Düsseldorf

»Botschafter des guten Willens und der Toleranz«

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, fordert mehr Engagement gegen Antisemitismus unter Muslimen. Die muslimische Gemeinschaft müsse in dieser Frage sensibler und aktiver werden, sagte er am Mittwoch bei der Verleihung des Paul-Spiegel-Preises für Zivilcourage 2012/2013 in Düsseldorf.

Eine Initiative, die sich mit dem Problem der Judenfeindschaft in der Migrantengesellschaft befasst, ist die »Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus«, die mit dem Paul-Spiegel-Preis 2012 ausgezeichnet wurde. Sie entwirft seit 2003 Konzepte für die pädagogische Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus in der Einwanderungsgesellschaft. Schwerpunkt ist die Arbeit mit muslimischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Graumann würdigte die Initiative als »Botschafter des guten Willens und der Toleranz«. Sie erreiche nicht nur die Köpfe, sondern auch die Herzen von Jugendlichen.

Das Bündnis »Wir für Lübtheen« erhielt den Paul-Spiegel-Preis 2013. Die Bürgerinitiative bekämpft seit Jahren mit verschiedenen Aktivitäten den Einfluss der NPD und die Ausbreitung von Rechtsextremismus in der mecklenburgischen Kleinstadt. Graumann sagte, dass das Projekt den gut gemeinten Worten aber auch ernst gemeinte Taten folgen lasse.

npd-verbot Dabei wiederholte der Zentralratspräsident nochmals die Forderung, dass das NPD-Verbot jetzt energisch betrieben werden müsse. Er hoffe, dass sich Bundesregierung und Bundestag der Initiative des Bundesrates zügig anschließen: »Das ewige Zaudern und Zögern muss ein Ende haben.«

In seiner Rede verwies er auch auf den von vermutlich vier muslimischen jungen Männern verübten antisemitischen Überfall auf den Berliner Rabbiner Daniel Alter im August vergangenen Jahres. Zugleich erwähnte Graumann den Rapper Bushido, der »in diesen Tagen Israel aus der Existenz heraustwittert«. Dieser Mann dürfe kein Vorbild für junge Menschen sein, sagte Graumann.

Erinnerung Die Preisverleihung fand im Rahmen einer Gedenkfeier zu Ehren des Namensgebers, Paul Spiegel sel. A., statt. In der Düsseldorfer Synagoge wurde in Reden und Filmszenen an den früheren Zentralratspräsidenten, der am 31. Dezember 75 Jahre alt geworden wäre, erinnert.

Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hob Spiegels besondere Verdienste hervor. Sie nannte ihn einen »Demokraten und Mitstreiter für mehr Gerechtigkeit«. Sein Andenken bleibe Verpflichtung, daran zu arbeiten, dass Deutschland wirklich eine Heimat für jüdisches Leben sei, »und dafür zu sorgen, dass unser Zusammenleben menschlich und zivil bleibt«.

würdigung Dieter Graumann würdigte Paul Spiegel sel. A. als einen »Mann mit einem ganz großen Herzen und unverbesserlichen Optimisten«. Er bleibe immer in Erinnerung als großartiger Zentralratspräsident und Mensch mit besonderer Verbindlichkeit und Wärme. Wenn es allerdings gegen Intoleranz oder den neuen Antisemitismus gegangen sei, da konnte der sonst so freundliche Paul Spiegel ernst werden, kämpfen und sich einsetzen mit aller Macht. Deshalb sei es sehr passend, den Preis für Zivilcourage in seinem Andenken zu vergeben.

An der Veranstaltung nahmen zahlreiche Freunde und Weggefährten Paul Spiegels sowie seine Witwe Gisèle und die beiden Töchter Dina und Leonie teil. Mit dabei waren unter anderem Israels Botschafter Yakov Hadas-Handelsman, Ex-Ministerpräsident Wolfgang Clement, Zentralratsvizepräsident Josef Schuster, der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan J. Kramer, Düsseldorfs Gemeindevorsitzender Oded Horowitz und Gemeinderabbiner Aharon Ran Vernikovsky.

Der Paul-Spiegel-Preis wird seit 2009 vom Zentralrat der Juden vergeben. Damit werden Menschen und Organisationen geehrt, die sich gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus sowie für eine starke Bürgergesellschaft einsetzen. Der Preis ist mit 5000 Euro dotiert.

2009 wurde der sächsische Polizeipräsident Bernd Merbitz in Dresden ausgezeichnet. Die Jury würdigte damit sein weit über die Dienstpflichten hinausgehendes Engagement im Bereich polizeilicher Präventions- und Ermittlungsarbeit gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus. 2011 erhielt das Ehepaar Lohmeyer für das von ihnen jährlich organisierte Musikfestival »Jamel rockt den Förster« die Auszeichnung. Mit den Konzerten in Jamel, einem Ort mit einer sehr aktiven rechten Szene, setzten sie ein Zeichen für Demokratie und Toleranz.

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