Debatte

Wie der Hessische Landtag heute über die Antisemitismus-Skandale bei der documenta diskutierte

Das ruruHaus in Kassel. Es wurde als Labor für die documenta 15 eingerichtet. Foto: imago images/epd

Debatte

Wie der Hessische Landtag heute über die Antisemitismus-Skandale bei der documenta diskutierte

Kulturministerin Angela Dorn fordert eine schonungslose Aufarbeitung

 14.07.2022 19:28 Uhr

Der Hessische Landtag hat am Donnerstag über die Antisemitismus-Skandale auf der »documenta fifteen« diskutiert. Die Kulturministerin und stellvertretende documenta-Aufsichtsratsvorsitzende Angela Dorn (Grüne) forderte eine schonungslose Aufarbeitung der Geschehnisse.

Außerdem schlug sie die Einsetzung eines Expertengremiums vor, das noch in der laufenden Schau auf Spurensuche nach weiteren antisemitischen Inhalten gehen solle. Ferner kündigte sie an, dass der Aufsichtsrat an diesem Freitag zu einer Sondersitzung zusammenkommen werde.

Es sei noch nicht genügend geschehen, um die auch im Vorfeld der Schau gemachten Fehler aufzuarbeiten, kritisierte Ministerin Dorn. Dazu brauche es eine schonungslose Analyse und eindeutige Verantwortlichkeiten. Das verloren gegangene Vertrauen müsse zurückgewonnen werden. Hierbei müssten beide Gesellschafter, die Stadt Kassel und das Land Hessen, »an einem Strang ziehen«.

Die beiden Oppositionsfraktionen FDP und AfD forderten Dorn hingegen auf, die documenta-Geschäftsführerin Sabine Schormann zu entlassen. »Dies wäre ein wichtiges Zeichen sowohl an die Adresse der jüdischen Gemeinschaft als auch an die Künstlerinnen und Künstler sowie die Öffentlichkeit«, sagte der FPD-Abgeordnete Stefan Naas. Dorn müsse Verantwortung übernehmen, sonst werde es auch für sie selbst »immer enger«. Der AfD-Abgeordnete Frank Grobe bezeichnete Dorn als »Hauptverantwortliche für den Skandal« und forderte ihren Rücktritt.

Gernot Grumbach von der SPD mahnte die »institutionelle Verantwortung« der beiden Gesellschafter an. Sie müssten die Antisemitismusvorfälle konsequent aufarbeiten und die notwendigen Konsequenzen ziehen. Andreas Hofmeister von der CDU nahm die Grünen-Ministerin in Schutz und versprach ihr bei der Suche nach Lösungen die Unterstützung seiner Fraktion.

Bei der »documenta fifteen« war zu Beginn das Wimmelbild »People’s Justice« der indonesischen Gruppe Taring Padi ausgestellt, auf dem massiv antisemitische Darstellungen zu sehen waren. Nach öffentlichen
Protesten war das Werk wenige Tage nach Ausstellungsbeginn im Juni
zunächst mit Tüchern verhängt und kurz darauf auf Beschluss des
documenta-Aufsichtsrates aus der Kunstschau entfernt worden. Der
Vorfall löste weltweit Kritik aus. epd

Kommentar

Wenn Ideologen mehr zu wissen scheinen als Expertinnen

Der Antisemitismusbekämpfer und bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel, ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Ahmad Mansour gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

TV-Kritik

Allzu glatt

»Denken ist gefährlich«, so heißt eine neue Doku über Hannah Arendt auf Deutsch. Aber Fernsehen, könnte man ergänzen, macht es bequem - zu bequem. Der Film erklärt mehr als dass er zu begeistern vermag

von Ulrich Kriest  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert

Vor 80 Jahren

Zentralrat der Juden: Nürnberger Prozesse waren Wendepunkt

Es waren hochrangige NS-Kriegsverbrecher, die vor 80 Jahren in Nürnberg vor Gericht standen. Was diese Prozesse aus Sicht des Zentralrats der Juden bedeuten - auch heute

von Leticia Witte  21.11.2025

Paris

EJC warnt vor wachsender Radikalisierung junger Menschen im Netz

»Hass ist viral gegangen«, sagt Moshe Kantor, der Präsident der Organisation

 21.11.2025

Berlin

Israelisches Schutzsystem soll neue Leopard-2-Flotte sicherer machen

Das »Hard-Kill-Abwehrsystem« Trophy erkennt anfliegende Raketen und macht diese unschädlich

 21.11.2025