Diplomatie

»Ein erster Schritt«: Zentralrat der Juden lobt Außenminister Wadephul

Außenminister Johann Wadephul Foto: IMAGO/Political-Moments

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) für seine jüngsten Äußerungen zu Israel kritisiert. Wadephul hatte nicht nur behauptet, dass die Bundesregierung sich durch Antisemitismusvorwürfe der israelischen Regierung »nicht unter Druck setzen und in eine Position bringen« lassen werde, »dass wir zu einer Zwangssolidarität gezwungen werden«. Er hatte außerdem Waffenexporte nach Israel an eine völkerrechtliche Prüfung des Krieges gegen die Hamas im Gazastreifen geknüpft.

»Niemals darf Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung israelbezogenem Antisemitismus Vorschub leisten. Außenminister Wadephul war mit der Verwendung von Begriffen wie ›Zwangssolidarität‹ und der zwischenzeitlichen Infragestellung deutscher Waffenverkäufe nach Israel in den vergangenen Tagen leider unklar in der Kommunikation - er muss zu einer eindeutigen Linie zurückfinden, wenn er glaubhaft an der Seite Israels stehen will«, teilte Zentralratspräsident Josef Schuster am Donnerstag mit.

Sowohl Außenminister Johann Wadephul als auch Bundeskanzler Friedrich Merz hatten Israel in den vergangenen Tagen ungewöhnlich scharf kritisiert und dafür auch Kritik aus den eigenen Reihen bekommen.  »Freunde kann man kritisieren, aber nicht sanktionieren. Das wäre das Ende der Staatsräson gegenüber Israel, und das ist mit der CSU nicht zu machen, sagte etwa der CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann zu Wadephuls Forderung, Waffenexporte zu prüfen.

Kanzler Merz hatte Ende Mai öffentlich erklärt, dass er nicht mehr verstehe, welches Kriegsziel die israelische Armee im Gazastreifen verfolge. Das Leid der Zivilbevölkerung ließe sich nicht mehr mit dem Kampf gegen die Terroristen der Hamas begründen, so Merz. Wo Völkerrecht verletzt werde, müsse auch der Kanzler etwas sagen. Kabinettsintern soll Innenminister Alexander Dobrindt gesagt haben, dass er diese Ansicht nicht teile.

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Zentralratspräsident Schuster wertete jedoch den Besuch von Israels Außenminister Gideon Sa’ar in Berlin als positives Zeichen. »Das heutige Treffen mit dem israelischen Außenminister Gideon Saar war ein erster Schritt in diese Richtung. Was in Deutschland vielen nicht mehr klar zu sein scheint: Der 7. Oktober 2023 ist bis heute ein Trauma und eine offene Wunde für Israel, noch mehr als 600 Tage später hält die Hamas Geiseln fest. Die Existenz Israels kann nur ohne die Hamas gesichert sein, die mit der Freilassung der Geiseln und dem Niederlegen der Waffen das Leid der unschuldigen Zivilbevölkerung in Gaza selbst beenden könnte«, so der Zentralratspräsident.

Blumen am Holocaust-Mahnmal

Die Amtskollegen Gideon Sa’ar und Johann Wadephul haben am Holocaust-Mahnmal in Berlin der rund sechs Millionen unter der Nazi-Herrschaft ermordeten Juden Europas gedacht.

»Der Kampf gegen Antisemitismus, das Einstehen für jüdisches Leben in Deutschland und der Einsatz für die Sicherheit und für eine friedliche Zukunft des Staates Israel ist uns Verpflichtung und wird es bleiben«, sagte Wadephul (CDU), der gemeinsam mit Sa’ar einen Kranz an der Gedenkstätte niederlegte. Sa’ar kritisierte, 80 Jahre nach dem Ende des Holocaust scheine es, als ob die Lehren daraus vergessen seien.

Die Gedenkstätte »mahnt uns Deutsche, der Opfer zu gedenken, die Überlebenden zu würdigen und die Lehren aus den Menschheitsverbrechen der Schoah zu ziehen«, sagte Wadephul. Dass die Zahl antisemitischer Straftaten einen neuen Höchststand erreicht habe, dass Jüdinnen und Juden sich in Deutschland nicht mehr sicher fühlten und ihre Kinder ermahnten, auf der Straße kein Hebräisch zu sprechen, »das beschämt mich zutiefst. Und deshalb wird sich die Bundesregierung jeder Form des Antisemitismus mit Klarheit, mit Härte und mit Konsequenz entgegenstellen.«

Sa’ar kritisierte, 80 Jahre nach dem Ende des Holocaust scheine es, als ob die Lehren daraus vergessen seien. »Der Antisemitismus wütet heute ungehindert auf der Welt und insbesondere auf europäischem Boden.« In Deutschland gebe es stündlich einen antisemitischen Vorfall – 8600 im Jahr 2024, eine Steigerung von 77 Prozent. »Heute haben Juden in Europa und Deutschland Angst.« Dies dürfe nicht zur Normalität werden. Der Antisemitismus von 2025 habe viele Schattierungen, sei am rechten Rand wie unter Linken verbreitet.

»Israel, dem am meisten angegriffenen und bedrohten Land der Welt, soll das Recht auf Selbstverteidigung genommen werden«, sagte Sa’ar offensichtlich vor dem Hintergrund von Sanktionsdrohungen auch aus Europa gegen Israel wegen des Vorgehens der israelischen Regierung im Gazastreifen. Sein Land, die einzige Demokratie im Nahen Osten, werde bedroht durch den Iran, die Hamas, die Huthi im Jemen und die Hisbollah im Libanon. »Was unternimmt die internationale Gemeinschaft, um diesen offenen Dschihadismus zur Vernichtung des einzigen jüdischen Staates zu stoppen?«

Vor dem Hintergrund der Diskussion über künftige Waffenlieferungen aus Deutschland ergänzte Sa’ar: »Wir wollen uns selbst verteidigen. Dazu brauchen wir Mittel und Werkzeuge« – genau jene Mittel, die dem israelischen Volk insbesondere im Holocaust gefehlt hätten. ja/dpa

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