Mahnung

»Den Worten müssen Taten folgen«

IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch Foto: Marina Maisel

Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern sowie Beauftragte für Holocaust-Gedenken des Jüdischen Weltkongresses, hat am Montag in Oswiecim an der offiziellen Gedenkfeier zum 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau teilgenommen.

Gemeinsam mit rund 200 Schoa-Überlebenden, offiziellen Delegationen aus mehr als 50 Ländern sowie hochrangigen Vertretern internationaler Organisationen gedachte sie der sechs Millionen von den Nazis ermordeten Juden. Aus Deutschland war Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier angereist, auch Israels Präsident Reuven Rivlin nahm an der zentralen Veranstaltung in Polen teil.

europa Unter dem Eindruck der Feierlichkeiten und angesichts des wiederaufflammenden Judenhasses in Europa und besonders auch in Deutschland äußerte sich Knobloch, die den Holocaust als Kind im Versteck überlebt hat, besorgt: »Fast ein ganzes Menschenleben nach der Befreiung von Auschwitz bedroht das Vergessen uns heute wie nie zuvor. Die Erinnerung an die NS-Zeit verblasst immer mehr, Orte wie Auschwitz werden zu schrecklichen Fußnoten der Geschichte«, beschrieb sie die aktuelle Situation. Dies sei ein beunruhigender Trend.

Primo Levis Aussage, wonach diejenigen, die Auschwitz abstreiten, es am liebsten wiederholen würden, trifft nach Wahrnehmung Knoblochs noch immer zu. Der Schutz jüdischen Lebens bleibe untrennbar mit dem Gedenken an den Holocaust verbunden, sagte die IKG-Präsidentin. Es sei ein Alarmzeichen für das gesamte demokratische Gemeinwesen, wenn eine Kippa, ein Davidsternanhänger oder ein Buch mit hebräischem Titel in der Öffentlichkeit für jüdische Menschen ein Sicherheitsrisiko darstelle.

gemeinschaft »Vorurteile, Ausgrenzung, Beleidigung und Hass im Alltag wie im Internet legen sich längst wie ein Schleier über das Leben vieler Mitglieder jüdischer Gemeinden. Das ist auf Dauer nicht haltbar, wenn die jüdische Gemeinschaft in unserem Land weiter bestehen soll«, sagte die IKG-Präsidentin.

Die Zeit nach 1933 habe deutlich gemacht, wie schnell eine Republik in die »furchtbarste Diktatur der Menschheitsgeschichte« abgleiten kann. Die Demokratien, die nach 1945 auf dem Grundsatz des »Nie wieder« errichtet wurden, stünden heute vor der Bewährungsprobe, die gesellschaftliche und politische Verrohung zu stoppen. »Den großen Worten rund um die Gedenktage müssen Taten folgen«, sagte Knobloch. »Judenhass, ganz gleich, ob im Parlament oder auf der Straße, darf nicht zum Normalzustand werden.«

Gedenken

Neues Denkmal für jüdische Häftlinge in Gedenkstätte Ravensbrück

Etwa 20.000 Jüdinnen und Juden sind im ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück in Brandenburg inhaftiert gewesen. Die heutige Gedenkstätte hat nun ein neues Denkmal enthüllt - im Beisein von Überlebenden

von Daniel Zander  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 06.11.2025 Aktualisiert

Reaktionen

Zohran Mamdanis Sieg spaltet die jüdische Gemeinschaft

Während ein Drittel der New Yorker Juden den neuen Bürgermeister gewählt hat, haben andere Angst, dass dessen Antizionismus ihre Sicherheit gefährdet

 06.11.2025

Hamburg

Viel mehr als Klezmer

In der Hansestadt haben die zweiten Jüdischen Kulturtage begonnen. Bis Mitte Dezember erwartet die Besucher ein breit gefächertes Programm – inklusive einer jiddisch-hebräischen Oper

von Heike Linde-Lembke  06.11.2025

Düsseldorf

»Eine Stimme, wo andere schwiegen«

Die Gemeinde zeichnet Wolfgang Rolshoven mit der Josef-Neuberger-Medaille aus

von Stefan Laurin  06.11.2025

Berlin

Andacht für Margot Friedländer: »Du lebst weiter«

Sie war Holocaustüberlebende, Berliner Ehrenbürgerin und eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Gestern wäre Margot Friedländer 104 Jahre alt geworden. An ihrem Grab erinnern Freunde und Bekannte an sie

von Andreas Heimann  06.11.2025

Laudatio

»Wie hält man so etwas aus?«

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hielt die Laudatio auf Karoline Preisler anlässlich der Verleihung des Paul-Spiegel-Preises in Berlin. Eine Dokumentation

von Julia Klöckner  05.11.2025

Potsdam

Abraham-Geiger-Kolleg ordiniert zwei Rabbinerinnen

In Deutschlands größter Synagoge Rykestraße in Berlin-Prenzlauer Berg werden an diesem Donnerstag zwei Rabbinerinnen ordiniert. Zu der Feier wird auch Polit-Prominenz erwartet

 05.11.2025

Berlin

Davidstern-Gemälde an East Side Gallery beschmiert

Der Tatverdächtige konnte gefasst werden. Bei der Begehung seines Wohnhauses fand die Polizei mehrere Hakenkreuze

 05.11.2025