Verhandlungssache

»Das ist ein wirksamer Vertrag«

Herr Rabbiner, die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) weist auf die Möglichkeit hin, vor Pessach sein Chamez zu verkaufen. Wer sollte das warum tun?
Der Chamez-Verkauf ist eine halachische Notlösung für den Fall, dass jemand noch vor Pessach eine größere Menge Gesäuertes besitzt, das wegen seines finanziellen Wertes nicht weggeschafft werden kann. Das ist keine Ideallösung, aber eine Möglichkeit, die uns die Halacha bietet.

Wie funktioniert der Verkauf?
Ein Rabbiner wird schriftlich beauftragt, sich um den Verkauf zu kümmern. Er sammelt die Aufträge der Gemeindemitglieder und verkauft dann in deren Namen das Chamez an einen Nichtjuden. Der Hintergrund ist ganz einfach: Ich kann keine Sünde mit Chamez begehen, das mir nicht gehört. Nach dem Verkauf ist das Gesäuerte – obwohl es sich noch in unserem Bereich, also der Wohnung oder dem Geschäft, befindet – im finanziellen Besitz des Nichtjuden. Es wird ein rechtswirksamer Vertrag gemacht, der halachisch geltend ist. Die talmudische Quelle dafür ist eine Mischna, die uns lehrt, dass nichtjüdischer Chamez im Hause eines jüdischen Menschen für den Juden kein Verbot darstellt. Ebenso muss man wissen, dass im Gegensatz zu allen anderen Speisegesetzen uns die Tora zu Pessach eben nicht nur das Essen, sondern auch den Besitz von Gesäuertem verbietet.

Was geschieht, wenn zum Beispiel ein jüdischer Bäcker seinen Laden symbolisch verkauft, und der Nichtjude ihn nach Pessach nicht zurückgeben will?
Der Chamez-Verkauf sieht vor, dass jegliches Gesäuertes, das von dem Nichtjuden nicht aufgebraucht wird, an den jüdischen Verkäufer zurückgeht. Und da herrscht kein Widerspruch zwischen Halacha und Zivilrecht. Aber grundsätzlich gilt: Der Nichtjude muss Zugang zum Chamez haben. Wenn dies verwehrt wird, er also auf das Chamez nicht zugreifen kann, dann hat sich der Verkauf als Scheinverkauf herausgestellt, ist somit rückwirkend nicht gültig. Das darf nicht sein.

Die Minderheit der Juden in Deutschland lebt orthodox. Wie viele halten sich dennoch an diese Tradition?
Die Tendenz ist steigend. Aus meiner Erfahrung in der Gemeinde Wuppertal sind es Jahr für Jahr mehr Menschen, die mich beauftragen, ihr Chamez zu verkaufen. Viele – auch wenn sie nicht orthodox leben – werden zu Pessach kein Chamez essen. Also sollten sie auch keines besitzen.

Was kann man jetzt noch tun?
Man sollte sich so schnell wie möglich an einen Rabbiner wenden, und ihn noch vor Pessach schriftlich mit dem Verkauf beauftragen. Es besteht auch die Möglichkeit, sich bis zum 29. März an die ORD zu wenden. Im Internet (www.ordonline.de) gibt es ein entsprechendes Formular.

Ist das auch eine Möglichkeit für die Hausfrauen, die schon seit Wochen die letzten Krümel aus den Küchenschränken und Sofaritzen entfernen? Einfach das Toastbrot und die Nudeln verkaufen, schon kann Pessach kommen.
Nein. Leider nicht. Es geht nur um die Mengen, die wir separat verkaufen. Die sollten nach dem Verkauf auch gesondert aufbewahrt werden. Die kleinen Reste und Krümel müssen wir entfernen. Dafür gibt es das Bedikat Chamez, bei dem wir uns am Abend vor Pessach davon überzeugen, dass alles aus der Wohnung verschwunden ist.

Mit dem Wuppertaler Gemeinderabbiner sprach Detlef David Kauschke.

Frankfurt am Main

Jüdische Gemeinde sagt »Resonanzräume«-Festival ab

Grund ist die »die aktuelle Eskalation der Situation zwischen Israel und dem Iran«, so die Kulturabteilung

 17.06.2025

Lesung

Ein zeitgenössisches Märchen

Der niederländische Schriftsteller Leon de Winter stellte im Literaturhaus seinen neuen Roman »Stadt der Hunde« vor

von Luis Gruhler  16.06.2025

Urteil

Sicherungsverwahrung nach Brandanschlag auf Oldenburger Synagoge

Der Mann hatte die Tat eingeräumt und von »Stimmen« berichtet, die ihn zu dem Brandanschlag aufgefordert hatten

von Jörg Nielsen  16.06.2025

Thüringen

Gebete im »Salon Goethe«

Rund 130 Menschen kamen zum Schabbaton der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin nach Weimar

 16.06.2025

Berlin

Unter die Haut

Der Künstler Gabriel Wolff malt, formt und tätowiert »jüdische Identität

von Alicia Rust  15.06.2025

Porträt der Woche

Zwischen den Welten

Ruth Peiser aus Berlin war Goldschmiedin, arbeitete bei einer Airline und jobbt nun in einer Boutique

von Gerhard Haase-Hindenberg  15.06.2025

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025