Interview

»Überwältigende Resonanz«

Zentralratspräsident Josef Schuster Foto: ZR/Thomas Lohnes

Herr Schuster, wie fällt Ihre Bilanz der EMG 2015 aus?
Ich bin sehr zufrieden mit den ersten Europäischen Makkabi-Spielen auf deutschem Boden. Es gab wenige antisemitische Zwischenfälle, die ich sehr bedauere, aber insgesamt hatten die Teilnehmer, so hört man allenthalben, viel Freude, und vor allem hat die Öffentlichkeit einen Teil des jüdischen Lebens mitbekommen, der vielen bisher unbekannt war. Die Resonanz in den Medien war überwältigend.

Wie bewerten Sie den sportlichen Erfolg der deutschen Mannschaft und die Organisation der Spiele?
Ich weiß, dass jeder Sportler sich über eine Medaille unglaublich freut. Aber ehrlich gesagt, finde ich das Abschneiden einzelner Mannschaften gar nicht so wichtig. Wichtig ist mir, dass die Sportler sich als Teil einer großen, weltweiten jüdischen Gemeinschaft fühlen können und daraus Selbstbewusstsein schöpfen. Mir sind keinerlei Beschwerden zu Ohren gekommen – das ist ein sicheres Indiz, dass Makkabi Deutschland die Spiele sehr gut organisiert hatte.

Es war oft zu hören, dass sich nun ein Kreis geschlossen habe. Was denken Sie?
Viele haben das sicher so empfunden, was man ja auch bei der Eröffnungsfeier in der Waldbühne in den Videos sehen konnte. Ich würde allerdings diese Metapher eher nicht verwenden, weil sie ein wenig nach Abschluss oder Schlussstrich klingt. Wir wollen aber die Erinnerung lebendig halten. Ich gehe jedoch davon aus, dass auch jene, die die Kreis-Metapher gewählt haben, keinen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen wollen.

Die Spiele seien Ausdruck einer Neuorientierung des Judentums in Deutschland gewesen, war in einer Zeitung zu lesen. Können Sie damit etwas anfangen?
Vielleicht eher eine Neuorientierung der nichtjüdischen Öffentlichkeit? Für uns sind die Makkabi-Vereine und auch die Makkabiaden ja etwas sehr Vertrautes in unserem jüdischen Alltag. Aber unsere Umwelt hat das bisher nicht so stark wahrgenommen. Auch das Selbstbewusstsein und die Lebensfreude innerhalb der jüdischen Gemeinschaft sind vermutlich erstmals in dieser Dimension nach außen gedrungen.

Aktive und Fans des deutschen Teams waren in Schwarz-Rot-Gold und mit »Schland«-Rufen dabei. Wie fanden Sie das?
Ich denke, das zeigt ein selbstbewusstes und unverkrampftes Verhältnis der jungen jüdischen Generation zu ihrem Heimatland. Und das ist etwas sehr Positives.

Hatten Sie zuvor Sicherheitsbedenken?
Bei Großveranstaltungen dieser Art, zumal bei jüdischen, ist immer ein Risiko vorhanden. Aber da auf die Sicherheit im Vorfeld großer Wert gelegt worden war und wir in der Vergangenheit gute Erfahrungen mit der Polizei und den Sicherheitsbehörden gemacht haben, war ich zuversichtlich, dass nichts passiert. Es ist ein schönes Gefühl, wenn es dann tatsächlich auch so kommt.

Mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden sprach Detlef David Kauschke.

Interview

»Wir müssen viel mehr für die Rückführung von Antisemiten tun«

Der Bundestagsabgeordnete Johannes Volkmann (CDU) über den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland, die zögerliche Reaktion der Politik und Abschiebungen als Gefahrenabwehr

von Joshua Schultheis  13.11.2025

Berlin

Wegner setzt im Fördermittelstreit auf Aufklärung

»Es sind Vorwürfe im Raum, die muss man sich genau anschauen. Und dann werden wir gegebenenfalls, wenn es notwendig ist, die richtigen Konsequenzen ziehen«, betont der Regierende Bürgermeister

 12.11.2025

Deutschland

Waffen für Anschläge besorgt: Weiteres Hamas-Mitglied festgenommen

Der Mann soll ein Sturmgewehr, mehrere Pistolen und Munition für Anschläge auf jüdische und israelische Einrichtungen besorgt haben

 12.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Einmischung

Trump fordert Begnadigung Netanjahus

Israels Regierungschef Netanjahu steht wegen Betrugs, Bestechung und anderer Vorwürfe vor Gericht. Israels Präsident müsse ihn begnadigen, forderte nun US-Präsident Trump - damit er das Land vereinen könne

 12.11.2025

Sabine Brandes

Wie Donald Trump Israels Demokratie angreift

Der US-Präsident hat angekündigt, in den Korruptionsprozess gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu eingreifen zu wollen. Damit geht der Amerikaner eindeutig zu weit

von Sabine Brandes  12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Verhandlung über Waffenlieferungen an Israel

Insgesamt sechs Kläger wollen vor dem Berliner Verwaltungsgericht in zwei Fällen feststellen lassen, dass der Export deutscher Rüstungsgüter an Israel rechtswidrig war. Eine Entscheidung wird noch für Mittwoch erwartet

 12.11.2025