Immobilie

400 Silberschekel für eine Höhle

»So wurde Efrons Acker in Machpela östlich von Mamre Avraham zum Eigentum bestätigt« (1. Buch Moses 23,17 ): jüdische Kinder vor dem Patriarchengrab in Hebron Foto: Flash 90

Unser Wochenabschnitt beginnt mit dem Bericht über den Tod Saras, der ersten jüdischen Frau. Avraham ist noch in Trauer und verhandelt dennoch mit den Hethitern über den Erwerb der Höhle Machpela als Begräbnisstätte für seine Sippe.

Es mutet in der heutigen Zeit etwas ungewöhnlich an, wenn jemand nach dem schmerzlichen Verlust seiner Frau um den Preis des Grabes feilscht. Ein früher Moralist, Rabbenu Bachja, meinte zu diesem Textabschnitt: Obwohl unsere Vorfahren das Land der g’ttlichen Verheißung vor allem mit Gewalt in Besitz genommen haben, befinden sich dort dennoch drei besondere Orte, die allem Anschein nach wichtiger, wertvoller und bedeutender sind als andere.

Diese wurden allesamt nach dem üblichen orientalischen Handel für Geld erworben. Es sind die Höhle Machpela bei Hebron, die Berge Gerisim und Ewal bei Sch’chem, dem heutigen Nablus, und der Berg Morija, der Tempelberg in Jerusalem.

eigentum Die Höhle Machpela erwarb Avraham für 400 Silberschekel. Nach dieser ersten Immobilientransaktion in der biblischen Geschichte sagt die Schrift: »So wurde Efrons Acker in Machpela östlich von Mamre Avraham zum Eigentum bestätigt, mit der Höhle darin und mit allen Bäumen auf dem Acker umher, vor den Augen der Hethiter und aller, die beim Tor seiner Stadt versammelt waren« (1. Buch Moses 23, 17-18).

Aus der genauen Beschreibung erfahren wir, dass die Verhandlungen nicht geheim im Zelt des Fürsten geführt wurden, sondern öffentlich vor den Stadttoren, vor den Augen und Ohren der Öffentlichkeit, dort, wo üblicherweise die Gerichtsverhandlungen stattfanden. Es wurde genau festgelegt, wer der Käufer und wer der Verkäufer war, wie hoch die Kaufsumme war und in welcher Währung sie entrichtet werden musste.

Aus der Beschreibung gehen die Ausdehnung und sogar die Zahl der Obstbäume hervor. Niemand sollte versuchen, sich aus einer ungenauen Formulierung Vorteile zu verschaffen. Es gab damals keine katasteramtlichen, notariell bestätigten Urkunden. Die anwesende Öffentlichkeit des Ortes bürgte für die Richtigkeit und Dauerhaftigkeit des Handels.

widerspruch Avrahams Worte, die er anlässlich des Grabkaufs an die Hethiter richtete, sind aus mehreren Gründen sehr lehrreich. Er stellte sich vor und sagte: »Ich bin ein Fremder und ein Einwohner bei euch« (23,4). In diesen Worten steckt ein Widerspruch. Wie ist es möglich, dass sich jemand gleichzeitig als Fremder und als Einwohner sieht?

Raw Eugene Jacob Dushinsky, der frühere Rabbiner von Kapstadt, stellt Avraham in seinem Buch Beikwe Paraschiot als Einwanderer dar. Er teilt Migranten in zwei Kategorien ein: solche, die ein Leben lang fremd in ihrer neuen Umgebung und gleichgültig gegenüber der Situation vor Ort bleiben. Ihre Nachbarn sehen sie daher als Fremde, die nicht imstande sind, irgendeinen Einfluss an ihrem jetzigen Wohnort auszuüben. Zur zweiten Kategorie gehören diejenigen ohne kulturelle Autonomie, die ihnen am neuen Ort Selbstsicherheit schenken könnte. Sie assimilieren sich widerstandslos, weil sie ihre eigene Vergangenheit und ihre Erinnerungen ohne Weiteres verdrängen können und wollen. Sie werden mangels eigener kultureller Werte keinerlei Einfluss auf ihre Umgebung ausüben können.

Ganz anders sei es in Avrahams Fall gewesen, betont Raw Dushinsky. Wohin der Patriarch auch kam, nahm er seinen Glauben mit. Gleichzeitig hatte er die Umgebung beobachtet und sich mit ihrer Lage auseinandergesetzt. Daher konnte er also zutreffend behaupten: »Ger weToschaw anochi imachem« – »ich bin ein Fremder und ein Einwohner bei euch« (23,4). Zwei Kulturen vereinigte er in seinem Wesen und in seinen Handlungen.

friedhof Diese Parascha leitet uns auf den Spuren Avrahams auch zu dem Begriff »Kewer Jisrael«, zur verbindlichen Einrichtung des jüdischen Friedhofs. Dieser entstand, noch bevor es Juden als Volk gab. Im Laufe der Jahrhunderte der Wanderungen ist »Kewer Jisrael« der entscheidende Fakt in der Bewahrung der Einheit unseres Volkes geworden.

Avrahams Enkel Jakov erwarb den Ort Sch’chem. Die Schrift bemerkt zu diesem Handel: »Danach kam Jakov wohlbehalten zu der Stadt Sch’chem, die im Land Kanaan liegt, nachdem er aus Mesopotamien gekommen war, und lagerte vor der Stadt und kaufte das Land, wo er sein Zelt aufgeschlagen hatte, von den Söhnen Hamors, des Vaters Sch’chems, für hundert Goldstücke« (1. Buch Moses 33,18). Der rabbinische Kommentator fügt an, dass Jakov, ohne zu zögern, den vollen Preis entrichtete.

Und David, der legendäre König Israels, erwarb den Berg Morija in Jerusalem. An dieser Stelle erbaute Schlomo, sein Sohn, nach dem Tod des Vaters das erste Heiligtum Israels. Unsere Ahnen wollten durch den Erwerb dieser Orte auch ihre Besitzrechte im Land der Verheißung stärken. Sie wollten ihren Anspruch auf diese Stätten unanfechtbar machen. Die Machpela, die Grabstätte der Ahnen, ist bis heute ein bedeutendes Ziel religiöser Pilgerfahrten. Die Berge Gerisim und Ewal sind Zeugen des g’ttlichen Bundes in der Natur des Heiligen Landes, da das Volk dort die Bundesverpflichtungen übernahm.

Und schließlich der Berg Morija, die Stätte, an der einst der Tempel stand. Sie ist geistiges Zentrum des jüdischen Kultes und Sinnbild der nationalen Unabhängigkeit geblieben. Sie ist die einzige Stätte des Landes, deren Heiligkeit unvergänglich ist. Dies muss sogar in der heutigen Zeit die staatliche israelische Fluggesellschaft beachten: Ihre Maschinen dürfen den Tempelberg nicht überfliegen.

Der Autor war von 1981 bis 2002 Landesrabbiner von Württemberg.

Inhalt
Der Wochenabschnitt Chaje Sara beginnt mit Saras Tod und dem Kauf der Grabstätte »Mearat Hamachpela« durch Avraham. Dieser Kauf wird sehr ausführlich geschildert. Später
beauftragt Avraham den Knecht Elieser, für seinen Sohn eine geeignete Frau zu suchen. Er findet in Riwka die richtige Partnerin für Jitzchak. Auch Avraham bleibt nicht allein. Er heiratet eine Frau namens Ketura. Schließlich stirbt er und wird in der Höhle begraben, in der auch Sara beigesetzt ist.
1. Buch Moses 23,1 – 25,18

Wajera

Awrahams Vermächtnis

Was wir vom biblischen Patriarchen über die Heiligkeit des Lebens lernen können

von Rabbiner Avraham Radbil  07.11.2025

Talmudisches

Rabbi Meirs Befürchtung

Über die falsche Annahme, die Brachot, die vor und nach der Lesung gesprochen werden, stünden im Text der Tora

von Yizhak Ahren  07.11.2025

Festakt

Ministerin Prien: Frauen in religiösen Ämtern sind wichtiges Vorbild

In Berlin sind zwei neue Rabbinerinnen ordiniert worden

 06.11.2025

Chassidismus

Im Sturm der Datenflut

Was schon Rabbi Nachman über Künstliche Intelligenz wusste

von Rabbiner David Kraus  06.11.2025

Rezension

Orthodoxer Rebell

Sein Denken war so radikal, dass seine Werke nur zensiert erschienen: Ein neues Buch widmet sich den Thesen von Rabbiner Kook

von Rabbiner Igor Mendel  06.11.2025

Potsdam

Abraham-Geiger-Kolleg ordiniert zwei Rabbinerinnen

In Deutschlands größter Synagoge Rykestraße in Berlin-Prenzlauer Berg werden an diesem Donnerstag zwei Rabbinerinnen ordiniert. Zu der Feier wird auch Polit-Prominenz erwartet

 05.11.2025

Vatikan

Theologe: Antisemitismus bei Vatikan-Konferenz kein Einzelfall

Der Salzburger Theologe Hoff berichtet über Eklats bei einer jüngsten Vatikan-Konferenz. Ein Schweizergardist soll sich verächtlich über Mitglieder einer jüdischen Delegation geäußert und in ihre Richtung gespuckt haben

 04.11.2025

Wittenberg

Judaistin kuratiert Bildungsort zur Schmähplastik

Die Darstellung der sogenannten »Judensau« an der Wittenberger Stadtkirche, der früheren Predigtkirche des Reformators Martin Luther (1483-1546), gehört in Deutschland zu den bekanntesten antisemitischen Darstellungen des Mittelalters

 02.11.2025

Lech Lecha

Im Sinne der Gerechtigkeit

Awraham war der Erste in der Menschheitsgeschichte, der gegen das Böse aufstand

von Rabbiner Salomon Almekias-Siegl  31.10.2025