Protest

Steiger Award für Erdogan

Recep Tayyip Erdogan und Gerhard Schröder (v.l.), 2003 Foto: dpa

Die Verleihung des Steiger Awards 2012 an den türkischen Premierminister Recep Tayyip Erdogan ist in die Kritik geraten. Der Preis, der dem Politiker an diesem Samstag in Bochum überreicht werden wird, ehrt »Persönlichkeiten, die sich durch Geradlinigkeit, Offenheit, Menschlichkeit und Toleranz auszeichnen«. Dagegen und gegen die Laudatio, die vom Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder gehalten wird, wehren sich Verbände und Organisationen.

Publizist Ralph Giordano kritisiert die Verleihung in einem offenen Brief an Schröder scharf: »Es ist derselbe Erdogan, der den Völkermord an den Armeniern 1915/16 auch nach fast hundert Jahren noch leugnet.« Die Preisübergabe sei »ebenso verlogen wie ihre Laudatio«. In seinem Schreiben weist Giordano darauf hin, dass der Genozid an den Armenier während Schröders Amtszeit vom Deutschen Bundestag anerkannt wurde. Deswegen sei es unverständlich, warum der Altbundeskanzler nun die Laudatio auf den türkischen Premier halte, der in seiner Rede im März 2001 in Düsseldorf »eine Kriegserklärung an die Integration« abgefeuert habe.

Begründung Die Auszeichnung sei »ausdrücklich keine Bewertung der innen- und außenpolitischen Aktivitäten des türkischen Ministerpräsidenten«, heißt es auf der Seite des Steiger Awards, der 2008 von dem Medienberater Sascha Hellen ins Leben gerufen wurde. Premierminister Recep Tayyip Erdogan erhalte die Auszeichnung »stellvertretend für das türkische Volk für 50 Jahre deutsch-türkische Freundschaft«, lautet die Begründung des Initiators.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände in der Bundesrepublik Deutschland (BAGIV) kritisiert die Verleihung ebenfalls. Man ehre einen Präsidenten, der ein »›Leugnungsgewerbe‹ betreibt, der sich massiv gegen die Integration der Türken in Deutschland einsetzt, der die Republik Zypern nicht anerkennt und darüber hinaus mit militärischen Mitteln droht, der keinesfalls die nötige Reife für eine Europa-Politik besitzt«. Die BAGIV fordert hier die »sofortige Rücknahme und Aberkennung des Steiger Awards für Erdogan«. Der türkische Politiker sei »weit von Begriffen wie Menschlichkeit, Toleranz und Europa entfernt«.

Die Hochschulgruppe Rostock der Deutsch-Israelischen-Gesellschaft (DIG) betrachtet es »als ungeheuerlichen Vorgang, dass durch die Auszeichnung Ministerpräsident Erdogans in der Kategorie ›Europa‹ die Konzeption eines Europa der Toleranz, der Liberalität und der Demokratie öffentlich der Lächerlichkeit preisgegeben wird«.

Das Duisburger Bündnis gegen Antisemitismus hat am Samstag unter dem Motto »Keine Auszeichnung für Islamismus und Antisemitismus! Erdogan und Mankell sind nicht willkommen!« eine Protestkundgebung angemeldet. Der schwedische Schriftsteller Henning Mankell ist bei der Preisverleihung als Laudator geladen. ja

Geschichte

Rechts und links: Wie die AfD ein falsches Goebbels-Zitat verbreitet

Ein Faktencheck

 02.07.2025

Reaktionen

Massive Kritik an Urteil über Charlotte Knoblochs Ex-Leibwächter

Der Mann bewachte die Präsidentin der IKG München, obwohl er sich privat judenfeindlich und rassistisch äußerte. Für das Verwaltungsgericht nicht genug, um ihn aus dem Polizeidienst zu entlassen

 02.07.2025

Kommentar

Justiz: Im Zweifel für Antisemitismus?

Ein Verwaltungsgerichtsurteil lässt große Zweifel aufkommen, dass es alle mit der Bekämpfung von Antisemitismus unter Beamten ernst meinen

von Michael Thaidigsmann  02.07.2025

Australien

Zwei Krankenpfleger, die damit drohten, jüdische Patienten zu töten, haben Arbeitsverbot

Im Februar sorgte ein TikTok-Video für Abscheu und Empörung, in dem zwei Krankenpfleger ihrem blanken Judenhass freien Lauf ließen. Nun stehen sie vor Gericht

 02.07.2025

Nach Skandal-Konzert

Keine Bühne bieten: Bob-Vylan-Auftritt in Köln gestrichen

Die Punkband hatte beim Glastonbury-Festival israelischen Soldaten den Tod gewünscht

 02.07.2025

Statistik

Deutlich mehr antisemitische Vorfälle in Brandenburg

Der aktuelle Monitoringbericht der Fachstelle Antisemitismus für 2024 dokumentiere einen Anstieg um mehr als 28 Prozent auf insgesamt 484 Fälle

 02.07.2025

Pro & Contra

Sollte der Krieg in Gaza beendet werden?

Zwei Meinungen zur Debatte

von Dan Schueftan, Sabine Brandes  02.07.2025

Einspruch

Wir müssen gegen den Iran wehrhaft sein

Die deutsche Politik braucht eine entschlossene Haltung gegen die terroristische Bedrohung aus Teheran. Die jüdischen Gemeinden machen es vor: Sie investieren in Sicherheit und mentale Standhaftigkeit

von Josef Schuster  02.07.2025

Berlin

»BILD«: Hinweis auf Ausspähung von deutschen Juden durch den Iran kam vom Mossad

Die Hintergründe

 01.07.2025