Parlament

»Über Antisemitismus in Deutschland muss gesprochen werden«

CDU-Chef Friedrich Merz Foto: picture alliance/dpa

Seit mehr als fünf Monaten habe man sich bemüht, entsprechende Texte zum Thema Antisemitismus in Deutschland mit der Koalition abzustimmen. Nun werde man eigene Anträge in den Bundestag einbringen und im Parlament debattieren. Das sagte CDU-Partei- und Fraktionschef Friedrich Merz am Dienstagnachmittag vor der Fraktionssitzung in Berlin.

Merz verwies dabei auf judenfeindliche Vorfälle in Deutschland, insbesondere in wissenschaftlichen und künstlerischen Einrichtungen: »Über Antisemitismus muss in Deutschland gesprochen werden.«

Auf der Tagesordnung stehen an diesem Freitag ein Entschließungsantrag der Union, ein Gesetzentwurf zur Änderung des Strafgesetzbuches zur Bekämpfung von Antisemitismus, Terrorismus, Volksverhetzung und Volksverhetzung sowie ein Gesetzentwurf zur Aufenthaltsbeendigung und Verhinderung der Einbürgerung von Ausländern mit antisemitischer Gesinnung.

Lesen Sie auch

»Wichtiges Anliegen«

Auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen teilte die FDP-Fraktion am Dienstagnachmittag mit: »Das konsequente Vorgehen gegen jeden Antisemitismus ist der Fraktion der Freien Demokraten ein wichtiges Anliegen - so wichtig, dass wir dem möglichst mit einem gemeinsamen Antrag der demokratischen Mitte Nachdruck verleihen wollen, den sowohl die Regierungsfraktionen als auch die Unionsfraktion unterstützen. Eine zeitnahe Einigung bleibt unser gemeinsames Ziel. Dazu erging heute auch nochmal eine Einladung an die Unionsfraktion.«

Die Union kündige das gemeinsame Vorgehen gegen Antisemitismus auf, heißt es in einer am Mittwoch verbreiteten Erklärung der stellvertretenden Vorsitzenden der Regierungsfraktionen. Darin formulieren Dirk Wiese (SPD), Konstantin von Notz (Bündnis 90/Grüne) und Konstantin Kuhle (FDP): »Der Schutz jüdischen Lebens und die Solidarität mit Jüdinnen und Juden muss fraktionsübergreifender Konsens der Demokratinnen und Demokraten sein. Der einseitige Ausstieg von CDU und CSU aus den Verhandlungen schadet diesem Anliegen.« Die Koalition stehe weiterhin für einen gemeinsamen Antrag zum Thema Antisemitismus zur Verfügung und wolle die Verhandlungen fortsetzen. »Wir appellieren nachdrücklich an Friedrich Merz, auf den gemeinsamen Weg für eine gemeinsame und wirkungsvolle Bekämpfung von Antisemitismus zurückzukehren.«

Treffen zwischen Zentralrat, Ampel- und Unionsfraktion fällt aus

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hatte in der Jüdischen Allgemeinen kritisiert, dass sich wieder einmal das Primat der Parteipolitik durchgesetzt habe. Der Schutz jüdischen Lebens lasse aber keinen Raum für politisches Taktieren: »Die Fraktionen sind in der Pflicht, den Geist der ursprünglichen Anträge zu erhalten und eine fraktionsübergreifende Antwort auf den anhaltenden Judenhass im Land zu geben.«

Der Zentralrat der Juden hatte die Fraktionen für Freitagmorgen zu einem Vermittlungsgespräch eingeladen. Doch das muss nun ausfallen. »In der Kürze der Zeit konnte ein solches Gespräch, das auch zielführend sein muss, leider nicht realisiert werden. Wir sind zudem der Auffassung, dass die Fraktionen untereinander einigen Klärungsbedarf haben, bevor es zu dieser Vermittlung kommen kann«, teilte ein Zentralrats-Sprecher mit. »Es bleibt das Ziel, ein solches Gespräch zu einem späteren Zeitpunkt zu führen. Für den Zentralrat ist ein aus der Mitte des Bundestages gefasster Entschluss zum Schutz jüdischen Lebens, der im Geist der Anträge vom November 2023 steht, von großer Bedeutung.«ddk

Berlin

»Besetzung gegen Antisemitismus« an TU Berlin

Nach pro-palästinensischen Universitätsbesetzungen in der Vergangenheit haben nun Studierende ein Gebäude an der TU Berlin besetzt, um gegen Antisemitismus zu protestieren. Sie machen dem Allgemeinen Studierendenausschuss Vorwürfe

 10.11.2025

Antisemitismus

Rabbinatsstudent am Berliner Hauptbahnhof beschimpft

Der angehende Rabbiner aus Deutschland war am 9. November auf dem Weg zu einer Gedenkveranstaltung für die Novemberpogrome. Sein Urgroßvater hat die Schoa überlebt

 10.11.2025

Hannover

Ministerium erinnert an 1938 zerstörte Synagoge

Die 1938 zerstörte Neue Synagoge war einst mit 1.100 Plätzen das Zentrum des jüdischen Lebens in Hannover. Heute befindet sich an dem Ort das niedersächsische Wissenschaftsministerium, das nun mit Stelen an die Geschichte des Ortes erinnert

 10.11.2025

Aufruf

Knobloch: Das Schweigen gegen Rechts muss ein Ende haben

Zum Jahrestag der Novemberpogrome von 1938 warnt Charlotte Knobloch eindringlich vor Rechtsextremismus. Auch ein Historiker mahnt zur Wachsamkeit

von Hannah Krewer  10.11.2025

9. November

Karin Prien gedenkt in Amsterdam den Novemberpogromen

Die Bildungsministerin, die selbst in der holländischen Hauptstadt geboren wurde, sprach in der Portugiesischen Synagoge auch über ihre jüdischen Wurzeln

 10.11.2025

Baden-Württemberg

17-Jähriger will Israelfahne bei Pogromgedenken anzünden

In Lahr im Schwarzwald wurde eine Veranstaltung zum Gedenken an die Novemberpogrome massiv gestört

 10.11.2025

Meinung

Wieder ein Milliarden-Blankoscheck für Palästina?

Europa will den Wiederaufbau Gazas mit 1,6 Milliarden Euro fördern. Glaubt man in Brüssel wirklich, durch Scheckbuchdiplomatie etwas zum Besseren verändern zu können?

von Jacques Abramowicz  10.11.2025

Berlin

Altbundespräsident: »Wir brauchen mehr Entschlossenheit«

Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck fordert mehr Beschäftigung mit dem Antisemitismus aus dem arabischen Raum und von links

 09.11.2025

Erinnerung

Den alten und den neuen Nazis ein Schnippchen schlagen: Virtuelle Rundgänge durch Synagogen

Von den Nazis zerstörte Synagogen virtuell zum Leben erwecken, das ist ein Ziel von Marc Grellert. Eine Internetseite zeigt zum 9. November mehr als 40 zerstörte jüdische Gotteshäuser in alter Schönheit

von Christoph Arens  09.11.2025