Einspruch

Sie sind Vorbilder

Ronald S. Lauder Foto: Gregor Zielke

Der Aufstand würde nicht die Befreiung oder den Sieg über die deutschen Besatzer bringen. Das wussten die Aufständischen von vornherein. Doch mit ihrem Widerstand wollten die Juden im Warschauer Ghetto zeigen, dass man sie nicht wie Schafe zur Schlachtbank führen durfte.

Das Einzige, was sie erwartete, war der Tod im Kugelhagel der SS anstatt die Vergasung in einem Vernichtungslager. Dennoch leisteten sie ihren Peinigern wochenlang erbitterten Widerstand und mobilisierten fast übermenschliche Kräfte. Unter den wahren Helden des Zweiten Weltkriegs gebührt diesen Kämpfern gewiss ein Ehrenplatz. Sie sind Vorbilder.

widerstand Es bestürzt daher, dass sich bis heute die Mär hält, die Juden hätten sich damals fast gleichgültig ihrem Schicksal ergeben. Die Behauptung ist nicht nur historisch falsch. Sie zeugt auch von großem Unverständnis über die tatsächlichen Möglichkeiten Einzelner, in einem totalitären Staatswesen Widerstand zu leisten. Erst der Verbund der stärksten Militärmächte der Welt brachte das Ende des Krieges und den Sieg über Hitler-Deutschland.

Im Herrschaftsgebiet der Nationalsozialisten war der Terror allgegenwärtig. Mitleid oder gar Hilfeleistung für Juden konnten schnell tödlich sein. Das galt in besonderer Weise im besetzten Polen. Die übrige Bevölkerung hatte eine weitaus größere Überlebenschance, wenn sie keine Hand rührte für die bedrängten Juden.

Es bestürzt, dass sich bis heute die Mär hält, die Juden hätten sich damals fast gleichgültig ihrem Schicksal ergeben.

Mir liegt es fern, 80 Jahre später den Stab über diese Menschen zu brechen. Auch heute sind die wenigsten von uns zum Heldentum geboren. Doch gehört die Gleichgültigkeit und der Antisemitismus der Mehrheit ebenso zur historischen Wahrheit wie der Mut der Widerstandskämpfer und der Gerechten, die ihr Leben riskierten, um den Aufständischen im Ghetto zu helfen.

Es ist an uns, das Gedenken an die Helden zu bewahren. Dunkle Flecken der Geschichte dürfen dabei aber nicht unter den Teppich gekehrt werden.

Der Autor ist Präsident des Jüdischen Weltkongresses.

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  30.11.2025

Deutschland

Massive Proteste gegen neuen AfD-Nachwuchs 

Die AfD organisiert ihren Nachwuchs - Gießen erlebt den Ausnahmezustand. Zehntausende haben sich nach Mittelhessen aufgemacht, um die Gründung der Generation Deutschland zu verhindern

von Christian Schultz  30.11.2025

Rechtsextremismus

Fragezeichen nach skurriler Rede bei AfD-Jugendkongress 

Wer steckt hinter dem mysteriösen Auftritt des Mannes, der mit einer Rede im Hitler-Stil den Gründungskongress der AfD-Jugend aufmischte? Ihm droht der Parteiausschluss

von Jörg Ratzsch  30.11.2025

Gerechtigkeit

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz 

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz Jahrzehnte nach Ende des NS-Regimes hoffen Erben der Opfer immer noch auf Rückgabe von damals geraubten Kunstwerken. Zum 1. Dezember starten Schiedsgerichte. Aber ein angekündigter Schritt fehlt noch

von Verena Schmitt-Roschmann  30.11.2025

Dokumentation

»Sie sind nicht alleine!«

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hielt bei der Ratsversammlung des Zentralrats der Juden die traditionelle Gastrede

von Wolfram Weimer  30.11.2025

Gemeinden

Ratsversammlung des Zentralrats der Juden tagt in Frankfurt

Das oberste Entscheidungsgremium des jüdischen Dachverbands kommt einmal im Jahr zusammen

 30.11.2025 Aktualisiert

Berlin

Späte Gerechtigkeit? Neue Schiedsgerichte zur NS-Raubkunst

Jahrzehnte nach Ende der Nazi-Zeit kämpfen Erben jüdischer Opfer immer noch um die Rückgabe geraubter Kunstwerke. Ab dem 1. Dezember soll es leichter werden, die Streitfälle zu klären. Funktioniert das?

von Cordula Dieckmann, Dorothea Hülsmeier, Verena Schmitt-Roschmann  29.11.2025

Interview

»Es ist sehr viel Zeit verloren gegangen«

Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, zieht eine Bilanz seiner Arbeit an der Spitze der »Beratenden Kommission NS-Raubgut«, die jetzt abgewickelt und durch Schiedsgerichte ersetzt wird

von Michael Thaidigsmann  29.11.2025

Interview

»Weder die Verwaltung noch die Politik stehen an meiner Seite«

Stefan Hensel hat seinen Rücktritt als Antisemitismusbeauftragter Hamburgs angekündigt. Ein Gespräch über die Folgen des 7. Oktober, den Kampf gegen Windmühlen und kleine Gesten der Solidarität

von Joshua Schultheis  29.11.2025