Bundesbildungsministerium

Spitzenbeamtin soll gehen

Sabine Döring Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress

Im Bundesbildungsministerium gibt es personelle Konsequenzen nach Kritik am Umgang mit einem offenen Brief zu den antisemitischen Hochschulprotesten an der FU Berlin.

Staatssekretärin Sabine Döring soll in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, wie Ministerin Bettina Stark-Watzinger am späten Sonntagabend mitteilte. Darum habe sie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gebeten.

Hintergrund ist ein interner Prüfauftrag zu möglichen förderrechtlichen Konsequenzen für Hochschullehrer, die die Räumung eines Protestcamps ebenso judenfeindlicher wie aggressiver Demonstranten an der FU Berlin kritisiert hatten.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Zur Erinnerung: Bei den Protesten Mitte Mai zogen zahlreiche »propalästinensische« Demonstranten vor die FU Berlin, besetzten Räumlichkeiten, skandierten antisemitische Schlachtrufe, verherrlichten Gewalt gegen Juden, riefen zur Auslöschung des jüdischen Staates auf, begingen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

«Die Wissenschaftsfreiheit ist ein sehr hohes Gut und zu Recht verfassungsrechtlich geschützt», erklärte Stark-Watzinger. Der entstandene Eindruck sei geeignet, das Vertrauen von Wissenschaftlern in das Bundesbildungsministerium «nachhaltig zu beschädigen». «Wissenschaftsförderung erfolgt nach wissenschaftlichen Kriterien, nicht nach politischer Weltanschauung», betonte die Ressortchefin.

Strafrechtliche Relevanz

Stark-Watzinger hatte den im Mai veröffentlichten Brief scharf kritisiert: «Statt sich klar gegen Israel- und Judenhass zu stellen, werden Uni-Besetzer zu Opfern gemacht und Gewalt verharmlost», sagte sie damals der «Bild»-Zeitung.

Auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen sagte Stark-Watzinger damals: »Dieses Statement macht fassungslos. Statt sich klar gegen Israel- und Judenhass zu stellen, werden Uni-Besetzer zu Opfern gemacht und Gewalt verharmlost.«

Kürzlich berichtete dann das ARD-Magazin «Panorama» unter Berufung auf interne E-Mails, im Bildungsministerium sei um eine Prüfung gebeten worden, inwieweit Aussagen im Brief strafrechtlich relevant sind und ob das Ministerium als Konsequenz Fördermittel streichen könnte. Das sorgte für Kritik.

Lesen Sie auch

Stark-Watzinger erklärte nun, ihr sei eine E-Mail der Fachebene ihres Ministeriums zu diesem Thema am 11. Juni «zur Kenntnis gebracht worden». Sie habe veranlasst, dass der Sachverhalt gründlich und transparent aufgearbeitet werde. «Fest steht, dass eine Prüfung potentieller förderrechtlicher Konsequenzen bei den zuständigen Fachreferaten in der Tat erbeten wurde.»

Förderrechtliche Konsequenzen

Die für die Hochschulabteilung zuständige Staatssekretärin Döring habe den Prüfauftrag veranlasst. «Ebenfalls hat sie erklärt, dass sie sich bei ihrem Auftrag der rechtlichen Prüfung offenbar missverständlich ausgedrückt habe. Nichtsdestotrotz wurde der Eindruck erweckt, dass die Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen auf der Basis eines von der Meinungsfreiheit gedeckten offenen Briefes im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erwogen werde.»

Das widerspreche den Prinzipien der Wissenschaftsfreiheit, unterstrich die FDP-Politikerin. «Prüfungen förderrechtlicher Konsequenzen wegen von der Meinungsfreiheit gedeckten Äußerungen finden nicht statt.»

Döring hatte vergangene Woche erklärt, die Hausleitung habe «sehr zeitnah nach Erteilung des Prüfauftrags klargestellt, dass zuwendungsrechtliche Aspekte» nicht Bestandteil der rechtlichen Prüfung sein sollten. Diese habe ergeben, dass der Inhalt des Briefs von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.

Ausblendung des Terrors

In einem «Statement von Lehrenden an Berliner Universitäten» hatten mehr als 100 Dozenten von mehreren Berliner Hochschulen im Mai die Räumung eines Protestcamps antisemitischer Demonstranten an der Freien Universität Berlin kritisiert.

«Unabhängig davon, ob wir mit den konkreten Forderungen des Protestcamps einverstanden sind, stellen wir uns vor unsere Studierenden und verteidigen ihr Recht auf friedlichen Protest, das auch die Besetzung von Uni-Gelände einschließt», schrieben sie. Und weiter: «Wir fordern die Berliner Universitätsleitungen auf, von Polizeieinsätzen gegen ihre eigenen Studierenden ebenso wie von weiterer strafrechtlicher Verfolgung abzusehen.»

Stark-Watzinger reagierte schon damals entsetzt auf den Unterstützerbrief. «Es macht mich bis heute fassungslos, wie einseitig in diesem Brief der Terror der Hamas ausgeblendet wurde», erklärte sie nun. «Und wie dort etwa pauschal gefordert wurde, Straftaten an den Universitäten nicht zu verfolgen, während gleichzeitig antisemitische Volksverhetzung und gewalttätige Übergriffe gegen jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger zu beobachten sind.»

»Legitimer Teil«

Sie betonte jetzt aber mit Blick auf den offenen Brief auch: «Das ist ein legitimer Teil von Debatte und Meinungsfreiheit. Genauso selbstverständlich ist es, dem eine andere Meinung gegenüberzustellen.» dpa/ja

Porträt

Der Sinneswandler

Derviş Hizarcı ist Muslim und kämpft gegen Judenhass in der Community. Eine Begegnung in Berlin

von Canan Topçu  14.12.2024

Weiden

Muslimischer Prediger rief zur Tötung von Juden auf – Bewährungsstrafe

Neben der Freiheitsstrafe auf Bewährung wurde dem Mann eine Geldstrafe auferlegt

 13.12.2024

Israel

TV-Bericht: Netanjahu wurde vor dem 7. Oktober von zwei Seiten vor Angriff gewarnt

Im Krankenhaus soll der Ministerpräsident auf die Bedrohung angesprochen worden sein. Sein Büro spricht von »Verleumdung und Lügen«

 13.12.2024

Nahost

Acht Hamas-Mitglieder in Gaza getötet

Zu den Terroristen gehört ein Mann, der am Massaker vom 7. Oktober 2023 in Israel beteiligt war

 13.12.2024

Berlin/Jerusalem/Tel Aviv

60 Jahre diplomatische Beziehungen: Deutsch-israelischer Buchmesse-Pavillion abgesagt

Regierungsbeamte in Israel sind enttäuscht. Die Bundesregierung sieht die Sache anders

 13.12.2024 Aktualisiert

Meinung

Wenn Social Media zur Gefahr für die Demokratie wird

Politik und Plattformbetreiber müssen konsequent gegen Desinformation und Hetze vorgehen

von Anna Staroselski  12.12.2024

Berlin

Roth: Israelische Angriffe auf syrische Waffenlager verständlich

Israels Luftwaffe bombardiert seit dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad massiv militärische Einrichtungen in Syrien. Der SPD-Politiker zeigt dafür zum Teil Verständnis

 12.12.2024

Nach Eklat

Vatikan entfernt Jesus-Kind mit Keffiyeh

Nach tagelanger Kritik hat die katholische Kirche nun reagiert, auch wenn sie sich öffentlich nicht äußert

von Nils Kottmann  12.12.2024

Baden-Württemberg

Nach antisemitischen Anfeindungen: Innenminister will Pfarrer schützen

Ein evangelischer Pastor in Langenau bei Ulm wird seit Monaten wegen seiner Kritik an den Hamas-Massakern angefeindet

 12.12.2024