Berlin

Zwölf Millionen Euro für 31 Einzelvorhaben

Gaben Auskunft über den aktuellen Stand der Forschung zu Antisemitismus und Rechtsextremismus: Bundesforschungsministerin Anja Karliczek und Antisemitismusbeauftragter Felix Klein Foto: imago images/Political-Moments

Anfeindungen von Jüdinnen und Juden haben eine neue Qualität erreicht, jüdisches Leben in Deutschland ist so bedroht wie schon lange nicht mehr. Das sagte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek heute vor Journalisten in Berlin und machte dabei deutlich: »Unser freies demokratisches Land muss sich dieser Bedrohung beherzt entgegenstellen. Und dazu brauchen wir wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse, mit welchen Schlüsseln wir den Antisemitismus wirksam bekämpfen können.«

Ihr Ministerium habe in den vergangenen Wochen und Monaten eine Vielzahl von Projekten ausgewertet und begutachtet, von denen einige in diesen Tagen anlaufen. Dafür würden ab sofort zwölf Millionen Euro über vier Jahre bereitgestellt, zehn Forschungsverbunde mit 31 Einzelvorhaben gefördert.

»Sie werden das Thema Antisemitismus aus ganz verschiedenen Blickwinkeln beleuchten«, kündigte die CDU-Politikerin an. Insgesamt flössen in den kommenden vier bis fünf Jahren Fördermittel im Umfang von 35 Millionen Euro, sagte Karliczek.

ursachen Es gelte dabei, nicht an der Oberfläche zu bleiben, sondern mit den Projekten den Ursachen auf den Grund gehen. Auch in Schulen soll Sensibilisierung und Aufklärung stattfinden, so Karliczek: »Es soll herausgefunden werden, welche Formen von Antisemitismus in Schulen vorkommt.« Digitales Unterrichtsmaterial soll entwickelt werden, auch dem Phänomen des Judenhasses und der Hetze im Internet soll nachgegangen, die Ausprägungen in sozialen Medien analysiert werden.

Auch in Schulen soll Sensibilisierung und Aufklärung stattfinden.

Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung, begrüßte das breite Spektrum von vernetzten Forschungsvorhaben: »So stellen wir sicher, dass das erzeugte Wissen ausgetauscht, verbreitet und weiter genutzt wird und die Expertise vieler gebündelt werden kann.«

Mit Blick auf das Corona-Jahr 2020 sagte er, Antisemitismus habe in der Bewegung von Corona-Leugnern und »Querdenkern« wie ideologischer Kitt gewirkt. Verschwörungsmythen aller Art hätten Hochkonjunktur. Er habe im Rahmen der vom Kabinettsausschuss beschlossenen Maßnahmen ein Forschungsprojekt angestoßen, in dem die Überschneidungen von Judenhass und Rechtsextremismus sowie das Einsickern extremer Positionen in die Gesellschaft untersucht werden sollen.

Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht und Finanzminister Olaf Scholz (beide SPD) erklärten, Extremismus - vor allem Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus - sei die größte Bedrohung für eine offene und demokratische Gesellschaft. Die Regierung stelle sich dem »nicht nur mit warmen Worten, sondern mit klaren Taten« entgegen, sagte Scholz. Das Bundeskabinett hatte zuvor
den 2. Bericht über die Wirksamkeit der Demokratieförderprogramme des Bundes gebilligt.

Die Regierung stelle sich dem Judenhass »nicht nur mit warmen Worten, sondern mit klaren Taten« entgegen, betont Olaf Scholz.

Im Zentrum stand das Programm »Demokratie leben!«, das bis 2024 mit 600 Millionen Euro ausgestattet worden ist. Das Familienministerium fördert bundesweit mehr als 500 Präventionsprojekte für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die sich für Demokratie und gegen Extremismus einsetzen. Das Programm war 2020 entfristet worden. Den Sozialdemokraten gelang es aber gegen den Widerstand der Union nicht, die Demokratieförderung auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen. Die Initiativen müssen die Mittel für ihre Arbeit deshalb immer wieder neu beantragen. ddk/epd

Lesen Sie morgen in unserer Printausgabe ein ausführliches Interview zum Thema mit dem Antisemitismusbeauftragten Felix Klein.

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