Dokumentation

Bilder, die sie nicht vergessen

Opfer und Befreier erinnern sich an die Geschehnisse vor 70 Jahren

von Helmut Reister  27.04.2015 23:00 Uhr

Filmproduzent Emanuel Rotstein Foto: Gert Krautbauer

Opfer und Befreier erinnern sich an die Geschehnisse vor 70 Jahren

von Helmut Reister  27.04.2015 23:00 Uhr

Vor 70 Jahren, am 29. April 1945, befreiten US-Truppen das Konzentrationslager Dachau. Der Münchner Emanuel Rotstein, Produktionsdirektor beim Pay-TV-Sender »History«, hat mit amerikanischen Soldaten und ehemaligen Häftlingen über die damaligen Ereignisse gesprochen. Zusammen mit bisher unveröffentlichten Farbaufnahmen entstand daraus der eindrucksvolle einstündige Dokumentationsfilm Die Befreier. Er ist am 31. Mai um 22 Uhr im Fernsehen zu sehen.

Die Dokumentation zeichnet ab Hitlers Machtergreifung im Jahr 1933 die Geschichte und Erlebnisse dreier Zeitzeugen nach, die zum Opfer des nationalsozialistischen Wahns wurden, im KZ Dachau interniert waren und dort befreit wurden. Parallel dazu berichten vier Zeitzeugen von ihrem Weg, der sie nach dem Angriff der Japaner auf den Flottenstützpunkt Pearl Harbor in die US-Armee und in den Krieg nach Europa führte.

Jimmy Gentry, damals Soldat der 42. Infanterie-Division der siebten US-Armee, schwieg viele Jahre lang, weil er die Hoffnung hatte, die schrecklichen Erlebnisse des Krieges vergessen zu können. Inzwischen empfindet er es als Pflicht, über seine Erfahrungen zu sprechen, damit so etwas nie wieder passiert. Er ist einer der Protagonisten der Dokumentation und sagt: »Ich wusste nicht, was das Wort Konzentrationslager bedeutet. Aber jetzt weiß ich es.«

unvorstellbar Gentry und die Soldaten seiner Einheit waren mit dem Befehl nach Dachau beordert worden, ein vermeintliches Waffen- und Benzinlager zu zerstören. Doch was sie tatsächlich vorfanden, überstieg ihre Vorstellungskraft. Sie stießen auf Zugwaggons voller Leichen und ein Lager mit 32.000 inhaftierten Menschen, die dem Tod nahe waren. »Walking Dead« (lebende Tote) nannten die amerikanischen Soldaten die ausgehungerten und kranken Überlebenden. »Sie kümmerten sich um uns wie um Babys«, erinnert sich Joshua Kaufman, der bei seiner Befreiung 17 Jahre alt war.

Für Herman Cohn, der in der Dokumentation ebenfalls eine tragende Rolle spielt, hat die Befreiung Dachaus eine besondere Bedeutung. Seiner Familie gelang noch im Dezember 1939 die Flucht in die USA. Zuvor hatte er, 1921 geboren, den immer aggressiveren Antisemitismus nach der Machtübernahme der Nazis miterlebt. Herman Cohn kehrte mit der Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944 nach Europa zurück. Als seine Einheit Süddeutschland erreichte, wurde er als Dolmetscher im kurz zuvor befreiten KZ Dachau eingesetzt. Nach dem Krieg lebte er wieder in der USA.

Der Film bringt auch zum Ausdruck, wie schwierig es für ihn und viele amerikanischen Soldaten war, mit den furchtbaren Bildern umzugehen, die sie in Europa und vor allem in Dachau sahen. Statt an eine Heldentat erinnern sich die in der Dokumentation zu Wort kommenden Befreier an ihre Fassungslosigkeit und blicken nicht ohne Selbstkritik auf das Verhalten der US-Soldaten zurück.

Pessach

Vertrauen bewahren

Das Fest des Auszugs aus Ägypten erinnert uns daran, ein Leben in Freiheit zu führen. Dies muss auch politisch unverhandelbare Realität sein

von Charlotte Knobloch  22.04.2024

Pessach

Das ist Juden in Deutschland dieses Jahr am wichtigsten

Wir haben uns in den Gemeinden umgehört

von Christine Schmitt, Katrin Richter  22.04.2024

Bayern

Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Flossenbürg vor 79 Jahren

Vier Schoa-Überlebende nahmen teil – zum ersten Mal war auch der Steinbruch für die Öffentlichkeit begehbar

 21.04.2024

DIG

Interesse an Israel

Lasse Schauder über gesellschaftliches Engagement, neue Mitglieder und die documenta 15

von Ralf Balke  21.04.2024

Friedrichshain-Kreuzberg

Antisemitische Slogans in israelischem Restaurant

In einen Tisch im »DoDa«-Deli wurde »Fuck Israel« und »Free Gaza« eingeritzt

 19.04.2024

Pessach

Auf die Freiheit!

Wir werden uns nicht verkriechen. Wir wollen uns nicht verstecken. Wir sind stolze Juden. Ein Leitartikel zu Pessach von Zentralratspräsident Josef Schuster

von Josef Schuster  19.04.2024

Sportcamp

Tage ohne Sorge

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin und Makkabi luden traumatisierte Kinder aus Israel ein

von Christine Schmitt  18.04.2024

Thüringen

»Wie ein Fadenkreuz im Rücken«

Die Beratungsstelle Ezra stellt ihre bedrückende Jahresstatistik zu rechter Gewalt vor

von Pascal Beck  18.04.2024

Berlin

Pulled Ochsenbacke und Kokos-Malabi

Das kulturelle Miteinander stärken: Zu Besuch bei Deutschlands größtem koscheren Foodfestival

von Florentine Lippmann  17.04.2024