Wieso Weshalb Warum

Segula

Soll Gutes bringen: Berühren der Augenlider mit den zuvor in den Hawdala-Wein getauchten Fingern Foto: Thinkstock

Wenn der Schabbat vorüber ist, am Ende der Hawdala-Zeremonie, tauchen manche Menschen ihre Finger in den übrig gebliebenen Wein und berühren damit ihre Augenlider. Warum tun sie das? Die Antwort findet sich in den Psalmen: »Die Befehle des Herrn sind recht und erfreuen das Herz; die Gebote des Herrn sind lauter und erleuchten die Augen« (Tehilim 19,9).

Dieser Minhag, die Sitte, die Finger in den Rest des Hawdala-Weins zu tauchen und die Augenlider damit zu berühren, ist eine Segula. Man versteht darunter eine Handlung, die voraussichtlich zu einer positiven Veränderung des eigenen Schicksals führt. Es gibt eine Fülle von Segulot; einige basieren auf einer konkreten Grundlage, andere werden von vielen als Ammenmärchen abgetan.

Symbol Manche stecken auch ihre in Wein getauchten Finger in die Tasche, als eine »spirituelle Segula«. Sie drücken damit symbolisch aus, dass sie auf eine Parnassa, einen guten Broterwerb, hoffen. Schmunzelnd sagte mir einmal ein Freund: »Dies ist sicherlich eine Segula für die Reinigungswäschereien.«

Mit dem Beginn der neuen Woche erhoffen wir, dass diese Handlungen, mit denen wir eine Mizwa bereichern, uns die Augen öffnen, sodass wir in der kommenden Woche vielleicht das Herannahen der Erlösung erblicken können. Der wichtigste Grund für die Segula ist nicht nur der Versuch, die eigene Situation zu verändern, sondern die tatsächliche Annäherung an das G’ttliche.

In der sefardischen Tradition ist es üblich, einen Tropfen Wein auch hinter die Ohren zu tupfen oder den Nackenknochen – hebräisch: Luz – damit zu benetzen. Er befindet sich dort, wo der Knoten der Kopftefillin gesetzt wird. Manche Juden glauben, dass dies der Knochen ist, aus dem G’tt eines Tages, bei der Auferstehung der Toten, den menschlichen Körper wiederaufbauen wird. Sie meinen, dieser Knochen könne nicht verwesen.

Frage Rabbi Aharon Berachja ben Mosche geht in seinem volkstümlichen Werk Maawar Jabok (17. Jahrhundert, Modena), das sich mit Beerdigungs- und Friedhofsbräuchen beschäftigt, unter anderem der Frage nach, woraus der Nackenknochen genährt wird.

Der Rabbi gibt drei mögliche Antworten. Die erste: Er erhält keinerlei Nahrung. Die zweite: Er wird durch die Nahrung des Schabbats gespeist. Die dritte: Er wird nur durch den Wein der Hawdala genährt. Und so betupfen viele sefardische Juden jede Woche aufs Neue die Haut ihres Nackens mit dem Rest des Hawdala-Weins, damit der Luz genährt wird und bei Kräften bleibt.

Konzil

»Eine besondere Beziehung«

»Nostra Aetate« sollte vor 60 Jahren die Fenster der katholischen Kirche weit öffnen – doch manche blieben im christlich-jüdischen Dialog verschlossen. Ein Rabbiner zieht Bilanz

von David Fox Sandmel  21.11.2025

Toldot

An Prüfungen wachsen

Warum unsere biblischen Ureltern Hungersnöte und andere Herausforderungen erleben mussten

von Vyacheslav Dobrovych  20.11.2025

Kalender

Der unbekannte Feiertag

Oft heißt es, im Monat Cheschwan gebe es keine religiösen Feste – das gilt aber nicht für die äthiopischen Juden. Sie feiern Sigd

von Mascha Malburg  20.11.2025

Talmudisches

Gift

Was unsere Weisen über die verborgenen Gefahren und Heilkräfte in unseren Speisen lehren

von Rabbinerin Yael Deusel  20.11.2025

Jan Feldmann

Eine Revolution namens Schabbat

Wir alle brauchen einen Schabbat. Selbst dann, wenn wir nicht religiös sind

von Jan Feldmann  19.11.2025

Religion

Rabbiner: Macht keinen Unterschied, ob Ministerin Prien jüdisch ist

Karin Priens jüdische Wurzeln sind für Rabbiner Julian-Chaim Soussan nicht entscheidend. Warum er sich wünscht, dass Religionszugehörigkeit in der Politik bedeutungslos werden sollte

von Karin Wollschläger  19.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

USA

6500 Rabbiner auf einem Foto

»Kinus Hashluchim«: Das jährliche Treffen der weltweiten Gesandten von Chabad Lubawitsch endete am Sonntag in New York

 17.11.2025

Talmudisches

Torastudium oder weltliche Arbeit?

Was unsere Weisen über das rechte Maß zwischen Geist und Alltag lehren

von Detlef David Kauschke  14.11.2025