Raubkunst

Vertreter berufen

Lange wurde darüber gerätselt, welche jüdischen Vertreter in die Limbach-Kommission zur Rückgabe von NS-Raubkunst berufen werden. Nun stehen die beiden neuen Mitglieder fest: Raphael Gross, Direktor des Simon-Dubnow-Instituts für jüdische Geschichte in Leipzig, und der amerikanische Judaist und frühere Direktor der American Academy in Berlin, Gary Smith, werden künftig bei Streitfällen über die Rückgabe von Kulturgütern mitberaten. Ein dritter Platz, der durch den Tod der Juristin Jutta Limbach frei geworden ist, wird mit der Ex-Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts, Marion Eckertz-Höfer, besetzt.

Mit der Berufung von zwei jüdischen Mitgliedern solle die Opferperspektive bei der Arbeit der Limbach-Kommission direkter eingebracht werden, betonte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) vergangene Woche in Berlin. »Die rückhaltlose Aufarbeitung des nationalsozialistischen Kunstraubs ist eine bleibende Verpflichtung Deutschlands. Deshalb war es mir außerordentlich wichtig, die Beratende Kommission so weiterzuentwickeln, dass sie auch in Zukunft erfolgreich und von allen Seiten anerkannt ihre sensible und schwierige Aufgabe wahrnehmen kann«, so Grütters. Durch die Reform der Kommission werde die Arbeit des Gremiums und die Rückgabe der unrechtmäßig entwendeten Kunstwerke befördert.

Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch vergangener Woche eine entsprechende Reform der Limbach-Kommission beschlossen. Am Tag darauf stimmten die Bundesländer der Reform der Beratenden Kommission zu.

reform Eine weitere Änderung sieht vor, dass die Amtszeit für neue Mitglieder der Kommission von nun an auf zehn Jahre begrenzt wird. Zudem besteht künftig die Möglichkeit, dass das Gremium auch von Privatpersonen angerufen werden kann, die über mögliche Kulturgüter verfügen. Nicht reformiert indes wurde die Regelung, dass das Gremium nur dann angerufen werden kann, wenn sowohl die rechtmäßigen Eigentümer oder deren Erben als auch die heutigen Besitzer dazu ihr Einverständnis erklärt haben.

Vertreter von Opferverbänden kritisieren dies, da zum Beispiel Museen oder andere öffentliche Einrichtungen häufig kein Interesse daran haben, strittige Fälle vor die Kommission zu bringen und womöglich Kulturgüter zurückzugeben, die während der NS-Zeit jüdischen Eigentümern entzogen wurden.

Ronald S. Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses, sagte der Jüdischen Allgemeinen zur Reform des Gremiums: »Die Kommission muss im Sinne der Opfer arbeiten, wenn sie ihrem Beitrag im Umgang mit Nazi-Raubkunst gerecht werden soll.« Kulturstaatsministerin Monika Grütters teilte dazu mit: »Ich erwarte, dass ausnahmslos alle deutschen Museen selbst- verständlich zu einem Verfahren vor der Beratenden Kommission bereit sind. Dies gebietet die moralische und historische Verantwortung gegenüber den Opfern der NS-Verfolgung.«

streit Der Erweiterung der Kommission um jüdische Mitglieder war Anfang dieses Jahres ein Streit um eine Aussage von Monika Grütters zum Thema vorausgegangen. Damals hatte sich die Politikerin laut einem Bericht der »New York Times« gegen einen jüdischen Vertreter in der Limbach-Kommission ausgesprochen.

Die Zeitung zitierte die Ministerin mit den Worten: »Es wäre die einzige Stimme, die voreingenommen wäre.« Demnach solle wegen möglicher Interessenskonflikte kein Jude dem Gremium angehören, das in NS-Raubkunstfragen berät. Daraufhin kritisierten verschiedene Anwälte jüdischer Erben sowie der Jüdische Weltkongress die Ausführungen Grütters. Zudem bemängelten sie, dass die Entscheidungen der Limbach-Kommission unfair und intransparent seien.

Auf Anfrage des »Tagesspiegel« hob Grütters damals jedoch hervor, sie habe den von der New York Times zitierten Satz niemals gesagt. »Niemand hat jemals einer jüdischen Persönlichkeit die Objektivität abgesprochen«, betonte Grütters.

empfehlungen Die 2003 eingerichtete Kommission vermittelt auf Wunsch zwischen Beteiligten, wenn es Streit um etwaige Raubkunst gibt. Sie spricht – nicht bindende – Empfehlungen aus für den Um- gang mit Kunstwerken, deren Eigentum sowohl die ursprünglichen Besitzer als auch die heutigen Eigentümer beanspruchen.

Der offizielle Titel des Gremiums lautet »Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz«.

Embargo

»Strategischer Fehler«

In der Union gibt es Zweifel an der Führungsfähigkeit des Kanzlers. Lob bekommt Merz von der AfD und dem Iran

von Stefan Laurin  20.08.2025

Analyse

Misstrauische Partner

Russland stellt sich öffentlich an die Seite des Iran. Doch der Kreml verfolgt in Nahost andere Ziele als die Mullahs

von Alexander Friedman  20.08.2025

Weimar

Buchenwald darf Zutritt mit Palästinensertuch verweigern

Die Antragstellerin habe selbst angegeben, dass sie mit dem Tragen des Palästinensertuchs eine politische Botschaft gegen die ihrer Ansicht nach einseitige Parteinahme der Gedenkstätte für die Politik der israelischen Regierung zeigen will

 20.08.2025

Medien

Fiktion statt Fakten

Matti Friedman hat viele Jahre für die Nachrichtenagentur AP berichtet. Der Journalist kennt die Probleme der Gaza-Berichterstattung aus erster Hand

von Gunda Trepp  20.08.2025

Berlin

Anschlag auf israelische Botschaft geplant? Anklage erhoben

Der Tatverdächtige ist IS-Unterstützer und russischer Staatsbürger

 20.08.2025

Athen

Israelische Firma übernimmt griechischen Rüstungsbauer

Griechenlands größter Hersteller von Militärfahrzeugen ist nun komplett in israelischer Hand. Die strategische Zusammenarbeit im Verteidigungssektor wird damit weiter vertieft

 20.08.2025

Köln

Diskriminierung jüdischer Schüler ernst nehmen

Antisemitismus an Schulen ist nicht neu. Doch seit Ausbruch des Gazakriegs ist die Judenfeindlichkeit stark gestiegen. Ein Vertreter der katholischen Kirche fordert die Schulen auf, Flagge zu zeigen

 20.08.2025

Umfrage

Deutliche Mehrheit steht hinter Waffen-Lieferstopp für Israel

In der Union sind nicht alle einverstanden. Die Mehrheit der Bevölkerung hat der Kanzler aber hinter sich, obwohl sich Israel gegen eine Terrororganisation wehrt, die den jüdischen Staat erklärtermaßen vernichten will

 20.08.2025

Würdigung

Ein echter Freund

Der ehemalige Zentralratspräsident Dieter Graumann hat viel bewirkt für das jüdische Leben in Deutschland. Nun ist er 75 geworden. Eine persönliche Gratulation von TV-Moderatorin Andrea Kiewel

von Andrea Kiewel  20.08.2025