LESUNG

Aus den Flammen gerettet

Gierig lodern die projizierten Flammen auf der großen Leinwand, immer wieder züngeln sie sich zur Decke hoch. Im Hintergrund erklingen Klaviertöne. Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) steigt auf die Bühne und zündet eine Kerze der Chanukkia an. Das Klavier verstummt. Von der Aue beginnt, einen Textabschnitt aus Erich Maria Remarques Buch »Liebe Deinen Nächsten« zu lesen. Die rund 120 Zuhörer im Berliner Jüdischen Theater Bimah lauschen der Erzählung. Auf der Leinwand im Hintergrund lodert das Feuer weiter.

ERINNERN »Wir lassen all diese Literatur wieder lebendig werden. Und gedenken der Autoren, deren Bücher verbrannt wurden«, sagt Intendant Dan Lahav. Er hat am Montag zur jährlichen Lesung »Nie wieder Bücherverbrennungen« in sein Haus eingeladen. Eine Tradition seit 2007. Immer in den letzten Junitagen lesen Prominente aus Büchern vor, die die Nazis 1933 verbrannt haben.

Die Texte sind ganz unterschiedlich. Viele stammen aus einer Welt, die es nicht mehr gibt. Eine Welt, in der sich die Bohème im Café traf und jüdische Jugendliche im Geheimen das polnische Theater besuchten.

Die Schauspielerin und Sängerin Hanna Schygulla ist extra aus Paris angereist. Mit feiner Stimme liest sie Mascha Kaléko und zieht das Publikum in ihren Bann. Obwohl es sich um ein ernstes Thema handelt, entlocken einige Vorleser den Zuschauern schrille Auflacher – etwa Komiker Oliver Polak, als er einen Witz zum Besten gibt.

Nach knapp zwei Stunden – Pause. In der Hinterhofidylle des Theaters werden Bücher verkauft, an der Bar gibt es Bier und Barkan-Wein aus Israel. Dan Lahavs Bimah befindet sich an der Jonasstraße im Problemkiez Neukölln. Es ist symbolträchtig, dass das Gebäude, das heute ein jüdisches Theater beherbergt, vor 70 Jahren von der SA als Sturmlokal benutzt wurde.

CRESCENDO Den Höhepunkt erreicht die Lesung, als vier Schauspieler gleichzeitig und immer schneller die Namen von Autoren verlesen, deren Bücher die Nazis verbrannten: Bertholt Brecht, Erich Kästner, Kurt Tucholsky. Immer rasanter ertönen vom Klavier her schrille und dumpfe Töne, die Dramatik nimmt zu. Alfred Kerr, Else Lasker-Schüler, Mascha Kaléko. Plötzlich werden Papierrollen mit den Namen aller 1933 verbannten Autoren auf die Bühne hinabgelassen. Dann herrscht Stille. Nur das Feuer an der Leinwand lodert weiter.

Potsdam

Abraham-Geiger-Kolleg ordiniert zwei Rabbinerinnen

In Deutschlands größter Synagoge Rykestraße in Berlin-Prenzlauer Berg werden an diesem Donnerstag zwei Rabbinerinnen ordiniert. Zu der Feier wird auch Polit-Prominenz erwartet

 05.11.2025

Berlin

Davidstern-Gemälde an East Side Gallery beschmiert

Ein Gemälde an der bekannten East Side Gallery ist Ziel einer antisemitischen Schmiererei geworden. Der Tatverdächtige konnte gefasst werden. Bei der Begehung seines Wohnhauses fand die Polizei mehrere Hakenkreuze

 05.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 6. November bis zum 13. November

 05.11.2025

Auswärtiges Amt

Deutschland entschärft Reisehinweise für Israel

Nach Beginn des Gaza-Krieges hatte das Auswärtige Amt vor Reisen in Teile Israels gewarnt. Dies gilt so nicht mehr. Der Außenminister begründet das mit gewachsenem Vertrauen in den Friedensprozess

 04.11.2025

Würdigung

Margot Friedländer wird mit Sonderbriefmarke geehrt

Wie das Finanzministerium mitteilte, war die Sonderbriefmarke für Friedländer ein »besonderes Anliegen« von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil

 04.11.2025

B’nai B’rith

»Wie eine große Familie«

Delegierte aus 20 Ländern kamen zusammen, um sich eine neue Organisationsstruktur zu geben

von Ralf Balke  03.11.2025

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an November-Pogrome

Zum 87. Jahrestag der NS-November-Pogrome von 1938 werden am Sonntag ganztägig die Namen der im Holocaust ermordeten Berliner Jüdinnen und Juden vorgelesen. Bei einem Gedenken am Abend wird Berlins Regierender Bürgermeister sprechen

 03.11.2025

Gedenkstätten

Gedenkzeichen für jüdische Ravensbrück-Häftlinge

Zur feierlichen Enthüllung werden unter anderem Zentralratspräsident Josef Schuster, die brandenburgische Kulturministerin Manja Schüle (SPD) und der Beauftragte für Erinnerungskultur beim Kulturstaatsminister, Robin Mishra, erwartet

 03.11.2025

Porträt der Woche

Zufluchtsort Musik

Naomi Shamban ist Pianistin, lebt in Dresden und hat eine Schwäche für Märchenfilme

von Alicia Rust  03.11.2025