NS-Opfer

»Unser aller Arbeit«

Ukrainische Schoa-Überlebende Foto: Marco Limberg

Drei Jahre sind vergangen, seit die Stiftung »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« ihre Aufgabe, ehemalige osteuropäische NS-Zwangsarbeiter zu entschädigen, offiziell für erledigt erklärte. Voreilig sei dies, kritisierten damals manche Beobachter – und nun gibt es erstmals auch Stimmen in der deutschen Wirtschaft, die sich diesem Urteil offenbar anschließen. Angesichts von Schätzungen der Jewish Claims Conference (JCC), wonach die Hälfte der 517.000 noch jüdischen NS-Opfer unter der Armutsgrenze leben, schlagen einzelne Akteure aus Unternehmen vor, die offiziell abgeschlossenen Entschädigungsbemühungen der Stiftung wiederaufzunehmen.

Verantwortung Sichtbar wurde dies jüngst bei den Feierlichkeiten zum zehnjährigen Bestehen der Stiftung in Berlin. Der stellvertretende Vorsitzende des Kuratoriums und Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft, Jörg Freiherr Frank von Fürstenwerth, hielt nicht die erwartete Festrede, sondern formulierte einen überraschenden Appell: »Die Arbeit, unser aller Arbeit, ist nicht zu Ende.« Er sei in Sorge, »dass alles Erreichte gefährdet ist, wenn es nicht gelingt, in gemeinsamer Verantwortung den letzten Überlebenden von KZ-Haft und anderen unmenschlichen Verbrechen zu ermöglichen, ihre letzten Lebensjahre in Würde zu verbringen«. Es sei »unerträglich zu wissen, dass die Opfer der Schoa ihre letzten Tage in sozialer Not verbringen müssen«.

Kommt es also zu einem neuen Anlauf der deutschen Wirtschaft? Bis zu 100.000 Überlebende leben der JCC zufolge heute nicht nur in Armut, sondern sind auch dringend pflegebedürftig. Vor allem um sie geht es bei den Gesprächen um eine neue Anstrengung der deutschen Wirtschaft, die bereits in den Wochen vor den Feierlichkeiten zum zehnjährigen Stiftungs-Jubiläum in loser Folge stattgefunden haben – und weiter andauern.

Sammelklage Rein juristisch können Unternehmen kaum mehr zu Zahlungen gezwungen werden: Die Bundesregierung und die deutsche Wirtschaft gaben über die Stiftung »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« von 2001 bis 2007 insgesamt 4,4 Milliarden Euro für 1,66 Millionen Menschen aus, um aussichtsreiche Sammelklagen vor US-Gerichten abzuwehren. Mit Gründung der Stiftung wurden zwar hohe Hürden und strenge Fristen geschaffen, an denen mancher hochbetagte Zwangsarbeiter scheiterte. Doch durch die juristische Ausgestaltung der Stiftung ist der Rechtsweg für viele Betroffene nun versperrt.

An der Finanzierung der Stiftung »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« beteiligte sich im Jahr 2000 die Bundesregierung zur Hälfte. Heute, zehn Jahre später, möchte das Finanzministerium den Vorschlag eines neuen Anlaufs nicht bewerten. Es gäbe derzeit keine Initiative der Bundesregierung, diese »persönliche« Idee einzelner Wirtschaftsvertreter auszuführen, teilt ein Sprecher des Ministeriums mit. Dass man zumindest aufseiten der Privatwirtschaft neue Bewegung beobachten könne, begrüßt Georg Heuberger, der Repräsentant des JCC in Deutschland.

Umfrage

KAS-Studie: Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine neue Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft vorgelegt. Dabei wurden auch Einstellungen zu Juden abgefragt

 09.12.2025

Naher Osten

Bericht: Keine Rolle für Tony Blair bei Gaza-Friedensrat

Anstelle Blairs ist der bulgarische Diplomat und ehemalige Nahostgesandte Nickolay Mladenov im Gespräch, wie die »Financial Times« vermeldete

 09.12.2025

Frankfurt am Main

Lufthansa Cargo stoppt Militärtransporte nach Israel

Während die politischen Beziehungen zwischen Berlin und Jerusalem eine Annäherung erleben, ist dies im Luftfahrt-Bereich nicht der Fall. Warum?

 08.12.2025

Berlin

Presseschau zum Israel-Besuch von Kanzler Friedrich Merz

Wie bewerten deutsche Leit- und Regionalmedien Merz‘ Antrittsbesuch bei Ministerpräsident Benjamin Netanjahu?

 08.12.2025

Toronto

Miriam Mattova aus Uber geworfen, weil sie Jüdin ist

»Was passiert ist, ist nicht nur ein unangenehmer Moment. Es ist eine Erinnerung daran, warum es wichtig ist, sich zu äußern«, sagt das Model

 08.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  08.12.2025

Jerusalem

Ein neuer Sound?

Unterwegs mit Bundeskanzler Friedrich Merz bei seiner Antrittsreise in Israel

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 09.12.2025 Aktualisiert

Israel

Berichte: Netanjahu traf Blair heimlich zu Gaza-Zukunft

Bei einem Treffen zwischen Netanjahu und Blair soll es um Pläne für die Zukunft des Gazastreifens gegangen sein. Für Blair ist eine Rolle in Trumps »Friedensrat« vorgesehen

 07.12.2025