Interview

»Verjährung ist nicht angemessen«

Herr Fisher, gerade wird in Deutschland über ein Gesetz zur Rückgabe von Raubkunst diskutiert. Was ist davon zu erwarten?
Wir können uns auf Erfahrungen stützen. Im Jahr 1998 haben 44 Länder an der Washingtoner Konferenz über Restitution von Raubkunst teilgenommen. Nur in drei Ländern kam es zu Gesetzen, die die Rückgabe regelten – unter anderem in Österreich. Geregelt wird meist, wie staatliche Museen mit Kunst, die sich als Raubkunst herausstellt, umzugehen haben.

Der aktuelle Fall Gurlitt betrifft eine private Sammlung. Hat da die Washingtoner Vereinbarung überhaupt Gültigkeit?
Es ist ein Missverständnis, dass man sich in Washington nur über staatliche Sammlungen geeinigt habe. In den USA beispielsweise gibt es fast ausschließlich private Museen. Die haben sich zur Provenienzforschung verpflichtet, und dort findet auch Rückgabe statt.

Können Sie sich das für Deutschland auch vorstellen?
Ja. Wie Deutschland sich in diesen Fragen verhalten wird, ist von großer Bedeutung. Es wird Auswirkungen haben auf weite Teile der Welt. Entscheidend ist die sogenannte Verjährungsfrage. Kunstwerke, um die es geht, tauchen ja meistens urplötzlich auf – nach einem Sterbefall finden sie sich beispielsweise in der Erbmasse. Nach unserer Erfahrung sind da zeitliche Begrenzungen, also Verjährung, nicht angemessen. Die Claims Conference konnte in den Niederlanden und in Tschechien bewirken, dass die Rückgabe von NS-bedingt entzogenen Kunstwerken keinen Verfallsfristen unterliegt. Das sollte in Deutschland auch geschehen.

Kann die Rückgabe von Kunstwerken aus privaten Sammlungen überhaupt von Gesetzen und Gerichten geregelt werden?
Wir fordern hier, dass es zu unbürokratischen Lösungen kommt. Die Menschen, die Ansprüche stellen, sind ja meist Schoa-Überlebende oder deren Erben. Die haben in den seltensten Fällen umfassende Nachweise. Hinzu kommt, dass ihre Gegenseite – reiche Sammler, große Museen – oft gute Anwälte beauftragen können. Auch deshalb sollte im Normalfall eine außergerichtliche Einigung erzielt werden.

Um das durchzusetzen, fordert die Claims Conference höchste Transparenz. Wie sieht das im Fall Gurlitt aus?
Nicht gerade wunderbar. Immerhin sind jetzt Fotos von 590 Kunstwerken im Internet veröffentlicht worden. Doch weitere 380 Bilder stammen aus den Beständen der Ausstellung »Entartete Kunst«, und hier haben oft Museen die Bilder von jüdischen Besitzern gekauft. Man muss genau hinschauen, unter welchen Bedingungen.

Ist das nicht ein Thema für die Provenienzforschung?
Das ist leider keine Wissenschaft, die mit absolut exakten Ergebnissen aufwarten kann. Da bleibt immer noch viel Raum für Interpretationen.

Mit dem Forschungsdirektor der Claims Conference in New York sprach Martin Krauß.

Washington

US-Regierung nimmt deutsche Organisation HateAid ins Visier

Die beiden Leiterinnen der gemeinnützigen Organisation wurden wegen angeblicher Zensur amerikanischer Online-Plattformen mit Einreiseverboten belegt

 24.12.2025

Großbritannien

Israelfeindlicher Protest: Greta Thunberg festgenommen

In London treffen sich Mitglieder der verbotenen Gruppe Palestine Action zu einer Protestaktion. Auch die schwedische Aktivistin ist dabei. Die Polizei schreitet ein

 23.12.2025

Stockholm

Was bleibt von den Mahnungen der Überlebenden?

Der Schoa-Überlebende Leon Weintraub warnt vor der AfD und Fanatismus weltweit. Was für eine Zukunft hat die deutsche Erinnerungskultur?

von Michael Brandt  23.12.2025

Israel

Netanjahu warnt Türkei

Israel will die Zusammenarbeit mit Griechenland und Zypern stärken. Gleichzeitig richtet der Premier scharfe Worte an Ankara

 23.12.2025

New York

Mitglieder von Mamdanis Team haben Verbindungen zu »antizionistischen« Gruppen

Laut ADL haben mehr als 80 Nominierte entsprechende Kontakte oder eine dokumentierte Vorgeschichte mit israelfeindlichen Äußerungen

 23.12.2025

Düsseldorf

Reul: Bei einer Zusammenarbeit mit der AfD wäre ich weg aus der CDU

Die CDU hat jede koalitionsähnliche Zusammenarbeit mit der AfD strikt ausgeschlossen. Sollte sich daran jemals etwas ändern, will Nordrhein-Westfalens Innenminister persönliche Konsequenzen ziehen

 23.12.2025

Interview

»Diskrepanzen zwischen warmen Worten und konkreten Maßnahmen«

Nach dem Massaker von Sydney fragen sich nicht nur viele Juden: Wie kann es sein, dass es immer wieder zu Anschlägen kommt? Auch der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, sieht Defizite

von Leticia Witte  22.12.2025

Washington D.C.

Kritik an fehlenden Epstein-Dateien: Minister erklärt sich

Am Freitag begann das US-Justizministerium mit der Veröffentlichung von Epstein-Akten. Keine 24 Stunden später fehlen plötzlich mehrere Dateien - angeblich aus einem bestimmten Grund

von Khang Mischke  22.12.2025

Australien

Behörden entfernen Blumenmeer für die Opfer von Bondi Beach

Die Regierung von New South Wales erklärt, man habe sich vor dem Abtransport der Blumen eng mit der jüdischen Gemeinde abgestimmt

 22.12.2025