Interview

»Das ist gelebter Dialog«

Peter Feldmann Foto: dpa

Herr Feldmann, Sie fliegen an diesem Donnerstag nach Tel Aviv. Anlass ist der Besuch eines von Ihnen gegründeten interreligiösen Jugendaustauschprojekts. Wie ist dies entstanden?
Die Idee ist, dass sich Frankfurter Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund sowie Jugendliche aus Tel Aviv und dem türkischen Eskisehir gegenseitig kennenlernen. Den Stein ins Rollen gebracht hatte eine Reise von mir vor zwei Jahren in unsere jüngste Partnerstadt. Das ist eine sehr moderne und aufgeschlossene Stadt mitten in Anatolien, in der ich viele weltoffene Menschen erlebt habe. Dort entstand dieser neue Jugendaustausch, bei dem Nähe hergestellt und Vorurteile abgebaut werden können.

Wie haben die muslimischen Frankfurter das Projekt angenommen?
Ob Christen, Muslime oder Juden – die Reaktionen waren überwiegend sehr positiv. Im April dieses Jahres haben wir uns zum ersten Mal in Frankfurt getroffen. Wenn ich davon bei der Deutsch-Israelischen Gesellschaft oder dem jährlichen Israel-Tag erzähle, hören alle besonders aufmerksam zu. Und wenn ich von dem Projekt bei türkischen Verbänden berichte, sind die Reaktionen zwar nicht euphorisch, aber doch wohlwollend. Ein jüdischer Großinvestor hat den Jugendlichen zum Beispiel die Unterbringung bezahlt, Turkish Airlines die Flüge nach Tel Aviv. Das ist gelebter Dialog!

In jüngster Zeit wurde dieser Dialog durch antisemitische Äußerungen infolge des Gaza-Kriegs jedoch arg strapaziert.

Unser Projekt trägt genau zum Gegenteil bei – hier lernen junge Leute gerade, solche Pauschalurteile abzulehnen. Es ist ja nicht so, dass es Konflikte zwischen der gesamten muslimischen und jüdischen Community gab. Aber es stimmt: Es war eine sehr aufgeheizte Stimmung. Deshalb habe ich zu dem Zeitpunkt unmissverständlich klargemacht, dass Frankfurt nicht Gaza ist. Da wurden teilweise ganz klar Grenzen auf allen Seiten überschritten.

Ist Ihnen das Treffen in Israel besonders wichtig?
Es ist explizit ein trinationaler Jugendaustausch. Ich unterstütze das Projekt primär als ein Politiker, der fest daran glaubt, dass Austausch, Dialog und Kontakte der beste Weg sind, um Vorurteile abzubauen. Aber Israel ist immer eine Reise wert. Nach meinem Abitur habe ich sogar ein Jahr dort in einem Kibbuz gelebt und eine Gärtnerausbildung absolviert.

Sowohl Frankfurt als auch Tel Aviv sind Banken- und Börsenzentren. Gibt es abgesehen davon weitere Parallelen?

Viele! Tel Aviv ist wie meine Heimatstadt stark geprägt von Wissenschaft und einer vitalen Technologieszene. In beiden Städten gibt es eine sehr ausgeprägte Toleranz – leben und leben lassen. Nur in einem kann Frankfurt nicht mit Tel Aviv mithalten: das Meer. In Frankfurt müssen wir uns mit dem Main begnügen.

Mit dem Oberbürgermeister von Frankfurt sprach Philipp Peyman Engel.

Chemnitz

Marx und Mikwe

Die Jüdische Gemeinde präsentiert sich im Kulturhauptstadtjahr zwischen Baustelle, Geschichte und Begegnung. Ein Ortsbesuch

von Anett Böttger  02.07.2025

Meinung

Nicht ohne meine Klimaanlage!

Warum sich Deutschland im Sommer an Israel ein Beispiel nehmen sollte

von David Harnasch  02.07.2025 Aktualisiert

Interview

Das hilft wirklich gegen zu viel Hitze und Sonne

Yael Adler über die Frage, wie wir uns am besten schützen können und was wir im Sommer von den Israelis lernen können

von Philipp Peyman Engel  02.07.2025 Aktualisiert

Bayern

Als Rassist und Antisemit im Polizeidienst? Möglich ist es …

Der Verwaltungsgerichtshof München hat geurteilt, dass Beamte sich im privaten Rahmen verfassungsfeindlich äußern dürfen, ohne deswegen mit Konsequenzen rechnen zu müssen

von Michael Thaidigsmann  01.07.2025

München

Gedenken in schwerer Zeit

Die Stadt erinnerte an jüdische Opfer des NS-Regimes. Die Angehörigen aus Israel konnten wegen des Krieges nicht anreisen

von Luis Gruhler  01.07.2025

Lesen

Über eine Liebe nach dem Holocaust

Die österreichische Schriftstellerin Melissa Müller stellte im Münchener Literaturhaus ihr neues Buch vor

von Helen Richter  01.07.2025

Auszeichnung

Strack-Zimmermann erhält Janusz-Korczak-Preis für Menschlichkeit

Die FDP-Politikerin wird für ihre klaren Worte und ihr entschlossenes Handeln angesichts globaler Krisen geehrt

 29.06.2025

Erfurt

Ende eines Krimis

Seine Entdeckung gilt als archäologisches Wunder: Mehr als 25 Jahre nach dem Fund des Erfurter Schatzes sind vier weitere Stücke aufgetaucht

von Esther Goldberg  29.06.2025

Porträt der Woche

Heilsame Klänge

Nelly Golzmann hilft als Musiktherapeutin an Demenz erkrankten Menschen

von Alicia Rust  29.06.2025