Rezension

Bedienungsanleitung für Anfänger

Beantwortet Fragen zum Judentum Foto: Edition Books & Bagels

Rezension

Bedienungsanleitung für Anfänger

Der israelische Rabbiner Schmuel Bistritzky beantwortet häufig gestellte Fragen zum Judentum

von Chajm Guski  30.12.2013 12:40 Uhr

Heute werden Bücher nicht mehr unbedingt gedruckt, weil sie »gebraucht« oder als »wichtig« betrachtet werden, sondern dann, wenn es einen Markt für sie gibt und ein Businessplan Erfolg versprechend ist. Weil das nichtjüdische Interesse am Judentum nicht abzunehmen scheint, ist die Anzahl der Publikationen, die sich mit dem Judentum beschäftigen, nicht gerade gering. Es gibt also einen Markt für »Einführungen« aller Art. Einige haben einen historischen Fokus, andere einen Schwerpunkt auf dem Land Israel, wieder andere einen religionsphilosophischen.

Es gibt »kleine«, »kurze« und »schnelle« Einführungen ins Judentum. Die schlechteren unter diesen Einführungen bringen Mischungen aus vielen Themen. Sie bieten einen historischen Abriss an, versuchen, die Feiertage zu erläutern und noch ein paar Grundlagen à la »Was ist koscher?«. Es ist offensichtlich, dass man mit dieser Herangehensweise jedes Thema nur kurz streifen kann und keinem so richtig gerecht wird.

Vorbild Meisterhaft ist dies bisher nur Herman Wouk in seinem spannenden Buch Das ist mein G’tt gelungen. Damit wandte sich Wouk an Juden ohne jede religiöse Erziehung oder diejenigen, die sich von der amerikanischen »Mainstreamgesellschaft« assimilieren ließen.

Das Werk schlägt einen Bogen von den großen »philosophischen« Fragen zur konkreten jüdischen Praxis. Es erschien bereits 1961 in deutscher Übersetzung und ist, zu Unrecht, heute nur noch antiquarisch erhältlich. Für Nichtjuden und Juden ist das Buch unterhaltsam und interessant zu lesen, wobei es Juden gegenüber versucht, die Tür zur jüdischen Praxis zu öffnen. Die Frage ist aber, was dann passiert, wenn die Tür geöffnet ist.

Gibt es für diejenigen Juden, die sich für einen Einstieg oder auch für eine Erweiterung der jüdischen »Observanz« interessieren, deutschsprachiges Material? Der Markt scheint sehr klein oder nicht vorhanden zu sein. Diese Nische lotet nun die Reihe Judentum für Einsteiger aus. Und dieses Mal sind jüdische Einsteiger gemeint.

Praxis Der jüngst erschienene erste Band dieser Reihe namens Synagoge und Gebet zeigt, dass es tatsächlich ausschließlich um Praxis geht. Um diesen Bezug nicht zu verwässern, ist die Frage nach den halachischen Belegen für die Erläuterungen ausgeklammert worden. Das hat für diejenigen, die einen direkten Zugang suchen, den Vorteil, dass sie nicht versuchen müssen, langen Argumentationslinien zu folgen.

Für diejenigen, die etwas fortgeschritten sind, könnte es vielleicht interessant werden, tiefer einzusteigen. Es wäre dann sicherlich spannend, einige der aufgeworfenen Themen weiterverfolgen zu können. Etwa die Frage, warum einige Texte in aramäischer Sprache in die täglichen Gebete aufgenommen worden sind.

Es wird also detailliert beschrieben, was eine Synagoge ist, an welchen Orten man noch beten kann, was ein Siddur und ein Minjan sind – und noch viel eingehender, wie man einen Tallit anlegt und Tefillin benutzt. Es folgt dann die Beschreibung des werktäglichen Morgen-, Mittags- und Abendgebets und der Gebete für Rosch Chodesch, den Monatsanfang. Deren Elemente werden in der üblichen Reihenfolge kurz beschrieben und erklärt. Viele dieser Erläuterungen sind praktischer Art, während einige auch einen interpretatorischen Charakter haben.

Chabad Die teilweise bebilderten Anleitungen stammen vom israelischen Rabbiner Schmuel Bistritzky, der in Kfar Chabad lebt, und wurden als leichte Einführung in die jüdische Praxis in hebräischer Sprache veröffentlicht. Dessen Bruder Shlomo Bistritzky ist Gemeinderabbiner in Hamburg und hat das Buch nun in deutscher Sprache vorgelegt. Er möchte weitere Bände folgen lassen, die sich unter anderem mit dem Schabbat, einem jüdischen Haushalt und den jüdischen Feiertagen beschäftigen.

Diese praktische Bedienungsanleitung für das jüdische Leben sagt gleich in der Einführung, dass sie als Schwerpunkt den Nussach Ari beschreibt, also den Ritus der Gemeinden, die zu Chabad gehören – genau wie der Hamburger Rabbiner Shlomo Bistritzky.

Es zeigt sich hier, dass Chabad zu den aktivsten und niedrigschwelligsten Erklärern jüdischer Praxis gehört – dann aber bis ins kleinste Detail. Und selbst wenn man sich nicht zur Chabad-Bewegung rechnet, findet man hier eine zusammenhängende Beschreibung des Bereichs Synagoge und Wochentagsgebet in deutscher Sprache. Reibung dürften verschiedene Interpretationsansätze erzeugen. Dies wird aber letztendlich den Leser zur Beschäftigung mit den Themen anregen.

Welche Bände allerdings folgen sollen, scheint noch nicht klar zu sein. Im Buch wird auf die kommenden Ausgaben »Jüdisches Haus« und »Schabbat« verwiesen, allerdings gibt es noch keine konkrete Ankündigung, wann sie erscheinen.

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