Magazin

Die Fahrt geht weiter

Anmerkung der Redaktion (2. August 2023):

Als dieser Text von Fabian Wolff in der Jüdischen Allgemeinen erschien, glaubte die Redaktion Wolffs Auskunft, er sei Jude. Inzwischen hat sich Wolffs Behauptung als unwahr herausgestellt.

»Der Rabbi auf Rädern« wäre kein schlechter Spitzname für Walter Rothschild. Als Landesrabbiner von Schleswig-Holstein und Rabbiner der Wiener Gemeinde OrChadasch muss er viel mit der Bahn fahren. Gut, dass Züge seine Passion sind. Seit 24 Jahren gibt Rothschild die Quartalsschrift »HaRakevet« über Eisenbahnen des Nahen Ostens heraus. Jetzt erscheint Ausgabe 100.

Die Leidenschaft für Eisenbahnen liegt bei Rothschild in der Familie. Als kleiner Junge in Nordengland hat er Züge beobachtet, sein Vater hatte eine große Sammlung von Modelleisenbahnen, die er bis zu seinem Tod ausbaute. Rothschild respektiert dieses Hobby, hat aber selbst daran nicht sehr viel Interesse: »Wenn man sagt, dass man attraktive Frauen mag, denken die Leute doch auch nicht gleich an eine Sammlung Puppen oder eine Pornografie-Bibliothek«.

Bahnhof Deswegen kann man in HaRakevet nur über Züge in Originalgröße lesen. Themen der Jubiläumsausgabe sind Fahrplanänderungen in Tel Aviv und die große Chabad-Chanukkia am Bahnhof von Jerusalem. Ein langer Artikel klärt über die Bedeutung des Bahnhofs Samakh für die Entwicklung der Eisenbahn in der Region und der Geschichte Israels auf.

Diese historischen Exkurse sind ein wichtiger Bestandteil von HaRakevet. Rothschild ist sich bewusst, dass die Wörter »Juden« und »Züge« bei den meisten Menschen zusammen kein gutes Bild ergeben. Er ist aktiv in der Erforschung des Einsatzes von Eisenbahnen während der Schoa und hat an Büchern zu diesem Thema mitgearbeitet. »Aber die Nazis haben auch Menschen in Bussen vergast und mit Flugzeugen bombardiert. Wo ziehen wir die Grenze? Züge wurden auch benutzt, um Menschen zu retten.«

Digital Die ersten Ausgaben der Zeitschrift entstanden in Eigenproduktion in seinem damaligen Büro in der Sinai-Synagoge in Leeds. Die Illustrationen zeichnete er damals selbst und verschickte Kopien an eine Handvoll Interessierter. Inzwischen entsteht das Heft digital und wird an eine treue Leserschaft in der ganzen Welt versandt.

Die Freude an den vielen Zugfahrten, die er beruflich unternehmen muss – er betreut zusätzlich noch Gemeinden in Köln und Freiburg – hat Rothschild noch nicht verlassen. Wenn manche Strecke zu langweilig ist, arbeitet er zum Zeitvertrieb an einer Parodie von Schubert-Kompositionen. Erste Ausschnitte aus seinem Liederzyklus »Die Winterbahnreise« präsentiert er bei Auftritten mit seiner Band »The Minyan Boys«.

Zu den Strecken, die er gerne noch selbst befahren möchte, gehört die Transpersische Eisenbahn im Iran – als Jude mit einem israelischen Stempel im britischen Pass leider nicht möglich. Stattdessen arbeitet er weiter an HaRakevet. Gerade ist er mit der Neugestaltung von der Website beschäftigt, auf der auch bald das gesamte Archiv verfügbar sein soll. Irgendwann wird er vielleicht die Verantwortung abgeben, aber danach sieht es im Moment nicht aus.

www.harakevet.com

Chemnitz

Marx und Mikwe

Die Jüdische Gemeinde präsentiert sich im Kulturhauptstadtjahr zwischen Baustelle, Geschichte und Begegnung. Ein Ortsbesuch

von Anett Böttger  02.07.2025

Meinung

Nicht ohne meine Klimaanlage!

Warum sich Deutschland im Sommer an Israel ein Beispiel nehmen sollte

von David Harnasch  02.07.2025 Aktualisiert

Interview

Das hilft wirklich gegen zu viel Hitze und Sonne

Yael Adler über die Frage, wie wir uns am besten schützen können und was wir im Sommer von den Israelis lernen können

von Philipp Peyman Engel  02.07.2025 Aktualisiert

Bayern

Als Rassist und Antisemit im Polizeidienst? Möglich ist es …

Der Verwaltungsgerichtshof München hat geurteilt, dass Beamte sich im privaten Rahmen verfassungsfeindlich äußern dürfen, ohne deswegen mit Konsequenzen rechnen zu müssen

von Michael Thaidigsmann  01.07.2025

München

Gedenken in schwerer Zeit

Die Stadt erinnerte an jüdische Opfer des NS-Regimes. Die Angehörigen aus Israel konnten wegen des Krieges nicht anreisen

von Luis Gruhler  01.07.2025

Lesen

Über eine Liebe nach dem Holocaust

Die österreichische Schriftstellerin Melissa Müller stellte im Münchener Literaturhaus ihr neues Buch vor

von Helen Richter  01.07.2025

Auszeichnung

Strack-Zimmermann erhält Janusz-Korczak-Preis für Menschlichkeit

Die FDP-Politikerin wird für ihre klaren Worte und ihr entschlossenes Handeln angesichts globaler Krisen geehrt

 29.06.2025

Erfurt

Ende eines Krimis

Seine Entdeckung gilt als archäologisches Wunder: Mehr als 25 Jahre nach dem Fund des Erfurter Schatzes sind vier weitere Stücke aufgetaucht

von Esther Goldberg  29.06.2025

Porträt der Woche

Heilsame Klänge

Nelly Golzmann hilft als Musiktherapeutin an Demenz erkrankten Menschen

von Alicia Rust  29.06.2025