Berlin

Auftakt des »Festival of Resilience«

Die Rabbinerin und Halle-Überlebende Rebecca Blady eröffnet mit ihrer Rede das »Festival of Resilience«. Foto: Max Mordinson

Mit einer Zeremonie im Jüdischen Museum Berlin ist am Donnerstagabend das »Festival of Resilience« eröffnet worden. Das Festival ist von Überlebenden des Anschlags auf die Synagoge von Halle im Jahre 2019 gegründet worden und versteht sich als Antwort der Stärke auf antisemitische und rassistische Gewalt. Zum dritten Mal kommen in diesem Jahr Betroffene von verschiedenen rechtsextremen Anschlägen sowie zahlreiche Gäste in Berlin zusammen, um ein Zeichen der Solidarität zu setzen.

Widerstand Hetty Berg, Direktorin des Jüdischen Museums, sagte in ihrem einleitenden Grußwort, bei dem Festival gehe es darum, »dem Antisemitismus mit einem jüdischen Narrativ« zu begegnen und denjenigen eine Stimme zu geben, »die rechtsextreme Gewalt am eigenen Körper erlebt haben«. Resilienz bedeute »Widerstandskraft, Zähigkeit, aber auch Flexibilität«, so Berg, und mit Blick auf Krieg und Pandemie bräuchten wir »Resilience – Widerstandskraft – heute mehr denn je«.

Die Mitinitiatorin des Festivals, Rabbinerin Rebecca Blady, die am 9. Oktober 2019 in der Synagoge in Halle anwesend war, als ein Rechtsextremist versuchte, mit Waffengewalt in das Gebäude einzudringen, wies in ihrer Rede zunächst auf den mutmaßlichen Angriff am Mittwoch auf die Synagoge in Hannover hin. »Dies ist das vierte Jahr in Folge, in dem Terroristen Jom Kippur und Sukkot in jüdischen Gemeinden in Deutschland gestört haben: Halle, Hamburg, Hagen und jetzt Hannover«, sagte Blady mit Blick auf ausgeführte beziehungsweise geplante antisemitisch motivierte Anschläge und Angriffe in diesen Städten.

»Resilienz lehrt uns die vielen Wege, die Menschen nach einem Trauma oder einer Tragödie einschlagen können.«

rabbinerin rebecca blady

Viele Jüdinnen und Juden würden sich heute fragen: »Wenn wir an unseren heiligen Tagen nicht sicher sein können, wie können wir dann das ganze Jahr über sicher sein?« Blady, die in Berlin die jüdische Initiative Hillel mitgegründet hat, ist jedoch überzeugt, die jüdische Gemeinschaft dürfe sich von den Gewalttätern nicht zermürben lassen. Eine Antwort auf die Gewalt habe sie selbst in dem Konzept der Resilienz gefunden. »Resilienz lehrt uns die vielen Wege, die Menschen nach einem Trauma oder einer Tragödie einschlagen können«, so Blady. »Sie verspricht nicht, alles zu heilen, aber sie kann uns stärken.«

Schmerz Im Verlauf des Abends sprachen noch weitere Überlebende des Halle-Anschlags. Mitorganisatorin Anastassia Pletoukhina nannte das »Festival of Resilience« eine Möglichkeit, »die eigene Erfahrung und den eigenen Schmerz zu teilen«. Ismet Tekin, in dessen »Kiez Döner« der 20-jährige Kevin S. erschossen wurde, sagte mit Blick auf die Verhinderung rechtsextremer Gewalt: »Wir haben einen langen Weg vor uns, aber gemeinsam werden wir das schaffen«, und die jüdische Schriftstellerin Page H. forderte: »Wir müssen uns mit dem Aufbau einer besseren Gesellschaft befassen«. Sie lade »alle ein mitzumachen«.

Flankiert wurde der Abend im Lichthof des Jüdischen Museums von lyrischen und musikalischen Beiträgen sowie zahlreichen aufgezeichneten Grußbotschaften, die für das Publikum abgespielt wurden. Die Zeremonie endete mit dem Blasen des Schofars, virtuos ausgeführt von der Musikerin Yael Gat. »Auch das ist eine Form der Resilienz«, kommentierte Rebecca Blady die außergewöhnliche Interpretation des uralten traditionellen Instruments.

Noch bis zum 16. Oktober werden im Rahmen des »Festival of Resilience« zahlreiche Veranstaltungen angeboten, von Kunstaustellungen über Workshops bis zum gemeinsamen Feiern von Sukkot. Zu den Partnern des Festivals gehören unter anderem die Amadeu Antonio Stiftung, die Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD) sowie der Zentralrat der Juden in Deutschland.

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

München

Nicht zu überhören

Klare Botschaften und eindrucksvolle Musik: Die 39. Jüdischen Kulturtage sind eröffnet

von Esther Martel  23.11.2025

Berlin

Gegen den Strom

Wie der Ruderklub »Welle-Poseidon« in der NS-Zeit Widerstand leistete und bis heute Verbindung zu Nachfahren seiner jüdischen Mitglieder pflegt

von Alicia Rust  23.11.2025

Porträt

Glücklich über die Befreiung

Yael Front ist Dirigentin, Sängerin, Komponistin und engagierte sich für die Geiseln

von Alicia Rust  22.11.2025

Berufung

Schau mal, wer da hämmert

Sie reparieren, organisieren, helfen – und hören zu: Hausmeister von Gemeinden erzählen, warum ihre Arbeit als »gute Seelen« weit mehr ist als ein Job

von Christine Schmitt  21.11.2025

Spremberg

Gegen rechtsextreme Gesinnung - Bürgermeisterin bekommt Preis

Rechtsextreme sprechen im ostdeutschen Spremberg vor Schulen Jugendliche an. Die Schüler schütten ihrer Bürgermeisterin ihr Herz aus - und diese macht das Problem öffentlich. Für ihren Mut bekommt sie jetzt einen Preis

von Nina Schmedding  21.11.2025

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Interview

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Was beschäftigt Misrachim in Deutschland? Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025