Die Kritik an der »Deutschen Welle« (DW) wegen ihrer Nahost-Berichterstattung hat eine neue politische Dimension erreicht: Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hat den Sender zu einer offiziellen Stellungnahme aufgefordert. Hintergrund sind Vorwürfe aus dem eigenen Haus, die »Deutsche Welle« berichte einseitig über den Krieg in Israel und Gaza und verstoße gegen journalistische Standards.
Wie die »Evangelische Zeitung« berichtet, haben sich mehrere Mitarbeiter – darunter auch Führungskräfte – kritisch über die redaktionelle Linie des Senders geäußert. Sie werfen der DW vor, Israel in der Berichterstattung regelmäßig zu dämonisieren und kaum kritisch über die Hamas oder die libanesische Hisbollah zu berichten. Auch gegen antisemitische Kommentare in den sozialen Netzwerken des Senders gehe man nur unzureichend vor.
In einer Stellungnahme ließ der Kulturstaatsminister über seine Sprecherin mitteilen, man nehme solche Hinweise »sehr ernst«. Die Gremien der »Deutschen Welle« seien verpflichtet, Vorwürfen über Verstöße gegen Ausgewogenheit und journalistische Standards sorgfältig nachzugehen. Für Staatsminister Weimer habe der Einsatz gegen jede Form von Antisemitismus höchste Priorität – das gelte insbesondere für öffentlich finanzierte Medien.
Mediale Täter-Opfer-Umkehr
Die »Evangelische Zeitung« hatte zuvor exklusiv über die internen Vorwürfe berichtet. Demnach herrscht Unmut über eine Berichterstattung, die Israel häufig als Hauptverantwortlichen für die Eskalation im Nahen Osten darstelle – während Angriffe durch Terrororganisationen kaum Erwähnung fänden. Der Vorwurf: Eine mediale Täter-Opfer-Umkehr.
Eine Sprecherin der »Deutschen Welle« wies die Anschuldigungen zurück: Man berichte faktenbasiert, umfassend und ausgewogen. Der Vorwurf, Israel zu dämonisieren, entbehre jeder Grundlage.
Die DW wird nicht über Rundfunkbeiträge, sondern über Mittel aus dem Bundeshaushalt finanziert. Sie sendet in 32 Sprachen, beschäftigt rund 4000 Menschen aus über 140 Ländern und erreicht nach eigenen Angaben wöchentlich 320 Millionen Nutzer weltweit. Noch-Intendant Peter Limbourg soll im Herbst von der bisherigen Verwaltungsdirektorin Barbara Massing abgelöst werden.
Weimer hatte kürzlich im »Deutschlandfunk« betont, wie wichtig unabhängige Stimmen wie die »Deutsche Welle« in autoritären Zeiten seien – und zugleich klargemacht, dass diese Verantwortung auch journalistische Integrität voraussetze. ja