Antisemitismus

»Sie nannten uns Mörder«

Tal Shorrer Foto: privat

Antisemitismus

»Sie nannten uns Mörder«

Tal Shorrer über seine negativen Erfahrungen als israelischer Reporter bei der Fußball-WM in Katar

von Joshua Schultheis  06.12.2022 09:20 Uhr

Herr Shorrer, Sie berichten für das israelische Fernsehen von der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Wie willkommen fühlen Sie sich dort als Israeli?
Die offiziellen Autoritäten, die Polizei und die Grenzbehörden, waren sehr korrekt. Es war eine freudige Überraschung, dass uns von dieser Seite keinerlei Schwierigkeiten gemacht wurden. Die Probleme fingen nach der Passkontrolle an. Als wir auf Menschen mit palästinensischen Flaggen trafen, fingen diese an, unsere Arbeit zu stören und uns zu beleidigen.

Was genau ist passiert?
Es waren etwa 20 Personen. Zuerst riefen sie »Free Palestine«. Das kann ich als politische Meinungsbekundung akzeptieren. Ich bin Journalist und für die Redefreiheit. Aber dann eskalierte es. Sie nannten uns »Mörder«, die Babys umbringen würden, und sagten, niemand in der Welt könne Juden leiden, wir seien in Katar nicht willkommen. Ich habe zahlreiche solcher Zwischenfälle erlebt. Ein anderes Mal wurde ich während einer Übertragung von einem Fan geschubst und antisemitisch beleidigt. Auch einige meiner israelischen Freunde, die zur WM in Katar sind, sowie andere Journalisten, die für Medien in Israel arbeiten, haben mir Ähnliches berichtet.

Wie gehen Sie mit diesen Feindseligkeiten um?
Ich habe das Symbol unseres Senders von meinem Mikrofon entfernt und setze es immer nur kurz vor einer Live-Übertragung auf. So hoffe ich, nicht so gut als israelischer Journalist erkennbar zu sein. Aber die vielen antisemitischen Beleidigungen haben mir den Spaß an der WM verdorben. Dort wird eine große Party gefeiert, aber als Israeli fühle ich mich nicht als Teil davon.

Haben Sie in Ihrem Beruf schon einmal etwas Vergleichbares erlebt?
Ich habe unter anderem von der Fußball-WM in Russland und von den Olympischen Spielen in verschiedenen Ländern berichtet. Nirgendwo habe ich etwas dieser Art erleben müssen. Zu einer Weltmeisterschaft bringen alle ihre Flaggen mit, auch aus Ländern, die nicht teilnehmen. Es ist Teil der Feier. Aber während sich Holländer oder Argentinier offen in Katar präsentieren können, gilt das für Israelis nicht.

Was raten Sie Israelis, die für die WM nach Katar kommen?
Ich rate ihnen, keine jüdischen Symbole in der Öffentlichkeit zu tragen, keine israelischen Flaggen mitzubringen und nicht zu laut Hebräisch zu sprechen. Leider ist es aktuell nicht angenehm, dort Jude oder Israeli zu sein. Das Wichtigste ist, auf die eigene Sicherheit zu achten. Man kann nie wissen, wann aus verbaler physische Gewalt wird. Die Eltern meiner Großeltern haben immer gesagt, ein Jude kann man nur zu Hause sein, außerhalb nicht. Ich dachte, das sei vorüber. Jetzt habe ich das Gefühl, zurück in ihre Zeit versetzt worden zu sein.

Mit dem Reporter des israelischen Senders »Reshet 13« sprach Joshua Schultheis.

Berlin

Mehr als 500 Rechtsextremisten mit Haftbefehl gesucht

Nach knapp 40 von ihnen wird wegen Gewaltstraftaten gefahndet

 18.11.2025

Berlin

Deutsch-Israelische Gesellschaft kritisiert geplante deutsche Millionenhilfen für UNRWA

Volker Beck: »Hilfe darf nicht über einen Kanal erfolgen, der in die terroristischen Aktivitäten der Hamas verstrickt war und ist«

 18.11.2025

Deutschland

»Das ist Verrat am Vaterland«

Unionsfraktionschef Jens Spahn äußert sich einmal mehr klar zur AfD

 18.11.2025

Riad/Washington

USA liefern F-35-Kampfjets an Saudi-Arabien

Bislang wurden diese in der Region nur an den engen Verbündeten Israel abgegeben

von Christoph Meyer, Cindy Riechau, Franziska Spiecker  18.11.2025

USA

Clinton-Minister zieht sich wegen Kontakt zu Epstein zurück

Der Skandal um den verstorbenen Sexualstraftäter zieht weitere Kreise. Ein früherer Minister kündigt nun wegen seiner persönlichen Beziehung zu Epstein Konsequenzen an

 18.11.2025

New York

UN-Sicherheitsrat billigt Trumps Gaza-Plan

Die Resolution erhält 13 Stimmen, Russland und China enthalten sich. Trump: Es ist ein Moment wahrhaft historischen Ausmaßes

 18.11.2025

Auszeichnung

»Fair auf Israel blicken, ohne Schaum vor dem Mund«

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat den Augsburger Friedenspreis erhalten. In seiner Dankesrede warb er für einen unvoreingenommenen Blick auf den jüdischen Staat

 17.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  17.11.2025

Berlin

Bundesregierung hebt Stopp der Rüstungsexporte nach Israel wieder auf

Die Waffenruhe in Gaza hält seit mehr als fünf Wochen. Die Bundesregierung nimmt das zum Anlass, ihre massiv kritisierte Entscheidung aus dem Sommer rückgängig zu machen

von Michael Fischer  17.11.2025