Mischpatim

Einigkeit macht stark

Früher spendete jeder einmal im Jahr einen halben Schekel für den Tempel. Dieses Konzept kann uns auch heute etwas Wichtiges lehren

von Bryan Wood  12.02.2021 10:39 Uhr

Moderne israelische Münze: der halbe israelische Schekel Foto: Getty Images

Früher spendete jeder einmal im Jahr einen halben Schekel für den Tempel. Dieses Konzept kann uns auch heute etwas Wichtiges lehren

von Bryan Wood  12.02.2021 10:39 Uhr

In dem Abschnitt, den wir diese Woche, am Schabbat Schekalim, lesen, weist die Tora jeden Mann an, einen halben Schekel (bekannt als Machsit Haschekel) für das Gemeinschaftsopfer im Mischkan, dem Heiligtum, zu geben. Dieses Konzept des halben Schekels enthält wertvolle Lektionen, die uns die Tora lehren will: wie wir Hass und Zerstörung bekämpfen und stattdessen Einheit schaffen und eine bessere Zukunft aufbauen.

OPFER Als der Tempel in Jerusalem stand, spendete jeder Jude jedes Jahr einen halben Schekel an den Tempel. Das Geld wurde verwendet, um Vieh für die Gemeinschaftsopfer zu kaufen, die im Tempel dargebracht wurden. Und es wurde auch, wie in der Haftara dieser Woche erwähnt, für die Instandhaltung und den Unterhalt des Tempels verwendet.

Damals wurde die Ankündigung für die bevorstehende Sammlung des halben Schekels an Rosch Chodesch Adar gemacht, dem Anfang des letzten Monats im Jahr. Das liegt daran, dass die halben Schekel bis dahin bereit sein mussten, um die Gemeinschaftsopfer zu bezahlen.

Der dem Adar folgende Nissan ist der erste Monat im jüdischen Kalender. Weil es so wichtig war, dass jeder seinen Beitrag leistete, gab man den Männern den ganzen Monat Adar, um die Schekel vorzubereiten, damit sie rechtzeitig abgegeben werden konnten und jeder einen Anteil an den Gemeinschaftsopfern hatte.

Adar Das ist der Grund, warum die Lesung unseres Abschnitts mit der Erlösungswoche vor Rosch Chodesch Adar zusammenfällt, oder wie in diesem Jahr, an Rosch Chodesch Adar selbst, in Erinnerung an die Ankündigung, die zu Beginn des Adar gemacht wurde.

Im Talmud wird eine weitere tiefere Bedeutung im Zusammenhang mit der Abgabe des halben Schekels im Monat Adar erklärt. »Reisch Lakisch sagte: Es war dem Ewigen im Voraus bekannt, dass Haman eines Tages Schekel für die Zerstörung Israels zahlen würde. Deshalb nahm der Ewige die Schekel Hamans mit dem halben Schekel Israels vorweg. Und so haben wir gelernt, dass wir am ersten Adar die Verpflichtung verkünden, Schekel zu geben« (Megila 13b). Reisch Lakisch bezog sich auf die 10.000 Schekel, die der böse Wesir Haman bereit war, an König Achaschwerosch zu zahlen, damit er Hamans Plan ausführt und die Juden auslöscht.

Haman war versessen darauf, die Juden zu vernichten. Und Geld hatte er genug, er war der reichste Mann im persischen Reich. Sein Vermögen kam von den geraubten Schätzen aus dem Ersten Tempel nach dessen Zerstörung.

Als die Juden besonders schwach waren, ahnte Haman, dass die Zeit reif war, um zuzuschlagen. Er ging zu König Achaschewosch, und bevor er ihm das Geld für ihre Zerstörung anbot, nannte er die Juden »Mefuzar umefurad«, ein zerstreutes und verstreutes Volk. Da er die Zerstörung des Tempels möglicherweise selbst miterlebt hatte, wusste Haman, wo die Schwächen des jüdischen Volkes lagen.

Zwietracht Denn leider hatten sich die Juden im Laufe der Zeit untereinander in Zwietracht und Hass verstrickt und den halben Schekel und seine Botschaft vergessen. Wir wussten nicht mehr, dass wir allein unvollständig sind und einander brauchen, um ganz zu werden. Ohne den halben Schekel war der Tempel verloren.

Hamans Worte, die Juden seien verstreut und zerstreut, können wir so verstehen, dass sie einzeln stehen und voneinander getrennt sind. Es ist möglich, dass Haman den Grund nannte, warum der Erste Tempel zerstört worden war: Aus Mangel an Einheit und der Tatsache, dass jeder nur an sich selbst dachte anstatt an die Verantwortung für die Gruppe, hatten sie vergessen, den halben Schekel zu geben.

BESCHÜTZER Reisch Lakisch konnte einen solchen Beitrag für den Tempel nicht leisten, denn er lebte zu einer Zeit, da der Tempel nicht mehr stand. Doch er verstand, dass auch ohne Tempel der halbe Schekel das jüdische Volk retten konnte. Er sah ihn als Beschützer des jüdischen Volkes in einer Zeit ohne Tempel. Dank der Botschaft des halben Schekels würden die Juden vor jedem geschützt sein, auch vor Haman. Reisch Lakisch zufolge könnte, so wie das Geben des halben Schekels zur Zeit des Tempels, auch jedes Tun, um anderen zu helfen, entscheidend sein, um das jüdische Volk in der Zukunft zu bewahren.

Nachdem Hamans Komplott bekannt wurde, rief der jüdische Palastwächter Mordechai sofort seine Adoptivtochter Esther dazu auf, alle Juden in Schuschan zu versammeln (Esther 4,15). Mordechai hatte die Botschaft verstanden: Um Haman zu vereiteln, mussten sich alle Juden zusammenschließen und ihre Kräfte bündeln.

Zusammen sein statt auseinander, einander helfen statt einander ignorieren, auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten, statt gegeneinander – das führt zum Aufbau und nicht, wie der Weg Hamans, zur Zerstörung. Die Juden von Schuschan hatten sich zusammengetan. Daraus lernen wir, dass wir nur die Hälfte der Münze sind. Wenn wir uns aber mit anderen zusammentun, sind wir ganz.

Dies ist der Grund, warum Schabbat Schekalim mit dem Beginn von Adar zusammenfällt. Wir werden in der Zeit vor Purim an das lebenswichtige Gebot erinnert, den halben Schekel im Monat Adar zu geben. Das Geben des halben Schekels soll uns daran erinnern, an andere zu denken. Wir können anderen Menschen auf so unterschiedliche Art helfen – jetzt ist die Zeit, diese Pläne in die Tat umzusetzen.

LEKTION Nachdem die Juden von Schuschan in Einigkeit zusammengekommen waren, wurde der Spieß gegen Haman umgedreht. Der Galgen, den er für Mordechai vorbereitet hatte, wurde für Haman selbst verwendet.

Sobald sich die Juden von Schuschan vereinigten, wendete sich alles zu ihren Gunsten. Dies ist eine wertvolle Lektion für uns alle heute, und besonders in der schwierigen Zeit, die wir gerade erleben. Wenn wir uns um andere kümmern und ihnen in irgendeiner Weise helfen, haben unsere Handlungen die Macht, den Lauf der Geschichte zu verändern, wie wir an der Geschichte in der Megillat Esther deutlich sehen können. Der Monat Adar, der jetzt beginnt, ist die geeignete Zeit dafür.

Der Autor ist Kantor an der Prager Altneuschul und studiert am Rabbiner­seminar zu Berlin.

inhalt
Der Wochenabschnitt Mischpatim wird auch als Buch des Bundes bezeichnet. Hier geht es um Gesetze, die das Zusammenleben regeln. Der zweite Teil besteht aus Regelungen zur Körperverletzung, daran schließen sich Gesetze zum Eigentum an. Den Abschluss der Parascha bildet die Bestätigung des Bundes. Am Ende steigen Mosche, Aharon, Nadav, Avihu und die 70 Ältesten Israels auf den Berg, um den Ewigen zu sehen.
2. Buch Mose 21,1 – 24,18

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 23.04.2024

Korban Pessach

Schon dieses Jahr in Jerusalem?

Immer wieder versuchen Gruppen, das Pessachopfer auf dem Tempelberg darzubringen

von Rabbiner Dovid Gernetz  22.04.2024

Pessach

Kämpferinnen für die Freiheit

Welche Rolle spielten die Frauen beim Auszug aus Ägypten? Eine entscheidende, meint Raschi

von Hadassah Wendl  22.04.2024

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 23.04.2024

Mezora

Die Reinheit zurückerlangen

Die Tora beschreibt, was zu tun ist, wenn Menschen oder Häuser von Aussatz befallen sind

von Rabbinerin Yael Deusel  18.04.2024

Tasria

Ein neuer Mensch

Die Tora lehrt, dass sich Krankheiten heilsam auf den Charakter auswirken können

von Yonatan Amrani  12.04.2024

Talmudisches

Der Gecko

Was die Weisen der Antike über das schuppige Kriechtier lehrten

von Chajm Guski  12.04.2024

Meinung

Pessach im Schatten des Krieges

Gedanken zum Fest der Freiheit von Rabbiner Noam Hertig

von Rabbiner Noam Hertig  11.04.2024

Pessach-Putz

Bis auf den letzten Krümel

Das Entfernen von Chametz wird für viele Familien zur Belastungsprobe. Dabei sollte man es sich nicht zu schwer machen

von Rabbiner Avraham Radbil  11.04.2024