Politik

»Wir suchen nach einer Haltung«

Nachman Shai Foto: Flash 90

Politik

»Wir suchen nach einer Haltung«

Nachman Shai über die konstituierende Sitzung des Bundestags und das Verhältnis israelischer Politiker zur AfD

von Ayala Goldmann  16.10.2017 21:19 Uhr

Herr Shai, am 24. Oktober tritt der Bundestag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Wird die israelisch-deutsche Freundschaftsgruppe in der Knesset, der Sie vorstehen, Abgeordnete der rechtspopulistischen AfD wie Parlamentarier anderer Parteien behandeln?
Wir haben uns noch nicht auf eine Linie festgelegt, die Knesset war bis vor Kurzem in einer Sitzungspause. Ich werde in dieser Frage auch den Rat des scheidenden Bundestagspräsidenten Norbert Lammert einholen, bevor wir eine Entscheidung treffen. Kein Zweifel, die Abgeordneten der AfD wurden demokratisch gewählt, und sie vertreten einen bedeutsamen Anteil der deutschen Bevölkerung. Aber das ist genau das, was mir Sorgen bereitet: Wie haben es die Rechtspopulisten bloß geschafft, bei den Wahlen so viele Stimmen zu holen – und zwar nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich?

Was macht Ihnen am meisten Sorgen?
Der Hass auf Fremde – und der latente Antisemitismus. Es geht zwar gegen Muslime, nicht gegen Juden. Aber ich denke, dass überall, wo derart massiver Hass gegen Andersgläubige und Andersdenkende vorhanden ist, auch der Antisemitismus leicht mobilisiert werden kann.

Haben AfD-Politiker denn schon versucht, Kontakt mit Ihner Gruppe aufzunehmen?
Bis jetzt hat sich niemand von ihnen an mich persönlich gewandt.

Wissen Sie von anderen rechtspopulistischen Politikern aus Europa, die versuchen, Beziehungen nach Israel zu knüpfen?
Es gibt immer Verrückte und Leute, die bereit sind, solche Politiker aufzunehmen. Zum Beispiel gehen sie in Siedlungen und werden auf einmal Freunde von Siedlern – der gemeinsame Nenner ist Hass auf Muslime oder Araber. In der Vergangenheit gab es solche Begegnungen, ich kann aber keine Details nennen.

Wie stabil erscheint Ihnen die Demokratie in westlichen Ländern?
Die Demokratie ist nicht von vorneherein gefeit gegen ihre Gegner. Wir haben aus der Geschichte gelernt, dass die Demokratie auch antidemokratische Kräfte hervorbringen kann. Und diese Geschichte ist noch nicht fern genug, als dass wir sie vergessen könnten. Um Israel mache ich mir allerdings keine Sorgen. Hier gibt es Kriege, aber keine antidemokratischen Bewegungen.

Befürchten Sie, dass die Rechtspopulisten weiter zulegen können?
Ich habe völliges Vertrauen in Angela Merkel und in ihre Regierung. Und ich bin sicher, dass sie diesen Extremisten keinen Platz am Kabinettstisch einräumen wird. Aber das ist nicht die entscheidende Frage. Was ich bedauere, ist, dass Extremisten solch breite öffentliche Unterstützung erfahren. Wir als Juden und als Israelis müssen immer wachsam sein und solche Entwicklungen bekämpfen, bevor es zu spät ist.

Mit dem Chef der israelisch-deutschen Freundschaftsgruppe in der Knesset sprach Ayala Goldmann.

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Meinung

BBC: Diese Plattform für anti-israelische Vorurteile und Extremismus ist nicht mehr zu retten

Der öffentlich-rechtliche Sender Großbritanniens hat sich anti-israelischen Vorurteilen und Extremismus geöffnet. Er braucht dringend Erneuerung

von Ben Elcan  13.11.2025

Diplomatie

Israel drängt Merz auf Ende des Teilwaffenembargos

Der Bundeskanzler hatte am 8. August angeordnet, keine Güter auszuführen, die im Krieg gegen die Hamas verwendet werden könnten

 13.11.2025

Entscheidung

Waffen an Israel: Berliner Gericht weist Klagen ab

Sechs überwiegend in Gaza wohnende Personen klagten in zwei Fällen gegen deutsche Waffenlieferungen an Israel. Das Berliner Verwaltungsgericht sieht die Klagen als unzulässig an

 13.11.2025

Interview

»Wir müssen viel mehr für die Rückführung von Antisemiten tun«

Der Bundestagsabgeordnete Johannes Volkmann (CDU) über den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland, die zögerliche Reaktion der Politik und Abschiebungen als Gefahrenabwehr

von Joshua Schultheis  13.11.2025

Berlin

Wegner setzt im Fördermittelstreit auf Aufklärung

»Es sind Vorwürfe im Raum, die muss man sich genau anschauen. Und dann werden wir gegebenenfalls, wenn es notwendig ist, die richtigen Konsequenzen ziehen«, betont der Regierende Bürgermeister

 12.11.2025

Deutschland

Waffen für Anschläge besorgt: Weiteres Hamas-Mitglied festgenommen

Der Mann soll ein Sturmgewehr, mehrere Pistolen und Munition für Anschläge auf jüdische und israelische Einrichtungen besorgt haben

 12.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Einmischung

Trump fordert Begnadigung Netanjahus

Israels Regierungschef Netanjahu steht wegen Betrugs, Bestechung und anderer Vorwürfe vor Gericht. Israels Präsident müsse ihn begnadigen, forderte nun US-Präsident Trump - damit er das Land vereinen könne

 12.11.2025