Antisemitismus

Zur Strafe nach Dachau

Der junge Mann muss eine Einzelführung durch die Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen KZ Dachau mitmachen. Foto: dpa

Ein pädagogisches Urteil hat das Landgericht München im Mai gefällt. Zu einer vergleichsweise geringen Geldstrafe von 400 Euro für einen Jugendlichen, der zwei jüdische Zwillinge jahrelang in der Schule antisemitisch drangsalierte, kommen noch weitere Auflagen: Der junge Mann muss eine Einzelführung durch die Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen KZ Dachau mitmachen. Und er hat 30 Lesestunden zum Thema »Drittes Reich« zu absolvieren. Sein dort gewonnenes Wissen wird später abgefragt, und wenn er fehlerhaft antwortet, muss er in einen »Ungehorsamsarrest«.

ausflüchte »Große Genugtuung« empfindet der Vater der Zwillinge über das Urteil. Der Richter habe das Verfahren souverän ge-
führt und bei Ausflüchten oder Verharmlosungen konsequent nachgefragt. Seinen Namen möchte das Mitglied der Israelitischen Kultusgemeinde München nicht veröffentlicht wissen.

Einen rechtsextremen Hintergrund bei dem jungen Mann, der zur Hauptverhandlung mit seinem Vater erschienen war, schloss das Gericht aus. Auch der Vertreter der Jugendgerichtshilfe, der die Familie besucht hatte, konnte bei dem jungen Mann, der seine Wurzeln nicht in Deutschland hat, keine Nähe zu Neonazis entdecken. Es ergab sich eher das Bild eines ahnungslosen und gewaltbereiten Jugendlichen.

beleidigungen Die Zwillinge waren jahrelang mit dem verurteilten Täter in dieselbe Klasse einer Wirtschaftsschule nahe München gegangen. Mit Begriffen wie »Saujude« oder »Juden ins Gas« wurden sie auf dem Schulhof beleidigt. Auch den Hitlergruß soll der Mitschüler gezeigt haben, sogar im Unterricht und im Beisein eines Lehrers. Beleidigungen wurden auch per SMS und E-Mail verschickt. Der Vater erfuhr von den Vorfällen erst, nachdem einer seiner Söhne von dem Täter auf dem Schulhof angegriffen und gewürgt worden war.

Als die Polizei ermittelte, fanden sich Mitschüler, die bereit waren, gegen den Täter auszusagen. »Dass man die Kinder, die so tapfer waren, vor Gericht reden zu wollen, nicht geladen hat«, bedauert der Vater. Und dass sich im Laufe des Verfahrens, das als Jugendstrafprozess nicht öffentlich war, gezeigt hat, dass solche Vorfälle aus vielen Schulen gemeldet wurden, erschüttert ihn.

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