Tu Bischwat

»Ein Baum kann länger leben als ein Mensch«

Herr Rabbiner, ist Tu Bischwat das Neujahrsfest der Bäume, wie es genannt wird, oder ein Fest für die Bäume?
Es ist gar kein Festtag im eigentlichen Sinne. Tu Bischwat hatte eine andere Bedeutung. Im 3. Buch Moses lesen wir, dass es verboten ist, in den ersten drei Jahren eines Baumes dessen Früchte zu essen. Stellt sich die Frage: Wie alt ist ein Baum, wann ist sein Geburtstag? Also nimmt man einen bestimmten Stichtag im Frühling, den 15. im Monat Schwat. Dann gab es zudem das Gebot, jährlich ein Zehntel der Früchte als Gabe zum Tempel bringen. Auch hier war unklar, wann das Jahr beginnen und enden sollte. Es war also eher ein Tag im Steuer- oder Finanzjahr. Zum Feiertag mit Baumpflanzungen und dem Essen der Früchte ist Tu Bischwat erst später geworden.

Sie reden von Frühling und Baumpflanzungen. Wie passt das zu unserem derzeitigen arktischen Winter?
Dieser Tag passt – wie andere unserer Feiertage – zum landwirtschaftlichen Kalender und Klima Israels.

Sollte in einer Zeit, in der die Mehrheit der Juden außerhalb Israels lebt, die Feiertagsregelung nicht überdacht werden?
Gern, doch welchen Tag sollen wir stattdessen nehmen. Einen im Sommer? Dann wäre in der südlichen Welthälfte Winter. Das gleiche Problem haben wir mit Schawuot, wo bei uns auch noch nicht an Getreideernte zu denken ist. Dennoch brauchen wir eine Art Solidarität und Nostalgie. Und man braucht eine Übereinstimmung. In der Diaspora ist es eben nicht so einfach, bestimmte Bräuche einzuhalten. Aber das Essen von Früchten, die hier noch nicht wachsen oder geerntet werden können, wird uns zu Tu Bischwat durch die Supermärkte möglich gemacht.

Den Brauch, Bäume zu pflanzen, kann man nur drinnen mit kleinen Setzlingen pflegen?
Ich habe damals in England das Eis schon mal aufgepickt und ein Loch ausgehoben, um der Witterung trotzend doch einen Baum draußen zu pflanzen. Nur war der leider nach drei Tagen tot.

Welche zusätzliche Symbolik kann man dem Tag geben?
Wir sollen an die Umwelt denken. Dass für uns so viele Bäume gefällt, und ganze Wälder gerodet werden. Wir müssen verstehen, wie wichtig es ist, dass die Pflanzen existieren. Wir können darüber nachdenken, wie viele Jahre ein Baum braucht, bis er groß ist. Und dass ein Baum länger als ein Mensch leben kann. Dass jeder verpflichtet ist, mit der Natur sorgsam umzugehen. Das wäre ein relevantes universelles Thema, dem wir uns an Tu Bischwat widmen könnten.

Mit dem Landesrabbiner von Schleswig-Holstein sprach Detlef David Kauschke.

Essay

Chanukka und wenig Hoffnung

Das hoffnungsvolle Leuchten der Menorah steht vor dem düsteren Hintergrund der Judenverfolgung - auch heute wieder

von Leeor Engländer  21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Wajigasch

Mut und Hoffnung

Jakow gab seinen Nachkommen die Kraft, mit den Herausforderungen des Exils umzugehen

von Rabbiner Jaron Engelmayer  19.12.2025

Mikez

Füreinander einstehen

Zwietracht bringt nichts Gutes. Doch vereint ist Israel unbesiegbar

von David Gavriel Ilishaev  19.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Chanukka

»Wegen einer Frau geschah das Wunder«

Zu den Helden der Makkabäer gehörten nicht nur tapfere Männer, sondern auch mutige Frauen

von Rabbinerin Ulrike Offenberg  18.12.2025

Chanukka

Berliner Chanukka-Licht entzündet: Selbstkritik und ein Versprechen

Überschattet vom Terroranschlag in Sydney wurde in Berlin am Mittwoch mit viel Politprominenz das vierte Licht an Europas größtem Chanukka-Leuchter vor dem Brandenburger Tor entzündet

von Markus Geiler  18.12.2025

Chanukka

Wofür wir trotz allem dankbar sein können

Eine Passage im Chanukka-Gebet wirkt angesichts des Anschlags von Sydney wieder ganz aktuell. Hier erklärt ein Rabbiner, was dahinter steckt

von Rabbiner Akiva Adlerstein  17.12.2025

Attentat in Sydney

»Was würden die Opfer nun von uns erwarten?«

Rabbiner Yehuda Teichtal hat bei dem Attentat in Sydney einen Freund verloren und wenige Stunden später in Berlin die Chanukkia entzündet. Ein Gespräch über tiefen Schmerz und den Sieg des Lichts über die Dunkelheit

von Mascha Malburg  16.12.2025