Antisemitismus

»Wir fühlen uns gestärkt«

Herr Krüger, weil ein Politologe in der von der Bundeszentrale für politische Bildung herausgegebenen Zeitschrift Deutschland-Archiv behauptete, es habe eine »deutsch-jüdische Symbiose unter dem Hakenkreuz« gegeben, schrieben Sie den Abonnenten einen distanzierenden Brief. Den nannte Karlsruhe verfassungswidrig. Wie kommentieren Sie das Urteil?
Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat man nicht zu kommentieren, sondern es muss eine Schlussfolgerung daraus gezogen werden. Sie besteht für uns darin, dass wir uns als Behörde von bestimmten Inhalten distanzieren dürfen. Nur die Art und Weise, wie wir das tun, muss stärker beachtet werden.

Wie kam es denn überhaupt dazu?
Im Jahr 2004 hatte die Bundeszentrale gerade für das Deutschland-Archiv einen neuen Verlag gefunden, Bertelsmann. Dem obliegt die Redaktion, die Bundeszentrale nimmt die Texte vorher nicht ab. Wir üben ja keine Zensur aus. Als das Heft dann erschienen war und wir den Inhalt kannten, haben wir beschlossen, dass wir offen damit umgehen. Wir haben den Abonnenten einen distanzierenden Brief geschrieben und die noch verfügbaren Restexemplare makuliert. Bei den Abonnenten, also auch in den Bibliotheken, ist das Heft weiter verfügbar – wir haben den Text nicht einer wissenschaftlichen Diskussion entzogen.

Welche Auswirkungen hat das Urteil?
Das Verfassungsgericht hat das Persönlichkeitsrecht sehr hoch bewertet. Auf den konkreten Fall angewandt, wird der Zielkonflikt klar: Wir wollten uns unmissverständlich von einer Position distanzieren, aber wir sind dabei in der Form der Distanzierung übers Ziel hinausgeschossen. Nun werden wir uns mit dem Innenministerium, das auch das Verfassungsministerium ist, zusammensetzen und das Urteil auswerten. Das Verfahren ist an das Verwaltungsgericht Köln zurücküberwiesen worden.

Befürchten Sie nun eine größere Einflussnahme auf die Arbeit der Bundeszentrale?
Nein, wir als Behörde fühlen uns in unserer Position gestärkt, dass wir Meinungen, die nicht zum demokratischen Spektrum gehören, nicht veröffentlichen müssen.

Was machen Sie, wenn wieder etwas durchrutscht?
Wir werden uns verfassungsgemäß äußern, ganz einfach. Ich habe die ersten 30 Jahre meines Lebens in einem Land gelebt, in dem die Verfassung mit Füßen getreten wurde. Daher weiß ich, welch hohen Wert das Verfassungsgericht hat. Für mich ist ein solches Urteil keine Fußnote, die ich übergehen könnte.

Mit dem Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung sprach Martin Krauß.

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von 
janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025

Paris/Brüssel

EU-Gaza-Hilfe: Französischer Politiker hat »große Bedenken«

Benjamin Haddad, Frankreichs Staatssekretär für Europafragen, hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihre Zahlungen an NGOs, die im Gazastreifen operieren, besser zu überwachen

 10.12.2025

Aufarbeitung

Französische Entnazifizierungs-Dokumente erstmals online abrufbar

Neue Hinweise zu Leni Riefenstahl und Martin Heidegger in der NS-Zeit: Künftig können Forscher online auf französische Akten zugreifen. Experten erwarten neue Erkenntnisse

von Volker Hasenauer  10.12.2025

Deutschland

Wegen Antisemitismus und AfD: Schauspiellegende Armin Mueller-Stahl (95) denkt ans auswandern

Armin Mueller-Stahl spricht offen über seine Gelassenheit gegenüber dem Tod – und warum aktuelle Entwicklungen ihn dazu bringen, übers Auswandern nachzudenken

 10.12.2025

Justiz

Mutmaßlicher Entführer: Chef eines israelischen Sicherheitsunternehmens packt aus

Die Hintergründe

 10.12.2025