Hamburg

Beginn einer Tradition

Die israelische Tänzerin Shirly Barbie interpretierte Werke von Valeska Gert (1892–1978). Foto: Heike Linde-Lembke

Die Veranstaltungen sind größtenteils schon ausverkauft», freut sich Organisationsleiterin Elisabeth Friedler von der Jüdischen Gemeinde Hamburg über den großen Erfolg der Kulturtage. Ganz nach dem Motto «Nun erst recht» besuchen gerade besonders viele Zuschauerinnen und Zuschauer aus der Hansestadt die zahlreichen Ausstellungen und Konzerte, Filme, Führungen sowie Lesungen und Workshops. Damit zeigen sie, dass jüdisches Leben in Hamburg pulsiert und aller antisemitischer Hassparaden zum Trotz die Öffentlichkeit nicht scheut – ganz im Gegenteil.

Die ersten Jüdischen Kulturtage in Hamburg sind ein florierendes Forum für Begegnungen, sie fördern den Dialog zwischen Menschen aller Kulturen und Religionen und werden so zum Vermittler.

«Unsere Besucherinnen und Besucher stellen viele Fragen zum Judentum und zum jüdischen Leben», weiß Elisabeth Friedler zu berichten. Zur Führung über den aktuellen jüdischen Friedhof und durch die frisch renovierte Trauerhalle seien sogar mehrere Architekten erschienen. Sie hatte das Projekt Jüdische Kulturtage mit der Jüdischen Gemeinde gerade erst gestartet, als auch die Jürgen-Reemtsma-Stiftung eine großzügige Unterstützung zusagte. Zu den Sponsoren und Unterstützern zählen auch die Elbphilharmonie, gleich mehrere Kulturvereine sowie der Zentralrat der Juden in Deutschland und die Hamburger Kulturbehörde.

ÖFFENTLICHKEIT «Jüdische Kultur in all ihrer Vielfalt zu zeigen, an der auch eine breite Öffentlichkeit teilhaben kann – so lautet das Ziel der Jüdischen Kulturtage in Hamburg», sagt Philipp Stricharz, erster Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Hamburg, zu der auch die Reformsynagoge Hamburg gehört.

Seine Hoffnung, dass die Jüdischen Kulturtage Hamburg gerade in diesen Krisenzeiten ein konstruktives Miteinander sowie gegenseitigen Respekt stärken und die Menschen einander näher bringen, hat sich auf jeden Fall erfüllt. Und Elisabeth Friedler plant nach diesem großen Erfolg bereits die zweiten Hamburger Kulturtage. «Viele Künstlerinnen und Künstler haben schon angefragt, ob sie beim nächsten Mal wieder mit dabei sein können», so Friedler. Als Termin ist das Jahr 2025 anvisiert.

Auch die Hommage an Valeska Gert im English Theatre war erfolgreich. In der Aufführung begeisterte die israelische Tänzerin Shirly Barbie das Publikum. Intuitiv spiegelte sie Valeska Gerts Geist wider. Explizit hatte sie angekündigt, die rebellische Tänzerin nicht kopieren, sondern ihre Kunst interpretieren und kommentieren zu wollen. Das ist ihr gelungen. Die Hommage, konzipiert von der Hamburger Sängerin Stella Jürgensen, führten Shirly Barbie, Stella Jürgensen, der Trompeter und Komponist Frank London aus New York sowie der Pianist Shai Bachar erstmals bei den Jüdischen Kulturtagen in Dresden auf, Hamburg sollte die B-Premiere sein.

Charakter und Charisma

Stella Jürgensen, die mit ihrem Duo «Stellaʼs Morgenstern» im deutschsprachigen Raum einen hohen Bekanntheitsgrad genießt, rezitierte mit viel Empathie Texte aus Valeska Gerts Autobiografie Ich bin eine Hexe – Kaleidoskop meines Lebens. Mit ihrer rauen, gleichwohl sehr melodiösen Stimme ließ sie wie Shirly Barbie Valeska Gerts Geist, Charakter und Charisma präsent werden. Insgesamt faszinierte das Quartett durch die teilweise dokumentarische Interpretation von Valeska Gerts Werk.

Valeska Gert (1892–1978) hatte ihre internationale Karriere in den 1920er-Jahren als Performance-Künstlerin in Berlin begonnen, wobei sie für sich den Tanz als radikale Ausdrucksform entdeckte.

Zu den Sponsoren gehören die Elbphilharmonie und der Zentralrat der Juden.

1933 floh Valeska Gert vor den Nationalsozialisten nach New York, gründete den Nachtklub Beggar Bar und machte ihn zum Treffpunkt der New Yorker Szene. Einer ihrer Kellner war übrigens der Dramatiker Tennessee Williams. Als sie 1947 nach Deutschland zurückkehrte, waren ihre Choreografien vom Leben der einfachen Leute und der Gescheiterten längst vergessen. Sie zog von Berlin nach Kampen auf Sylt, avancierte dort mit ihrer Salon-Bar «Ziegenstall» zum Treff der Insel-Avantgarde und wurde so eine der schrillsten Nachtklub-Besitzerinnen Deutschlands.

Die Kulturtage haben auch vier Chanukkafeiern im Programm

Die Kulturtage haben auch vier Chanukkafeiern im Programm. So wird der Chanukka-Markt auf dem Schulhof der Joseph-Carlebach-Schule im Haus der Talmud-Tora-Schule im Grindelhof am Sonntag einer der Höhepunkte und zugleich das Finale sein. Von 18.30 bis 23 Uhr gibt es ein buntes Programm mit Live-Musik, koscherem Streetfood und Info-Ständen jüdischer Organisationen. Bereits um 16 Uhr wird Hamburgs Landesrabbiner Shlomo Bistritzky das dritte Chanukkalicht an der drei Meter hohen Chanukkia auf der Reesendammbrücke am Jungfernstieg erleuchten lassen. Der Leuchter soll acht Tage in Hamburgs City stehen.

Vor diesem Abschlussfest lädt das Ins­titut für die Geschichte der deutschen Juden am Donnerstag um 18.30 Uhr zum Weihnukka-Fest in die Staats- und Universitätsbibliothek ein. Die Schauspielerin und Regisseurin Adriana Altaras wird aus diesem Anlass aus ihrem neuen Buch Besser allein als in schlechter Gesellschaft vorlesen.

Nicht im Programm der Jüdischen Kulturtage aufgeführt ist die Chanukka-Feier auf der Binnenalster. Das Kulturnetzwerk Mit2Wo, gegründet von Giorgio Paolo Mastropaolo und dem Lichtkünstler Michael Batz, realisiert diese Lichterreise zum zweiten Mal und will so die Botschaft vom «Jüdischen Leben in der Gegenwart» transportieren. Das Chanukka-Schiff startet am Sonnabend um 18 Uhr vom Anleger Jungfernstieg zum «Light of Dance» mit leuchtenden Installationen über die Binnenalster und durch die Kanäle – mit an Bord als Ehrengast: die Publizistin Peggy Parnass.

Eintrittskarten erhältlich unter https://atg.palisis.com bei der Alster-Touristik

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