Berlin

Wegen israelischer Zeitung beleidigt

Foto: picture alliance / Caro

In Berlin-Charlottenburg ist es am Freitag zu einem Angriff auf einen 71-jährigen Mann in einem Bus gekommen. Der Passagier fuhr auf der Linie M19, als er nach Angaben der Polizei auf seinem Handy eine israelische Zeitung las. Ein Mann im selben Bus habe dies offenbar bemerkt, indem er auf den Handybildschirm des Seniors geblickt und ihn anschließend auf den Nahostkonflikt und die derzeitige Lage im Gazastreifen angesprochen haben soll. Daraufhin habe ihn der Angreifer mit antizionistischen Beleidigungen beschimpft.

An der Haltestelle Uhlandstraße habe der Unbekannte schließlich die Mütze des Seniors vom Kopf gerissen und sei geflüchtet. Wie aus der Polizeimeldung hervorgeht, hat der Mann seine Mütze auf dem Boden wiedergefunden. Weitere Ermittlungen wurden Polizeilichen Staatsschutz des Landeskriminalamts eingeleitet. Nach dem mutmaßlichen Täter wird gesucht. Fahrzeuge des Berliner Nahverkehrsunternehmens BVG sind mit Kameras ausgestattet, die das Geschehen an Bord filmen.

Dass antisemitische Gewalt gegenüber Menschen auf offener Strasse oder im öffentlichen Verkehr zugenommen hat, belegt der Bericht »Antisemitische Vorfälle in Berlin 2024«. Der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS Berlin) kam in seinem Bericht, der im Mai dieses Jahres veröffentlicht wurde, zum Schluss dass es mit fast sieben antisemitischen Vorfällen pro Tag, eine dramatische Zunahme antisemitischer Gewalt gegeben hat. Das sind insgesamt fast doppelt so viele Vorfälle wie im Vorjahr und zeigt damit die verheerenden Veränderungen seit dem 7. Oktober 2023.

Lesen Sie auch

Ebenfalls am Freitag ereignete sich im Montrealer Stadtteil Villeray–Saint-Michel–Parc-Extension ein gewalttätiger antisemitischer Übergriff, bei dem ein jüdischer Mann brutal zusammengeschlagen wurde, als er mit seinen Kindern unterwegs war.

Der Angriff, der teilweise in einem kurzen Video festgehalten wurde, das seither in den sozialen Medien kursiert, zeigt den Angreifer, wie er sich rittlings auf das Opfer setzt und nicht davor zurückschreckt, auf es einzuschlagen. Die Kinder des 32-jährigen Vaters mussten die brutale Attacke mitansehen. Selbst ihr Schreien konnten den Täter nicht stoppen.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Ähnlich wie in Berlin riss der Angreifer anschließend die Kopfbedeckung des Mannes, der eine Kippa trug, in seinem von Hass erfüllten Verhalten herunter und warf sie anschliessend in ein nahegelegenes Planschbecken, bevor er vom Tatort floh. Die Polizei von Montreal leitete kurz nach dem Angriff Ermittlungen ein, der Täter blieb flüchtig. Das Opfer erlitt keine lebensbedrohlichen Verletzungen, wurde aber dennoch zur Kontrolle in ein Krankenhaus eingeliefert.

Der Vorfall, der sich am späten Freitagnachmittag ereignete, hat scharfe Verurteilung und erneute Besorgnis über den zunehmenden Antisemitismus in Kanada ausgelöst. Der kanadische Premierminister Mark Carney bezeichnete den Angriff als »entsetzlichen Gewaltakt«. In einer Erklärung bekräftigte er: »Jeder in Kanada hat ein unveräußerliches Recht, in Sicherheit zu leben«, und drückte seine Unterstützung für die Bemühungen der Polizei aus, den Verdächtigen zu identifizieren und zu verhaften.

Jeremy Levi, Bürgermeister von Hampstead, einem Vorort von Montreal, schrieb ausserdem auf X: »Das ist mehr als bedauerlich – es ist ein Skandal gegen grundlegende menschliche Anständigkeit.«

Israels Außenminister Gideon Sa’ar äußerte sich ebenfalls besorgt über den wachsenden Antisemitismus in Kanada und forderte stärkere Maßnahmen zum Schutz jüdischer Gemeinden. »Dies sind Bilder, die an dunkle Zeiten der Judenverfolgung erinnern«, sagte Sa’ar.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Auch in Kanada ist seit dem 7. Oktober 2023 ein dramatischer Anstieg der Hassverbrechen gegen jüdische Gemeinden zu verzeichnen. Seit Kriegsbeginn hat sich die Zahl der Vorfälle fast verdoppelt. Jüngste Berichte zeigen, dass jüdische Kanadier, obwohl sie nur 1,4 Prozent der kanadischen Bevölkerung ausmachen, das Ziel von 70 Prozent der religiös motivierten Hassverbrechen sind.

Als Reaktion auf den alarmierenden Anstieg antisemitischer Angriffe hat die kanadische Regierung die Gründung eines Nationalen Forums zur Bekämpfung von Antisemitismus angekündigt, das im kommenden Februar zusammentreten soll. Ziel dieses Forums ist es, führende Vertreter von Bundes-, Provinz- und Kommunalverwaltungen, Strafverfolgungsbehörden und kommunalen Organisationen zusammenzubringen, um der wachsenden Bedrohung der öffentlichen Sicherheit durch Antisemitismus in Kanada entgegenzuwirken. Kritiker monieren jedoch, dies sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung ist, doch konkrete Maßnahmen würden fehlen. ja

Lesen Sie auch

Staatsbesuch

Kanzler Merz reist am nächsten Wochenende nach Israel

Das Datum steht: Bundeskanzler Merz reist in gut einer Woche zum Antrittsbesuch nach Israel. Der Gaza-Krieg hatte die Reise verzögert, durch die Waffenruhe wird sie jetzt möglich

 28.11.2025

Berlin

Anschlag auf israelische Botschaft geplant? Prozess beginnt

Ein mutmaßlicher IS-Unterstützer kommt vor Gericht. Der Prozess gegen den inzwischen 19-Jährigen beginnt am Montag

 28.11.2025

Brüssel

Weimer warnt vor Antisemitismus und Ausgrenzung beim ESC

Der Kulturstaatsminister will darüber mit seinen europäischen Kollegen sprechen

 28.11.2025

Eurovision Song Contest

Spanien bekräftigt seine Boykottdrohung für ESC

Der Chef des öffentlich-rechtlichen Senders RTVE gibt sich kompromisslos: José Pablo López wirft Israel einen »Genozid« in Gaza und Manipulationen beim Public Voting vor und droht erneut mit dem Austritt

 28.11.2025

USA

Mehrheit der Juden blickt nach Mamdani-Sieg mit Sorge nach New York

Eine Umfrage zeigt: Fast zwei Drittel der Befragten sind der Ansicht, Mamdani sei sowohl antiisraelisch als auch antisemitisch

 28.11.2025

Berlin

Israel, der Krieg gegen die Hamas und die Völkermord-Legende

Der israelische Militärhistoriker Danny Orbach stellte im Bundestag eine Studie und aktuelle Erkenntnisse zum angeblichen Genozid im Gazastreifen vor – und beklagt eine einseitige Positionierung von UN-Organisationen, Wissenschaft und Medien

 27.11.2025

USA

Staatsanwaltschaft rollt den Fall Etan Patz neu auf

Der jüdische Junge Etan Patz verschwindet am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Jahre später wird er für tot erklärt

 27.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Düsseldorf

Breite Mehrheit im Landtag wirbt für Holocaust-Zentrum in NRW

Große Mehrheit im NRW-Landtag: Fast alle Fraktionen werben für NRW als Standort eines vom Bund geplanten Holocaust-Bildungszentrums. Bayern und Sachsen sind ebenfalls im Rennen

von Andreas Otto  27.11.2025