Meinung

Feiertage für alle

Foto: thinkstock

Ich kenne es noch aus meiner Schulzeit: An Pessach oder Jom Kippur blieb man der Schule fern und ging in die Synagoge. Am nächsten Tag berichtete man seinen neugierigen und auf den freien Schultag eifersüchtigen Mitschülern über den Grund des Fehlens. »Einmal im Jahr will ich dann auch Jude sein«, hieß es damals bei manchem Schüler.

Jedes Jahr aufs Neue bleiben arbeitende Juden und Muslime in Deutschland zu Hause, wenn ihre Nachbarn mit ihren Familien um den Weihnachtsbaum sitzen oder im Garten nach Eiern suchen. Ihre eigenen Feiertage feiern Juden und Muslime oft in ihren Büros. In Deutschland werden wichtige christliche Feiertage – zu Recht – aus Tradition und Selbstverständnis gesetzlich zu arbeitsfreien Tagen erklärt, und zwar für alle, egal ob sie Christen, Atheisten, Juden, Muslime oder sonst was sind. Ist das ungerecht? Nicht wirklich. Ist es schade, dass Muslime und Juden nicht auch ihre Feiertage feiern? Ja, vielleicht.

Immer wieder hört man Vorschläge, dies zu ändern und auch jüdische und muslimische Feiertage zu gesetzlichen Feiertagen zu machen. So plädiert jetzt die Robert-Bosch-Stiftung für jeweils zwei zusätzliche Feiertage. Dabei beruft sich deren Studie auf das Problem der Ungleichbehandlung von Religionen. Die Idee ist begrüßenswert und wäre auch fair.

Ungleichgewicht Ein gewisses Ungleichgewicht gibt es bereits heute. Denn es gibt viele Berufe (Ärzte, Polizei unter anderem), in denen muslimische oder jüdische Kollegen einspringen und Arbeitsschichten übernehmen, während ihre Kollegen die Weihnachtsgans genießen. Dass nicht alle muslimischen und jüdischen Feiertage (und es sind wahrlich viele) zu arbeitsfreien Tagen werden sollen, liegt auf der Hand. Es ist weder praktikabel noch erwünscht. Auch nicht jedes christliche Fest ist ein gesetzlicher Feiertag. Einige christliche Feiertage, wie etwa der Buß- und Bettag, wurden schon gestrichen. Vertreter der Juden und Muslime könnten jeweils einen zentralen Feiertag bestimmen, der dazukommen soll.

Diese Jahreshöhepunkte der Juden und Muslime entwickeln dann als gesetzliche Feiertage eine andere – möglicherweise gewichtigere Wirkung. Denn die zusätzlichen Feiertage würden wie ihre christlichen Pendants für alle gelten.

Dabei ginge es weniger um die Frage der Gleichbehandlung, sondern vielmehr um ein Zeichen in die Gesellschaft hinein, aber auch nach außen. Dieses bunte Land würde sich endlich zu seiner Vielfalt bekennen und – rein symbolisch – mit Angehörigen anderer Religionen ihre Feiertage feiern. Die Wirkung wäre enorm und würde zu einem stärkeren Zusammengehörigkeitsgefühl in diesem doch stark von Misstrauen zerrütteten Land beitragen.

Der Autor ist Rechtsanwalt und 2. Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Kassel.

Chanukka

»Wegen einer Frau geschah das Wunder«

Zu den Helden der Makkabäer gehörten nicht nur tapfere Männer, sondern auch mutige Frauen

von Rabbinerin Ulrike Offenberg  18.12.2025

Essay

Chanukka und wenig Hoffnung

Das hoffnungsvolle Leuchten der Menorah steht vor dem düsteren Hintergrund der Judenverfolgung - auch heute wieder

von Leeor Engländer  18.12.2025

Chanukka

Berliner Chanukka-Licht entzündet: Selbstkritik und ein Versprechen

Überschattet vom Terroranschlag in Sydney wurde in Berlin am Mittwoch mit viel Politprominenz das vierte Licht an Europas größtem Chanukka-Leuchter vor dem Brandenburger Tor entzündet

von Markus Geiler  18.12.2025

Chanukka

Wofür wir trotz allem dankbar sein können

Eine Passage im Chanukka-Gebet wirkt angesichts des Anschlags von Sydney wieder ganz aktuell. Hier erklärt ein Rabbiner, was dahinter steckt

von Rabbiner Akiva Adlerstein  17.12.2025

Attentat in Sydney

»Was würden die Opfer nun von uns erwarten?«

Rabbiner Yehuda Teichtal hat bei dem Attentat in Sydney einen Freund verloren und wenige Stunden später in Berlin die Chanukkia entzündet. Ein Gespräch über tiefen Schmerz und den Sieg des Lichts über die Dunkelheit

von Mascha Malburg  16.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  15.12.2025

Chanukka

Das jüdische Licht

Die Tempelgeschichte verweist auf eine grundlegende Erkenntnis, ohne die unser Volk nicht überlebt hätte – ohne Wunder kein Judentum

von Rabbiner Aharon Ran Vernikovsky  12.12.2025

Deutschland-Reise

Israels Oberrabbiner besucht Bremen

Kalman Meir Ber trifft Bürgermeister Andreas Bovenschulte und die Präsidentin der Bremischen Bürgerschaft, Antje Grotheer (beide SPD)

 12.12.2025

Wajeschew

Ein weiter Weg

Das Leben Josefs verlief nicht geradlinig. Aber im Rückblick erkennt er den Plan des Ewigen

von Rabbinerin Yael Deusel  12.12.2025