Interview

Fünf Minuten mit ...

Frau Kleiner, im Jüdischen Museum München ist derzeit die Ausstellung »Glaubst Du an den bösen Blick?« zu sehen. Glauben Sie an den bösen Blick?
Nein. Mir geht es eher um die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema.

Seit wann gibt es diesen Aberglauben?
Den gibt es ja nicht nur im Judentum, sondern in mehreren Kulturen. Die Tradition reicht lange zurück, wissenschaftlich ist das allerdings nicht genau datiert.

Was sagt das rabbinische Judentum dazu?
Es gab unterschiedliche Stimmen zu verschiedenen Zeiten. Maimonides beispielsweise sprach sich ausdrücklich gegen den Gebrauch von Amuletten aus. Aber grundsätzlich wurde dieser Volksglaube von den Rabbinern überwiegend toleriert.

In der Ausstellung wird ein Beschneidungsamulett gezeigt. Was hat es damit auf sich?
Dieses Beschneidungsamulett aus dem 19. Jahrhundert ist der Ausgangspunkt der Ausstellung. Es kam 2007 durch eine Schenkung in unserer Sammlung.

Welche Kraft wurde ihm zugesprochen?
Das steht in Verbindung zu dem Glauben, dass Lilith, die im Talmud als erste Frau bezeichnet wird, nach dem Leben von Säuglingen trachtet. Es heißt, dass sie als Mutter zahlreicher Dämonen mehr an männlichen Säuglingen interessiert ist. Das Neugeborene sollte bis zur Beschneidung vor bösen Geistern geschützt werden.

Sie zeigen in der Ausstellung auch die Hamsa, die schützende Hand?
Juden, die in der islamischen Kultur lebten, haben einiges von ihr übernommen. An den Mustern und der Ornamentik der Amulette ist das zu sehen, wie auch an dem Motiv der schützenden Hand. Hingegen ist die Gestaltung der Papieramulette des aschkenasischen Judentums eher nüchtern.

Zeigen die roten Bändchen, die zum Beispiel moderne Kabbalisten vertreiben, dass der Volksglaube immer noch aktuell ist?
Ja, wir stellen in der Ausstellung alte Amulette den Gegenwartsamuletten gegenüber. Wir zeigen zum Beispiel eines der Hamsa-Handamulette, die in Israel vor allem Touristen zum Kauf angeboten werden. Ich denke, die Menschen heute glauben nicht so fest daran, aber meinen, dass so ein rotes Bändchen ja auch nicht schadet.

Das Gespräch führte David Kauschke.

Piritta Kleiner ist Kuratorin der Ausstellung, die noch bis November im Jüdischen Museum München zu sehen ist.
www.juedisches-museum-muenchen.de

Acharej Mot – Kedoschim

Nur in Einheit

Die Tora lehrt, wie wir als Gemeinschaft zusammenleben sollen

von Rabbiner Raphael Evers  09.05.2025

Talmudisches

Von reifen Feigen

Wie es kam, dass Rabbi Josi aus Jokrat kein Mitleid mit seinen Kindern hatte

von Rabbiner Avraham Radbil  09.05.2025

Philosophie

»Der kategorische Imperativ liebt weder dich noch mich«

Die deutsch-jüdische Aufklärung hat einen gefährlichen Golem erschaffen, behauptet Michael Chighel in seinem neuesten Werk. Sein ehemaliger Schüler hat es gelesen und kritisch nachgefragt

von Martin Schubert  09.05.2025

Interview

»Wir brauchen einen Papst, der politisch trittsicher ist«

Nikodemus Schnabel über den interreligiösen Dialog und einen Favoriten des Papst-Konklaves, den er selbst gut kennt

von Michael Thaidigsmann  07.05.2025

Israel

Knesset-Ausschuss will Christen besser schützen

Übergriffe auf Christen in Israel sind keine Seltenheit - und werden mehr. Damit befasste sich nun ein Parlamentsausschuss. Er fordert ein systematisches Vorgehen gegen das beunruhigende Phänomen

 07.05.2025

Debatte

Jüdische Erwartungen an neuen Papst

Die Beziehungen zwischen der jüdischen Weltgemeinschaft und dem Vatikan sind belastet - vor allem seit dem 7. Oktober 2023. Was erwarten internationale jüdische Organisationen?

von Leticia Witte  06.05.2025

Tasria-Mezora

Segen der eigenen Scholle

Warum die »landgebundenen Gebote« der Tora dazu verpflichten, eine gerechte Gesellschaft zu formen

von Yonatan Amrani  02.05.2025

Talmudisches

Geben und Nehmen

Was unsere Weisen über Mond und Sonne lehren

von Vyacheslav Dobrovych  02.05.2025

Meinung

Jesus, Katrin und die Pharisäer

Katrin Göring-Eckardt zeichnet in einem Gastbeitrag ein negatives Bild der Pharisäer zur Zeit von Jesus. Dabei war der selbst einer

von Thomas Wessel  01.05.2025