Hamburg

Abschied von Esther Bejarano

Yoram Bejarano (r.) und Hamburgs Landesrabbiner Shlomo Bistritzky am Grab von Esther Bejarano Foto: picture alliance/dpa/dpa-Pool

Mit einer bewegenden Trauerfeier haben sich Familie, Freunde und Politiker heute in Hamburg von der KZ-Überlebenden Esther Bejarano verabschiedet. Die Musikerin und Aktivistin war am 10. Juli nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 96 Jahren in ihrer Wahlheimat Hamburg gestorben.

Die Kapelle auf dem Jüdischen Friedhof in Ohlsdorf durfen wegen der Corona-Pandemie nur wenige Gäste. Zu den Gästen gehörten unter anderem die Publizistin Peggy Parnass, der Schauspieler Rolf Becker, Hamburgs Antisemitismusbeauftragter Stefan Hensel, Hamburgs Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit, Bürgermeister Peter Tschentscher. Hunderte verfolgten draußen eine Übertragung.

Ein großes Foto erinnerte an die mutige Frau, die sich gegen Judenhass, Rechtsextremismus und Rassismus engagierte. In der Kapelle stand der Sarg, umgeben von brennenden Kerzen und zahlreichen Kränzen.

»Mit ihrem außergewöhnlichen Engagement hat Esther Bejarano über viele Jahrzehnte wichtige Impulse gegeben für Demokratie, Erinnerungskultur und Gleichberechtigung in Deutschland«, sagte Tschentscher bei der Zeremonie. »Wir werden ihr Andenken würdigen und uns dafür einsetzen, ihre Botschaft weiterzutragen.« Veit betonte anlässlich der Trauerfeier: »Als Überlebende der Konzentrationslager Auschwitz und Ravensbrück hat sie wichtigste Aufklärungsarbeit an Schulen und Universitäten geleistet.«

Unter Tränen erinnerte Schauspieler Rolf Becker an seine Freundin Bejarano. »Nicht zurückzuweichen - Esther hat es vorgelebt«, sagte der 86-Jährige. Bejarano hatte in ihrem Leben zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Zusammen mit ihrem Sohn Yoram und ihrer Tochter Edna sang sie jüdische und antifaschistische Lieder, zuletzt tourten sie mit der Kölner Hip-Hop-Band Microphone Mafia durch Deutschland. Im Mai dieses Jahres hatte sie noch mit einer Lesung an die Bücherverbrennung der Nationalsozialisten in Hamburg erinnert.

Bejarano war unter anderem Vorsitzende des Auschwitz-Komitees und Ehrenpräsidentin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten. »Dein Kampf geht weiter«, stand auf einem Kranz der Antifaschistischen Jugend.

Geboren wurde Bejarano am 15. Dezember 1924 in Saarlouis als Tochter eines jüdischen Oberkantors. 2014 wurde sie zur Ehrenbürgerin der Stadt gewählt. Ihre Eltern wurden 1941 von den Nazis in Litauen umgebracht. Bejarano wurde Anfang 1943 ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert.

Als für das Mädchenorchester des Lagers eine Akkordeonspielerin gesucht wurde, meldete sie sich - ohne jemals ein solches Instrument in der Hand gehabt zu haben. Es gelang ihr trotzdem zu spielen. Das rettete ihr das Leben, wie sie in ihrem 2013 veröffentlichten Buch »Erinnerungen« (Laika Verlag) berichtete.

In einem langen Trauerzug gingen die Gäste hinter dem Sarg zum Grab. Dort wurde Bejarano neben ihrem bereits 1999 gestorbenen Ehemann Nissim beigesetzt. Ihr Sohn Yoram sprach Kaddisch. Bejarano hinterlässt zwei Kinder, zwei Enkelkinder und vier Urenkelkinder. (mit ja)

Gedenken

Neues Denkmal für jüdische Häftlinge in Gedenkstätte Ravensbrück

Etwa 20.000 Jüdinnen und Juden sind im ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück in Brandenburg inhaftiert gewesen. Die heutige Gedenkstätte hat nun ein neues Denkmal enthüllt - im Beisein von Überlebenden

von Daniel Zander  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

von Karoline Preisler  08.11.2025 Aktualisiert

Reaktionen

Zohran Mamdanis Sieg spaltet die jüdische Gemeinschaft

Während ein Drittel der New Yorker Juden den neuen Bürgermeister gewählt hat, haben andere Angst, dass dessen Antizionismus ihre Sicherheit gefährdet

 06.11.2025

Hamburg

Viel mehr als Klezmer

In der Hansestadt haben die zweiten Jüdischen Kulturtage begonnen. Bis Mitte Dezember erwartet die Besucher ein breit gefächertes Programm – inklusive einer jiddisch-hebräischen Oper

von Heike Linde-Lembke  06.11.2025

Düsseldorf

»Eine Stimme, wo andere schwiegen«

Die Gemeinde zeichnet Wolfgang Rolshoven mit der Josef-Neuberger-Medaille aus

von Stefan Laurin  06.11.2025

Berlin

Andacht für Margot Friedländer: »Du lebst weiter«

Sie war Holocaustüberlebende, Berliner Ehrenbürgerin und eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Gestern wäre Margot Friedländer 104 Jahre alt geworden. An ihrem Grab erinnern Freunde und Bekannte an sie

von Andreas Heimann  06.11.2025

Laudatio

»Wie hält man so etwas aus?«

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hielt die Laudatio auf Karoline Preisler anlässlich der Verleihung des Paul-Spiegel-Preises in Berlin. Eine Dokumentation

von Julia Klöckner  05.11.2025

Potsdam

Abraham-Geiger-Kolleg ordiniert zwei Rabbinerinnen

In Deutschlands größter Synagoge Rykestraße in Berlin-Prenzlauer Berg werden an diesem Donnerstag zwei Rabbinerinnen ordiniert. Zu der Feier wird auch Polit-Prominenz erwartet

 05.11.2025

Berlin

Davidstern-Gemälde an East Side Gallery beschmiert

Der Tatverdächtige konnte gefasst werden. Bei der Begehung seines Wohnhauses fand die Polizei mehrere Hakenkreuze

 05.11.2025