Europäisches Gericht

Urteil lässt Israel-Gegner jubeln

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg Foto: imago images / Pro Shots

Die antiisraelische BDS-Bewegung ist entzückt. Ihre Vertreterin Rita Ahmad sprach von einem »schweren rechtlichen Schlag gegen das israelische Apartheidregime und seine Anti-BDS-Gesetzgebung. Auf Israels Geheiß haben europäische Regierungen, insbesondere in Frankreich und Deutschland, ein bedrohliches Umfeld von Schikane und Unterdrückung geschaffen, um Aktivisten der Palästina-Solidarität zum Schweigen zu bringen,« erklärte sie.

SUPERMARKT Der Auslöser für die Stellungnahme Ahmads war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg am Donnerstag. Darin hoben die Richter das Urteil eines französischen Berufungsgerichts gegen elf Aktivisten des »Collectif Palestine 68« auf.

Sie hatten 2009 und 2010 in einem Carrefour-Supermarkt im elsässischen Illzach israelische Waren aus den Regalen geräumt und anschließend Kunden zum Boykott des jüdischen Staates aufgerufen. Nach eigenem Bekunden lehnten sie sich dabei an die internationalen Boykottkampagne gegen Südafrika während der Zeit der Apartheid an.

Die französische Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein Verfahren gegen die Gruppe ein wegen »Anstiftung zur wirtschaftlichen Diskriminierung«, die in Frankreich seit langem unter Strafe gestellt ist. In erster Instanz wurden die Aktivisten zwar freigesprochen, weil keine Anhaltspunkte bestanden hätten, dass die Aktion aus antisemitischen oder rassistischen Erwägungen heraus erfolgt sei.

GESETZ Das Berufungsgericht in Colmar sah es aber als gegeben an, dass sich der Boykottaufruf, der im französischen Gesetz von 1881 ausdrücklich untersagt wird, gegen eine »Nation« gerichtet habe. Auch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit erlaube es Bürgern nicht, die bestehenden Gesetze einfach zu unterlaufen, befanden die Richter im Jahr 2013 und verurteilten die Angeklagten zu Geldstrafen von jeweils 5000 Euro.

Diese brachten den Fall jedoch vor das höchste europäische Gericht – und bekamen nun Recht. Die gegen Israel gerichteten Aktionen des Kollektivs seien als »politische Meinungsäußerung« im Rahmen der Europäischen Menschenrechtskonvention zulässig und dürften nicht bestraft werden, entschieden die Richter in letzter Instanz einstimmig. Frankreich muss den Aktivisten nun mehrere Tausend Euro Schadensersatz leisten und die Verfahrenskosten erstatten.

»ÖFFENTLICHES INTERESSE« Boykotte stellten zwar »eine besondere Form der Ausübung der Meinungsfreiheit dar,« so die Richter in der Urteilsbegründung, da sie die Äußerung einer Gegenmeinung mit der Aufforderung zur unterschiedlichen Behandlung kombinierten. Allerdings seien nur Boykottaufrufe, die klare Grenzen überschritten und zur Diskriminierung, zum Hass oder sogar zur Gewalt anstifteten, nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt.

»Ermutigung zur unterschiedlichen Behandlung bedeutet nicht unbedingt Ermutigung zur Diskriminierung,« stellten die Richter fest – und die »politische Auseinandersetzung« sei nun einmal häufig polemischer Natur. Das habe im vorliegenden Fall im öffentlichen Interesse gelegen. Die französische Justiz habe dies nicht hinreichend berücksichtigt und somit die Menschenrechte der Aktivisten verletzt.

In der Praxis bedeutet das Urteil eine Aushöhlung des strengen französischen Diskriminierungsverbots, das auch die Interessen anderer Markteilnehmer – in diesem Fall der israelischen Produzenten sowie der französischen Händler – schützt.

Berlin

Israelfeindlicher Post: »Die Linke« distanziert sich von Vorstandsmitglied

Eine Landkarte von Israel, die mit den Farben der palästinensischen Flagge gefüllt ist und für eine Vernichtung des jüdischen Staates steht, geht dem höchsten Parteigremium zu weit

 09.05.2025

Berlin

Antisemitismus und Lage in Gaza: Merz telefoniert mit Netanjahu

Der Kanzler habe seine Hoffnung zum Ausdruck gebracht, »dass bald Verhandlungen über einen Waffenstillstand in Gang kommen«

 09.05.2025

Berlin

Verleihung von Bundesverdienstkreuz an Margot Friedländer verschoben

Erst vor einem Monat erhielt die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer den Preis des Westfälischen Friedens. Die Verleihung einer weiteren hohen Auszeichnung findet kurzfristig jedoch nicht stat

 09.05.2025

Berlin

»Jetzt lebt es sich besser in diesem Land«

Lea Rosh hat sich jahrelang für das Denkmal für die ermordeten Juden Europas eingesetzt. Ist das ihr Lebenswerk? Darauf antwortet sie im Interview

von Verena Schmitt-Roschmann  09.05.2025

Meinung

Der 8. Mai und die falschen Schlüsse

Es ist schwer, Menschen zu kritisieren, die traumatische Erfahrungen gemacht haben, aber auch Schoa-Überlebende können irren. Doch einen Bogen von der industriellen Vernichtung der Juden zum Verteidigungskrieg Israels in Gaza zu ziehen, ist falsch

von Daniel Neumann  09.05.2025

Berlin

Zentralrat der Juden: Neuer Papst steht für Nächstenliebe und Frieden

Leo XIV. hat die Nachfolge von Papst Franziskus angetreten

 09.05.2025

Vatikan

Robert Francis Prevost ist neuer Papst

Er ist der erste Amerikaner in diesem Amt und hat sich den Namen Leo XIV. gegeben

von Philipp Znidar, Sabina Crisan  09.05.2025 Aktualisiert

Gedenken

Steinmeier: »Flüchten wir nicht aus unserer Geschichte«

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach bei der Gedenkstunde im Bundestag zum Ende des Zweiten Weltkriegs über Gefahren für die Demokratie

 08.05.2025

Gericht

AfD rechtsextrem? Verfassungsschutz gibt Stillhaltezusage ab

Damit können die Verfassungsschützer die AfD nicht beobachten, bis das Verwaltungsgericht Köln ein Urteil gefällt hat

 08.05.2025