Pessach

Begehrtes Brot

Ungesäuert: Mazze ist das Brot der Freiheit. Foto: JA

Max Privorozki ist ein Mann mit Weitsicht. Mit einiger Genugtuung beobachtete der Vorsitzende der Gemeinde Halle (Saale) in den vergangenen Wochen, wie sein anfänglich riesiger Bestand an Mazzen für das Pessachfest stetig kleiner wurde. Als bereits nach wenigen Tagen mehr als die Hälfte des ungesäuerten Brotes vergriffen war, wusste er, dass er auch dieses Jahr keineswegs übertrieben kalkuliert hatte.

Vorrat »Der Bedarf ist bei fast 700 Gemeindemitgliedern entsprechend hoch«, sagt Privorozki und lacht. »Mir ist es lieber, wir haben etwas zu viel als zu wenig vorrätig.« Rund 700 Kilogramm bestellt er bei seinem Großhändler in Berlin, der die glatt koschere Ware im Gegensatz zu vielen anderen Geschäften nicht aus den Niederlanden, sondern direkt aus Israel importiert. Die übrig gebliebenen Teigwaren stellt Privorozki nach Pessach der Gemeindeküche zur Verfügung, die sie übers Jahr verteilt nach und nach aufbraucht.

Auch Kantor Arieh Rudolph von der Gemeinde in Bamberg hat die Erfahrung gemacht, dass die Mazzen innerhalb von nur wenigen Tagen abgeholt werden. Doch er bedauert es, dass die jüngeren Gemeindemitglieder oftmals keinen richtigen Bezug zu den Feiertagen haben. »Unsere jungen Leute arbeiten viel und haben selbst für Pessach eher weniger einen Sinn«, sagt er und merkt an, dass es glücklicherweise noch die Älteren in der Gemeinde gibt. Diese legten großen Wert auf die Einhaltung der Feiertage.

Rabatt Da jedoch der Großteil von ihnen auf Sozialleistungen angewiesen ist, subventioniert die Bamberger Gemeinde die Ausgabe der Mazzen. »Selbstverständlich muss keiner unserer Leute am Sederabend darauf verzichten, mit dem Essen des ungesäuerten Brotes den Auszug aus Ägypten zu feiern«, sagt Rudolph stolz. »Wir geben jeden Rabatt, der uns von unserem Dortmunder Lebensmittelhändler eingeräumt wird, direkt an unsere Leute weiter«, sagt Jewgenij Budnizkij freundlich und in jenem melodischen, für russische Zuwanderer charakteristischen Akzent.

Der Vorsitzende der Essener Gemeinde hat wie Arieh Rudolph das Problem, dass viele Mitglieder auch beim Mazzekauf auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind. »Deshalb bieten wir Mazzot für einen Preis an, den jeder aufbringen kann. Vier Euro das Kilogramm kann man sich sicherlich einmal pro Jahr leisten.« Die Anträge auf vergünstigte Mazzen hätten auch in den letzten Jahren nicht zugenommen, weiß Budnizkij. In seiner Gemeinde seien ohnehin etwa 98 Prozent auf Förderungen angewiesen, da gäbe es nicht mehr viel Spiel nach oben.

Aber wo Schatten ist, da gibt es auch Licht, sagt er. Die wenigen jüngeren Gemeindemitglieder stehen fast ausnahmslos in Lohn und Brot. Genau diejenigen, würde wohl nicht nur der Kantor aus Bamberg hinzufügen, müsste man jetzt nur noch für die Bedeutung des Pessach-Festes gewinnen.

Berlin

Margot Friedländer: »Die Demokratie schwankt«

Die 103-Jährige wurde von den Nazis ins KZ Theresienstadt verschleppt. Vor dem nationalen Holocaust-Gedenktag warnt sie: »Seid vorsichtig«

von Verena Schmitt-Roschmann  21.01.2025

Oldenburg

Anschlag auf Synagoge bei  »Aktenzeichen XY ... Ungelöst«

Ein Unbekannter hatte einen Brandsatz gegen die massive Tür des Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen

 20.01.2025

Jahrestag

Das Grauen seit 80 Jahren im Kopf

Albrecht Weinberg wird bald 100. Er gehört zu den wenigen Zeitzeugen, die noch von der Verfolgung und Ermordung der Juden berichten können. Gerda Dänekas hat ihn ermuntert, seine Geschichte zu erzählen - und damit beider Leben verändert

von Karen Miether  20.01.2025

Schoa-Gedenken

Scholz: »Jüdisches Leben, das ist Deutschland«

Bei einer Gedenkveranstaltung in der Jüdischen Gemeinde Frankfurt sagt der Bundeskanzler 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz: »Ich trete jedem Schlussstrich entgegen«

 19.01.2025

Dokumentation

»Was bedeutet Auschwitz heute noch für Deutschland?«

Am Sonntag gedachte die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main des 80. Jahrestages der Befreiung des KZ Auschwitz. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hielt eine Gastrede

 19.01.2025

Schoa-Gedenken

Carolin Emcke beklagt »Tetris der Menschenverachtung«

Die Publizistin sprach in der Jüdischen Gemeinde Frankfurt anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz

 19.01.2025

Holocaust-Gedenktag

Scholz bei Gedenkfeier in Frankfurter Gemeinde

Neben dem Bundeskanzler werden unter anderem auch Frankfurts Oberbürgermeister und der Präsident des Zentralrats der Juden teilnehmen

 19.01.2025

Porträt der Woche

Musik bedeutet Hoffnung

Yehuda Inbar ist Pianist, gibt Wohltätigkeitskonzerte und engagiert sich für Frieden

von Alicia Rust  18.01.2025

Dresden

Jüdischer Landesverband Sachsen hat neue Vorsitzende

Ekaterina Kulakova folgt auf Nora Goldenbogen, die Ende November im Alter von 75 Jahren gestorben war

 17.01.2025