach Dachau kommen, um die Erinnerung aufrechtzuerhalten.

Wir hoffen, dass die Jungen verstehen, dass es dabei nicht um Schuld geht. Die junge Generation hat keine Schuld an den Verbrechen der Vergangenheit. Aber sie trägt Verantwortung für diese Gesellschaft und die Zukunft, was ihr erst durch die Geschichte bewusst wird.

Freiheit, Demokratie, Menschenwürde, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, die Gleichheit vor dem Gesetz und die Glaubens-, Gewissens- und Meinungsfreiheit sind keine Selbstverständlichkeiten, sondern wertvolle Güter, die es jeden Tag aufs Neue zu erarbeiten, zu verdienen und zu verteidigen gilt.

Reisen

Die schönste Zeit

Rom, Balkonien, Tel Aviv: Hier erzählen Gemeindemitglieder, an welche Urlaube sie sich besonders gern erinnern

von Christine Schmitt, Katrin Richter  13.07.2025

Solidarität

»Israel kann auf uns zählen«

Wie die Israelitische Kultusgemeinde mit Spenden den Menschen vor Ort konkret helfen will

von Vivian Rosen  13.07.2025

Thüringen

Voigt für deutsch-israelisches Jugendwerk in Weimar

Er führe dazu Gespräche mit israelischen Partnern, die bereits Interesse an einer Ansiedlung in Thüringen signalisiert hätten

 11.07.2025

Frankfurt am Main

Rabbinerin: Zentralrat hat Öffnung des Judentums begleitet

Elisa Klapheck spricht in Zusammenhang mit der jüdischen Dachorganisation von einer »Stimme, die auf höchster politischer Ebene ernst genommen wird«

 11.07.2025

Maccabiah

Zusammen sportlich

Trotz der Verschiebung der Spiele auf 2026 überwog auf dem Pre-Camp in Berlin Optimismus

von Frank Toebs  10.07.2025

Street Food Festival

Sich einmal um die Welt essen

Tausende besuchten das Fest im Hof der Synagoge Oranienburger Straße in Berlin

von Helmut Kuhn  10.07.2025

Berlin

»Berlin verneigt sich«

Zwei Monate nach ihrem Tod wird die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer in Berlin gewürdigt. Der Bundespräsident mahnt vor Politikern und Weggefährten, das Erbe der Jahrhundertfrau weiterzutragen

von Alexander Riedel  09.07.2025 Aktualisiert

Engagement

Verantwortung übernehmen

Erstmals wurde der Fritz-Neuland-Gedächtnispreis verliehen. Die Auszeichnung erhielten der Jurist Andreas Franck und die AG PRIOX der bayerischen Polizei

von Luis Gruhler  09.07.2025

Deutsch-Israelischer Freiwilligendienst

»Wir müssen gewachsene Strukturen erhalten«

ZWST-Projektleiter Erik Erenbourg über ein besonderes Jubiläum, fehlende Freiwillige aus Deutschland und einen neuen Jahrgang

von Christine Schmitt  09.07.2025