Talmudisches

Affen

»Wer einen Elefanten sieht, einen Affen oder einen Geier, der spreche ›der die Geschöpfe unterschiedlich erschafft – meschaneh haberi’ot‹« (Brachot 58b). Foto: Getty Images/iStockphoto

Talmudisches

Affen

Was unsere Weisen über den Orang-Utan und seine Verwandten lehrten

von Chajm Guski  30.03.2023 10:56 Uhr

In der Entstehungszeit des Talmuds gehörten Affen weder im Land Israel noch in Babylonien zur natürlichen Tierwelt. Bekannt waren sie dennoch. Im ersten Buch der Könige (10,22) werden Affen (Kofim) mit vielem Luxusgut genannt: »Denn ein Schiff aus Tarschisch hatte der König im Meer mit der Flotte Hirams; einmal in drei Jahren kam ein Schiff aus Tarschisch, beladen mit Gold und Silber, mit Elfenbein, Affen und Pfauen.«

Es schien allgemein bekannt gewesen zu sein, wie Affen aussahen. Der Talmud legte eine besondere Bracha, einen Segensspruch, dafür fest: »Die Weisen lehrten: Wer einen Elefanten sieht, einen Affen oder einen Geier, der spreche ›der die Geschöpfe unterschiedlich erschafft – meschaneh haberi’ot‹« (Brachot 58b).

bracha Rabbiner Menachem Me’iri (um 1249–1316) schreibt, diese Bracha sei für diese Tiere zu sagen, weil sie in gewisser Weise an den Menschen erinnerten, aber dennoch sehr unterschiedlich seien. Im Traum sind Affen hingegen kein gutes Zeichen. In Brachot 57b heißt es: »Alle Arten von Tieren sind im Traum gutbedeutend: ausgenommen sind der Elefant, der Affe und die Meerkatze.«

Seit wann eine optische Ähnlichkeit bestand, kann der Midrasch erzählen. In Bereschit Rabba (23,6) wird gesagt: »Vier Dinge änderten sich zur Zeit des Enosch: Die Berge wurden felsig, die Verstorbenen begannen zu verfaulen, die Gesichter der Menschen wurden denen von Affen ähnlich, und die Menschen wurden anfällig für Dämonen.«

Der Affe dient also als negatives Schönheitsideal. Davon erzählt auch der Bericht von Rabbi Bena’a (Bawa Batra 58a) über seinen Besuch von Adams Grab. Er durfte den gesamten Körper Adams nicht sehen, lediglich die Fersen. So sprach er: »Ich schaute seine beiden Fersen, und sie glichen zwei Sonnenkugeln. Jeder andere Mensch erscheint vor Sara wie ein Affe vor einem Menschen; Sara vor Chawa wie ein Affe vor einem Menschen; Chawa vor Adam wie ein Affe vor einem Menschen; Adam vor der Göttlichkeit wie ein Affe vor einem Menschen.«

ÜBERSEE Wie kam man an Affen? Nedarim (50b) berichtet von Raw Gamda: »Er gab Matrosen vier Zusim, damit sie ihm im Austausch dafür etwas aus Übersee mitbringen sollten. Da sie jedoch nichts Wertvolles fanden, kauften sie ihm mit den Münzen einen Affen und brachten ihn mit. Der Affe entkam und verschwand in einem Loch. Als sie nach ihm gruben, um ihn zu bergen, fanden sie ihn über Perlen kauernd, und sie brachten Raw Gamda alle Perlen.« So kam Rabbi Gamda durch einen Affen zu Reichtum.

Auch sonst scheinen Affen als »Werkzeug« Verwendung gefunden zu haben. Etwa für die Errichtung eines Eruws: Um diesen zu errichten, müssen Lebensmittel an einen zugänglichen Ort gebracht werden. Dies kann ein Bote tun. Als Stellvertreter. In Me’ila (21a) sagt Rabbi Jochanan, dass dies auch ein Affe erledigen könne: »Wenn man den Eruw einem Affen auf den Rücken gelegt und er ihn hingebracht hat, oder einem Elefanten auf den Rücken gelegt und er ihn hingebracht hat, und jemanden beauftragt hat, ihn in Empfang zu nehmen, so ist er gültig.«

Einen viel größeren Affen treffen wir in der Mischna (Kalajim 8,5). Einige Übersetzer, wie Ascher Sammter (1807–1887), übertragen »Adnei Hasadeh« mit Orang-Utan, wenn besprochen wird, wessen Leichnam ein Zelt unrein macht: »Der Orang-Utan ist als wildes Tier zu betrachten.«
Der Talmud Jeruschalmi beschreibt dieses Tier etwas genauer: »Rabbi Josej aus Arki sagte: Er ist ein Bergmensch und lebt von seinem Nabel. Wenn seine Nabelschnur durchtrennt wird, kann er nicht leben« (Kalajim 8,4).

Das kann heute belächelt werden, aber zur Zeit des Talmuds wird man nur selten einen Affen zu Gesicht bekommen haben, dementsprechend diente er als Projektionsfläche für die hässliche Seite des Menschen.

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Rosch Haschana

Jüdisches Neujahrsfest: Bischöfe rufen zu Verständigung auf

Stäblein und Koch betonten in ihrer Grußbotschaft, gerade jetzt dürfe sich niemand »wegducken angesichts von Hass und Antisemitismus«

 16.09.2025

Bayern

Merz kämpft in Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  17.09.2025 Aktualisiert

Ki Tawo

Echte Dankbarkeit

Das biblische Opfer der ersten Früchte hat auch für die Gegenwart eine Bedeutung

von David Schapiro  12.09.2025

Talmudisches

Schabbat in der Wüste

Was zu tun ist, wenn jemand nicht weiß, wann der wöchentliche Ruhetag ist

von Yizhak Ahren  12.09.2025

Feiertage

»Zedaka heißt Gerechtigkeit«

Rabbiner Raphael Evers über Spenden und warum die Abgabe des Zehnten heute noch relevant ist

von Mascha Malburg  12.09.2025

Chassidismus

Segen der Einfachheit

Im 18. Jahrhundert lebte in einem Dorf östlich der Karpaten ein Rabbiner. Ohne je ein Werk zu veröffentlichen, ebnete der Baal Schem Tow den Weg für eine neue jüdische Strömung

von Vyacheslav Dobrovych  12.09.2025

Talmudisches

Stillen

Unsere Weisen wussten bereits vor fast 2000 Jahren, was die moderne Medizin heute als optimal erkennt

von David Schapiro  05.09.2025

Interview

»Die Tora ist für alle da«

Rabbiner Ethan Tucker leitet eine Jeschiwa, die sich weder liberal noch orthodox nennen will. Kann so ein Modell auch außerhalb New Yorks funktionieren?

von Sophie Goldblum  05.09.2025