Berlin

78 Prozent für Treitschke

Die Treitschkestraße wird auch in Zukunft ihren Namen beibehalten. Foto: Rolf Walter

Berlin

78 Prozent für Treitschke

Bürgerbefragung: Die nach dem Antisemiten benannte Straße im Bezirk Steglitz wird nicht umbenannt

 20.12.2012 12:22 Uhr

Die Umbenennung der Treitschkestraße in Berlin-Steglitz ist vorerst vom Tisch. In einer Anwohnerbefragung sprachen sich mehr als drei Viertel der Anwohner (78 Prozent) gegen einen neuen Straßennamen aus, wie das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf am Mittwoch mitteilte. Bezirksamt und Bezirksverordnetenversammlung werden sich nochmals mit der Umbenennung befassen und dazu eine abschließende Entscheidung treffen, hieß es.

Insgesamt beteiligten sich 320 wahlberechtigte Anwohner der Treitschkestraße (71 Prozent) an der am 5. November gestarteten Umfrage der Bezirksverordnetenversammlung: 64 stimmten für eine Umbenennung (22 Prozent), 226 sprachen sich dagegen aus (78 Prozent), 15 Stimmabgaben seien aus formalen Gründen nicht zugelassen worden, hieß es.

Meinungsbildung »Die große Beteiligung von fast drei Viertel der abstimmungsberechtigten Anwohnerinnen und Anwohner zeigt, dass es richtig ist, die Betroffenen in den Meinungsbildungsprozess mit einzubeziehen«, sagte Bezirksstadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU). Dies könne Anregung auch für andere Angelegenheiten der zuständigen Fachämter sein.

Bis Anfang Dezember hatten die wahlberechtigten Anlieger der Straße Gelegenheit, per Brief für oder gegen eine Umbenennung zu votieren. Der Anwohnerbefragung ging eine jahrelange kontroverse Debatte voraus. Der im 19. Jahrhundert lebende Historiker Heinrich von Treitschke (1834–1896) gilt als Wegbereiter des Antisemitismus im deutschen Bürgertum. Zu seinen Publikationen gehören Schriften wie Die Juden sind unser Unglück.

Votum Seit Jahren setzen sich Anwohner, darunter das Aktionsbündnis »Treitschkestraße umbenennen«, für einen neuen Straßennamen ein. In der Vergangenheit gab es dazu immer wieder Medienberichte, Briefe und Veranstaltungen. »Das Bürgervotum ist eindeutig« und werde ernst genommen, erklärten die Grünen-Landesvorsitzende Bettina Jarasch, Kreisvorsitzende Annika Schmidt-Kotsch und Fraktionsvorsitzender Uwe Köhne.

Die Grünen waren für eine Umbenennung der Straße. Sie kündigten an, sich auch in Zukunft »für einen kritischen Umgang« mit historischen Persönlichkeiten wie von Treitschke einzusetzen. Die Debatte über eine angemessene Erinnerungskultur sei mit dem Umfrageergebnis nicht beendet.

Im Falle einer Umbenennung wären den Anwohnern keine Kosten für neue Ausweise oder Briefpapier entstanden. Unter anderem hatte eine Druckerei angeboten, die Kosten für neue Briefbögen oder Visitenkarten zu übernehmen. epd

Jom Haschoa

Geboren im Versteck

Bei der Gedenkstunde in der Münchner Synagoge »Ohel Jakob« berichtete der Holocaust-Überlebende Roman Haller von Flucht und Verfolgung

von Luis Gruhler  05.05.2025

Berlin/Potsdam

Anderthalb Challot in Apartment 10b

In Berlin und Potsdam beginnt am 6. Mai das Jüdische Filmfestival. Die Auswahl ist in diesem Jahr besonders gut gelungen

von Katrin Richter  05.05.2025

Sehen!

Die gescheiterte Rache

Als Holocaust-Überlebende das Trinkwasser in mehreren deutschen Großstädten vergiften wollten

von Ayala Goldmann  04.05.2025 Aktualisiert

Nachruf

»Hej då, lieber Walter Frankenstein«

Der Berliner Zeitzeuge und Hertha-Fan starb im Alter von 100 Jahren in seiner Wahlheimat Stockholm

von Chris Meyer  04.05.2025

Essay

Das höchste Ziel

Was heißt es eigentlich, ein Mensch zu sein? Was, einer zu bleiben? Überlegungen zu einem Begriff, der das jüdische Denken in besonderer Weise prägt

von Barbara Bišický-Ehrlich  04.05.2025

Zusammenhalt

Kraft der Gemeinschaft

Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern feierte das Fest der Freiheit im Geiste von Tradition und Herzlichkeit

von Rabbiner Shmuel Aharon Brodman  03.05.2025

Porträt der Woche

Die Zeitzeugin

Assia Gorban überlebte die Schoa und berichtet heute an Schulen von ihrem Schicksal

von Christine Schmitt  03.05.2025

München

Anschlag auf jüdisches Zentrum 1970: Rechtsextremer unter Verdacht

Laut »Der Spiegel« führt die Spur zu einem inzwischen verstorbenen Deutschen aus dem kriminellen Milieu Münchens

 02.05.2025

Auszeichnung

Margot Friedländer erhält Großes Verdienstkreuz

Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer erhält das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik. Steinmeier würdigt ihr Lebenswerk als moralische Instanz

 02.05.2025