USA

Wer Jude ist, bestimmt nun er

Donald Trump bei seinem Treffen mit dem irischen Premier Michéal Martin im Weißen Haus Foto: IMAGO/MediaPunch

Wieder einmal sorgt Donald Trump mit einer Aussage für Kopfschütteln. Diesmal traf der Zorn des Präsidenten den Fraktionschef der Demokraten im US-Senat, Chuck Schumer. Dass der Senator aus New York Jude ist, hatte bislang niemand in Zweifel gezogen. Auch seine Unterstützung für Israel stand außer Frage, obwohl Trump Schumer im Sommer als »stolzes Mitglied der Hamas« diffamiert hatte.

Dabei hatte sich Schumer nach dem 7. Oktober 2023 mehrfach dafür ausgesprochen, alle notwendigen Waffensysteme an Israel zu liefern, um die Hamas zu besiegen.

Jetzt legte Trump nach und griff ihn erneut massiv an. Irlands Premierminister Micheál Martin saß neben dem Präsidenten im Weißen Haus, als der von Reportern auf die Kritik Schumers an seiner Rede vor dem Kongress zur Lage der Nation vergangene Woche angesprochen wurde. Unwirsch erwiderte Trump, Schumer sei ein Palästinenser geworden. »Er war mal Jude, jetzt ist er kein Jude mehr. Er ist ein Palästinenser«.

Lesen Sie auch

Damit löste der Präsident einmal mehr Empörung aus. Nicht nur jüdische Organisationen kritisierten seine Aussage als offensichtlich beleidigend und diskriminierend. Auch muslimische Verbände meldeten sich zu Wort und monierten, dass Trump den Begriff »Palästinenser« als Schimpfwort verwende.

Bereits in der Vergangenheit hatte der 78-Jährige seinen Vorgänger und Nachfolger im Weißen Haus, Joe Biden, wegen dessen angeblicher Sympathien im Nahostkonflikt einen »Palästinenser« genannt. Es war auch nicht das erste Mal, dass Trump sich abschätzig über Schumer und andere jüdische Persönlichkeiten äußerte und ihre Jüdischkeit in Zweifel zog.

Auch Doug Emhoff, der jüdische Ehemann von Kamala Harris, wurde bereits ein Opfer von Trumps Verachtung. In einem Radiointerview sagte er im Juli über seine demokratische Kontrahentin: »Man kann die Verachtung sehen. Erstens mag sie Israel nicht. Zweitens mag sie keine Juden. Sie wissen das, ich weiß das und jeder weiß es, aber niemand will es aussprechen.«

»Crappy Jew«

Als Interviewer Sid Rosenberg (auch er jüdisch) erregt ausrief, Emhoff sei ungefähr »genauso (wenig) jüdisch wie Bernie Sanders« und den damaligen Second Gentleman als »crappy Jew« und »horrible Jew« bezeichnete, als miesen und schrecklichen Juden also, widersprach Trump nicht, sondern murmelte zustimmend »Yeah«. Im März hatte er bereits behauptet, dass Juden, die die Demokraten unterstützten, »Israel und ihre eigene Religion hassen«.

Beim letzten Mal wehrte sich Chuck Schumer noch: »Juden als Dummköpfe zu bezeichnen und zu behaupten, sie seien aufgrund ihrer politischen Überzeugungen schlecht oder illoyal, ist nicht nur eine kindische Beleidigung. Es ist ein uralter antisemitischer Topos«, sagte er im Senat. Doch dieses Mal blieb er still und überlies die Kritik anderen. Vielleicht kam ihm Karl Lueger (1844-1910) in den Sinn.

In dessen Amtszeit als Wiener Bürgermeister erreichte der Hass auf Juden einen neuen Höhepunkt. Der »politische Katholik« Lueger wurde posthum für den Ausspruch bekannt »Wer ein Jud’ ist, bestimme ich!« Jetzt beansprucht offenbar Donald Trump, der mit Jared Kushner einen jüdischen Schwiegersohn hat und dessen Tochter Ivanka zum Judentum konvertiert ist, diese Deutungshoheit. Dass er damit die Pfeile auf sich lenkt, dürfte ihm bewusst sein.

Falls der Präsident mehr über das Sujet erfahren will, kann er ab der kommenden Woche auf Schumers neues Buch zurückgreifen. Es trägt den Titel »Antisemitismus in Amerika: eine Warnung«.

Israel

Ein zarter Neuanfang

Bei seinem Antrittsbesuch in Jerusalem wollte Bundeskanzler Friedrich Merz das zuletzt stark belastete Verhältnis zum jüdischen Staat kitten. Ist es ihm gelungen? Eine Analyse

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 07.12.2025 Aktualisiert

Israel

Berichte: Netanjahu traf Blair heimlich zu Gaza-Zukunft

Bei einem Treffen zwischen Netanjahu und Blair soll es um Pläne für die Zukunft des Gazastreifens gegangen sein. Für Blair ist eine Rolle in Trumps »Friedensrat« vorgesehen

 07.12.2025

Justiz

Gericht bestätigt Verbot der Parole »From the river to the sea«

Ein von der Stadt Bremen erlassenes Verbot sei rechtmäßig, entschied nun das Verwaltungsgericht Bremen

 07.12.2025

Yad Vashem

Merz: »Wir werden die Erinnerung lebendig halten«

Es ist einer der wichtigsten Antrittsbesuche für Kanzler Merz. Der zweite Tag in Israel beginnt für ihn mit dem Besuch eines besonderen Ortes

 07.12.2025

Umfrage

KAS-Studie: Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine neue Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft vorgelegt. Dabei wurden auch Einstellungen zu Juden abgefragt

 07.12.2025

Simi Valley

»Vorbildliche Verbündete«: Hegseth nennt Israel und Deutschland

Die Signale, die jüngst aus den USA in Richtung Europa drangen, waren alles andere als positiv. Der US-Verteidigungsminister findet nun allerdings nicht nur Lob für den jüdischen Staat, sondern auch für einige EU-Staaten

 07.12.2025

Soziale Medien

Musk nach Millionenstrafe gegen X: EU abschaffen

Beim Kurznachrichtendienst X fehlt es an Transparenz, befand die EU-Kommission - und verhängte eine Strafe gegen das Unternehmen von Elon Musk. Der reagiert auf seine Weise

 07.12.2025

Jerusalem

Merz: Deutschland wird immer an der Seite Israels stehen

Der Bundeskanzler bekräftigt bei seiner Israel-Reise die enge Partnerschaft. Am Sonntag besucht er die Yad Vashem und trifft Premierminister Netanjahu

von Sara Lemel  07.12.2025 Aktualisiert