Karlsruhe

Verfassungsbeschwerde abgelehnt

Der verurteilte Oskar Gröning (l.) mit seinem Anwalt Hans Holtermann Foto: dpa

Der frühere SS-Mann Oskar Gröning muss trotz seines hohen Alters von 96 Jahren ins Gefängnis. Das Bundesverfassungsgericht hat seine Beschwerde wegen nicht gewährtem Haftaufschub abgelehnt, wie das Gericht am Freitag in Karlsruhe mitteilte. Weder das hohe Alter des wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen verurteilten Mannes noch sein Gesundheitszustand reichten aus, um vom Strafvollzug abzusehen. (AZ: 2 BvR 2772/17)

Wann die Ladung zum Haftantritt erfolge, werde derzeit noch geprüft, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hannover, Kathrin Söfker, auf Anfrage der Nachrichtenagentur epd.

Grönings Anwalt Hans Holtermann hatte Mitte Dezember Verfassungsbeschwerde eingereicht, weil das Landgericht Lüneburg und das Oberlandesgericht Celle einen Antrag auf Haftaufschub abgelehnt hatten.

Auschwitz Der als »Buchhalter von Auschwitz« bekannte Gröning wurde im Juli 2015 vom Landgericht Lüneburg wegen Beihilfe zum Mord in dem Vernichtungslager zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Das Urteil ist seit September 2016 rechtskräftig.

Holtermann hatte in seiner Beschwerde auf die vom Grundgesetz garantierte Verhältnismäßigkeit gepocht. Demnach müsse grundsätzlich auch ein wegen schwerer Schuld Verurteilter eine realistische Chance haben, die Freiheit wiederzuerlangen. Außerdem drohe Gröning aufgrund seines Gesundheitszustandes Lebensgefahr. Werde er aus seinem sozialen Netz »herausgerissen« und »durch die Inhaftierung die bislang erfahrene Wertschätzung« verlieren, drohten Depressionen und eine Verschlechterung seines körperlichen und geistigen Zustandes.

Doch die dritte Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts lehnte die Verfassungsbeschwerde als »unbegründet« ab. Der Beschwerdeführer werde nicht in seinen Grundrechten verletzt. Aufgrund der vorliegenden Gutachten seien die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ohne weiteres in der Lage, den Gesundheitszustand Grönings einzuordnen und zwischen der Pflicht des Staates zum Strafvollzug und den Grundrechten Grönings abzuwägen.

Strafvollzug Außerdem stehe in der Justizvollzugsanstalt Uelzen eine hauptamtliche Ärztin und ausgebildetes Sanitätspersonal zur Verfügung. Sollte sich der Gesundheitszustand in der Haft verschlechtern, sei es möglich, den Strafvollzug zu unterbrechen, argumentierten die Richter.

Gröning wurde verurteilt, ohne dass ihm eine konkrete Tötung nachgewiesen wurde. Nach Auffassung der Gerichte leistete er allein durch seine Tätigkeit im Vernichtungslager Auschwitz einen Tatbeitrag zum hunderttausendfachen Mord.

Er habe durch das Bewachen von Gepäck und das Verwalten der Gelder der Gefangenen als Mitarbeiter der Devisenabteilung im Lager die grausamen und heimtückischen Morde gefördert, heißt es in dem Urteil. Von den rund 425.000 ungarischen Juden, die zwischen dem 16. Mai und dem 11. Juli 1944 nach Auschwitz verschleppt wurden, kamen mindestens 300.000 in den Gaskammern ums Leben. epd

Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe
www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2017/bvg17-115.html

USA

Staatsanwaltschaft rollt den Fall Etan Patz neu auf

Der jüdische Junge Etan Patz verschwindet am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Jahre später wird er für tot erklärt

 26.11.2025

Urteil

Verbot des Berliner Palästina-Kongresses war rechtswidrig

Das Berliner Verwaltungsgericht hat das Verbot eines Palästina-Kongresses nachträglich für rechtswidrig erklärt

 26.11.2025

Hans-Jürgen Papier

»Es ist sehr viel Zeit verloren gegangen«

Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts zieht eine Bilanz seiner Arbeit an der Spitze der »Beratenden Kommission NS-Raubgut«, die jetzt abgewickelt und durch Schiedsgerichte ersetzt wird

von Michael Thaidigsmann  26.11.2025

Wehrpflicht

Freiheit gemeinsam verteidigen

Russlands Angriffskrieg unterstreicht die Notwendigkeit einer starken Bundeswehr. Wenn die Situation es erfordert, dann müssen auch wir Juden bereit sein, unseren Beitrag zu leisten

von Josef Schuster  26.11.2025

Verhandlung

Verbot israelfeindlicher Proteste: Berlin mit Klagen konfrontiert

Das Verwaltungsgericht prüft zwei unterschiedlich gelagerte Klagen von Veranstaltern einer Demonstration im Dezember 2023 und des sogenannten Palästina-Kongresses im April 2024

 26.11.2025

Potsdam

BSW vor Zerreißprobe: Dorst stellt Parteiverbleib infrage

Die jüngsten Ereignisse haben Implikationen für die Landesregierung. Bei nur zwei Stimmen Mehrheit im Landtag könnte jeder Bruch in der BSW-Fraktion ihr Ende bedeuten

 26.11.2025

Buenos Aires

Milei will 2026 Botschaft in Jerusalem eröffnen

Israels Außenminister Sa’ar erklärte in der argentinischen Hauptstadt, »im April oder Mai« werde die Eröffnung erfolgen

 26.11.2025

Montréal

Air Canada prüft Beschwerde über Palästina-Anstecker in der Form Israels

Der Passagier Israel Ellis beschwert sich über das israelfeindliche Symbol an der Jacke einer Stewardess. Sie habe ihn zudem angeschrien, als sie seine Davidstern-Kette gesehen habe

 26.11.2025

Berlin

Friedrich Merz besucht Israel

Als Kanzler ist es sein erster Aufenthalt im jüdischen Staat. Die Beziehungen hatten zuletzt unter Druck gestanden

 25.11.2025