Berlin

Tag des Erinnerns

Bundespräsident Joachim Gauck hat am Freitag den Schoa-Überlebenden Naftali Fürst in Berlin getroffen. Mit drei jüdischen Stipendiaten des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks sowie Schülern aus Marzahn-Hellersdorf sprachen Gauck und Fürst im Ort der Information am Holocaust-Mahnmal über die Verbrechen des NS-Regimes.

»Ich habe als junger Mensch zum ersten Mal von dem Massenmord an den Juden gehört und war schockiert«, sagte Gauck. Er kritisierte, dass Deutschland sich nach der Schoa lange Zeit nicht seiner Vergangenheit gestellt hätte. Dies sei leider auch in seiner Familie der Fall gewesen.

rückblick
»Meine Eltern waren harmlose Mitläufer, man konnte ihnen nichts vorwerfen. Aber wenn ich sie fragte, was sie damals alles gewusst haben, sagten sie immer: nichts.« Wäre er im Westen aufgewachsen, betonte Gauck, so hätte er sich »aus Frust und Wut sicherlich den wilden 68ern« angeschlossen.

Naftali Fürst erklärte, dass er als Opfer ebenfalls lange Zeit nicht über seine Zeit im Konzentrationslager Buchenwald sprechen konnte. Er habe mehr als fünf Jahrzehnte kein Wort Deutsch gesprochen und alles Deutsche abgelehnt, so der 1932 in Pressburg geborene Israeli. »Erst 2005 war ich zum ersten Mal wieder hier und habe ein ganz anderes Land als damals vorgefunden.« Die Entscheidung, über seine Erinnerungen zu sprechen, sei für ihn bis heute sehr wichtig: »Dadurch habe ich meinen Gefühlen eine Form gegeben. Seitdem geht es mir besser.«

parteiverbot Auf die Frage eines Schülers, warum angesichts der Geschichte Deutschlands die rechtsextreme Partei NPD nicht verboten werde, sagte Gauck: »Was die NPD macht, ist besonders ekelhaft, widerlich und unerträglich.« Es gebe viel, das für ein Verbot der Partei spreche – mit Blick auf die Freiheit und die Machbarkeit eines Verbotsverfahrens allerdings auch einige Argumente dagegen. Alles in allem sei er gerade dabei, sich auf Grundlage von Gesprächen mit Historikern, Juristen und anderen Politikern eine abschließende Meinung zu bilden. So oder so aber ist er sich sicher: »Unsere Demokratie ist stärker als die NPD.«

Am 30. Januar wird Gauck an der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus des Deutschen Bundestages in Berlin teilnehmen. Am Abend wird er die Vorlesung zum 70. Jahrestag der Hinrichtung von Mitgliedern der »Weißen Rose« an der Ludwig-Maximilians-Universität in München halten.

Bulletin

Terrorangriff in Sydney: 20 Verletzte weiter im Krankenhaus

Fünf Patienten befinden sich nach Angaben der Gesundheitsbehörden in kritischem Zustand

 17.12.2025

Bondi Beach

Sydney-Attentäter wegen 15-fachen Mordes angeklagt

15-facher Mord, Terrorismus, Sprengstoffeinsatz - dem überlebenden Sydney-Attentäter werden 59 Tatbestände zur Last gelegt

 17.12.2025

Meinung

Die Empörung über Antisemitismus muss lauter werden

Der Anschlag von Sydney war in einem weltweiten Klima des Juden- und Israelhasses erwartbar. Nun ist es an der Zeit, endlich Haltung zu zeigen

von Claire Schaub-Moore  17.12.2025

Washington D.C.

Trump ruft zu Vorgehen gegen islamistischen Terror auf

Bei einer Chanukka-Feier im Weißen Haus spricht der Präsident den Hinterbliebenen der Opfer vom Anschlag in Sydney sei Beileid aus

 17.12.2025

Washington D.C.

USA verhängen Einreisestopp für Inhaber palästinensischer Dokumente

Zur Begründung heißt es, in den palästinensischen Gebieten seien mehrere von den USA als Terrororganisationen eingestufte Gruppen aktiv, die auch US-Bürger getötet hätten

 17.12.2025

Interview

»Die Genozid-Rhetorik hat eine unglaubliche Sprengkraft«

Der Terrorismusforscher Peter Neumann über die Bedrohungslage für Juden nach dem Massaker von Sydney und die potenziellen Auswirkungen extremer Israel-Kritik

von Michael Thaidigsmann  16.12.2025

Wirtschaft

Hightech-Land Israel: Reiche sieht Potenzial für Kooperation

Deutschland hat eine starke Industrie, Israel viele junge Start-ups. Wie lassen sich beide Seiten noch besser zusammenbringen? Darum geht es bei der Reise der Bundeswirtschaftsministerin

 16.12.2025

Meinung

Der Stolz der australischen Juden ist ungebrochen

Der Terroranschlag von Sydney hat die jüdische Gemeinschaft des Landes erschüttert, aber resigniert oder verbittert ist sie nicht. Es bleibt zu hoffen, dass die Regierung künftig mehr für ihren Schutz tut

von Daniel Botmann  16.12.2025

IS-Gruppen

Attentäter von Sydney sollen auf den Philippinen trainiert worden sein

Die Hintergründe

 16.12.2025