Im Fall des 1979 verschwundenen New Yorker Jungen Etan Patz wird es zu einem neuen Prozess kommen. Die Staatsanwaltschaft in Manhattan kündigte an, den bereits verurteilten Pedro Hernandez erneut anzuklagen. Vorausgegangen war ein Urteil eines Berufungsgerichts, das die ursprüngliche Verurteilung wegen fehlerhafter Richteranweisungen an die Geschworenen aufgehoben hatte.
Die Behörde erklärte laut amerikanischen Medien: »Nach gründlicher Prüfung hat die Staatsanwaltschaft festgestellt, dass die verfügbaren, zulässigen Beweismittel eine erneute Anklage wegen Mordes zweiten Grades und Entführung ersten Grades rechtfertigen, und wir sind bereit fortzufahren.«
Hernandez, heute 64 Jahre alt, war 2017 schuldig gesprochen worden. Er hatte den Ermittlern gestanden, den damals sechsjährigen Etan in den Keller eines Bodegas im SoHo-Viertel gelockt und getötet zu haben. Jahrzehntelang hatte der Fall die Öffentlichkeit erschüttert und die Ermittler vor große Rätsel gestellt.
Fotos auf Milchkartons
Im Juli jedoch hob ein Bundesberufungsgericht die Verurteilung auf. Da der Prozessrichter die Geschworenen falsch instruiert habe, müsse Hernandez entweder erneut vor Gericht gestellt oder freigelassen werden. Er blieb dennoch in Haft. Nun soll der neue Prozess bis spätestens 1. Juni beginnen.
Die Anwälte des Angeklagten reagierten empört auf die Entscheidung zur Neuauflage: »Wir sind zutiefst enttäuscht über diese Entscheidung, da wir weiterhin überzeugt sind, dass Mr. Hernandez ein unschuldiger Mann ist«, erklärten Harvey Fishbein und Alice Fontier. »Aber wir werden für den Prozess bereit sein und eine noch stärkere Verteidigung präsentieren.«
Der jüdische Junge Etan Patz verschwand am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Er wollte an diesem Tag erstmals allein dorthin gehen. Der Fall führte damals dazu, dass Fotos vermisster Kinder erstmals auf Milchkartons gedruckt wurden, um Zeugen zu finden. 2001 wurde Etan offiziell für tot erklärt. Seine Leiche wurde nie gefunden.
Leiche im Müllsack
Erst 2012 kam Bewegung in den Fall, nachdem sich ein Angehöriger von Hernandez bei der Polizei gemeldet hatte. Hernandez wurde in New Jersey verhaftet und gestand später, den Jungen erwürgt und die Leiche in einem Müllsack entsorgt zu haben.
Der erste Prozess 2015 endete ohne Urteil, die zweite Verhandlung 2016 drehte sich fast vollständig um das Geständnis des Beschuldigten. Die Verteidigung argumentiert bis heute, Hernandez sei psychisch krank und geistig eingeschränkt und habe erst nach stundenlangen Verhören ausgesagt.
Die Berufungsrichter beanstandeten, dass die Geschworenen während der Beratungen nicht ausreichend darüber informiert worden seien, wie sie zwischen einem möglicherweise erzwungenen Geständnis und späteren Aussagen unterscheiden dürften. Mit der Entscheidung der Staatsanwaltschaft geht einer der bekanntesten Vermisstenfälle der amerikanischen Rechtsgeschichte nun in eine weitere Runde.