Interview

»Sicherer als in anderen Ländern«

Ex-Bundesinnenminister Thomas de Maizière Foto: dpa

Herr de Maizière, die Verunsicherung in der jüdischen Gemeinschaft angesichts der antisemitischen Ausschreitungen seitens arabischer Demonstranten ist groß. Wie sicher können Juden in Deutschland noch leben?
Jüdische Mitbürger können in Deutschland sicherer leben als in den meisten anderen Ländern der Welt. Dennoch sehe ich mit großer Sorge, dass die jüdische Gemeinschaft in Deutschland Anlass hat, die Frage ihrer Sicherheit zu diskutieren. Umso wichtiger ist mir der erneute Hinweis, dass es in Deutschland offenen oder verdeckten Judenhass nicht geben darf.

Was tut Ihr Ministerium, um Juden vor dieser Eskalation der Gewalt zu schützen?
Unsere Verfassung eröffnet weite Spielräume, in denen auch zugespitzte und kontroverse politische Positionen ihren Platz haben. Antisemitismus, gleich von welcher Seite, und die direkte oder verschleierte Leugnung des Existenzrechts des Staates Israel zählen nicht dazu. Der Rechtsstaat wird deshalb sein Instrumentarium ausschöpfen, damit unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens auch weiterhin in Deutschland sicher leben können.

Bislang wurde noch kein Demonstrant wegen Hassparolen wie »Juden ins Gas!« oder »Tod Israel!« bestraft. Müssten Polizei und Staatsanwaltschaften bei den Anti-Israel-Kundgebungen nicht viel entschlossener einschreiten?

Das Recht auf Versammlungsfreiheit zählt zu den herausragenden Grundrechten unserer Verfassung. Über mögliche und im Einzelfall notwendige Beschränkungen entscheiden die Versammlungsbehörden der Länder.
Unbeschadet dessen sind Versammlungsbehörden, Polizei und Staatsanwaltschaften in der Pflicht, öffentlich gegen Parolen wie die in Ihrer Frage genannten einzuschreiten. Dies kann zum Beispiel durch die Erteilung von Auflagen geschehen, die das Skandieren bestimmter Parolen untersagen. Verschiedene Staatsanwaltschaften in den Ländern prüfen hier bereits die Einleitung von Verfahren.

Wie bewerten Sie das Gefährdungspotenzial von pro-palästinensischen Aktivisten?
Die Sicherheitsbehörden stellen bislang ein stark emotionalisiertes, im Wesentlichen jedoch gewaltfreies Protestpotenzial fest. Gleichwohl muss aus einer aufgeheizten Stimmung heraus in und außerhalb von Versammlungen weiterhin mit situativen Straftaten gerechnet werden.

Planen Sie, die Sicherheit vor jüdischen Einrichtungen zeitweilig zu erhöhen?
Die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder stehen zum Schutz jüdischer Einrichtungen in einem ständigen, tagesaktuellen Informationsaustausch. Auf dieser Grundlage werden die jeweils notwendigen Schutzmaßnahmen für jüdische Einrichtungen durch die Polizeien der Länder festgelegt und durchgeführt. Öffentlich Details zu nennen, wäre nicht klug und nicht im Interesse der jüdischen Einrichtungen.

Die Fragen an den CDU-Politiker stellte Philipp Peyman Engel.

Meinung

BBC: Diese Plattform für anti-israelische Vorurteile und Extremismus ist nicht mehr zu retten

Der öffentlich-rechtliche Sender Großbritanniens hat sich anti-israelischen Vorurteilen und Extremismus geöffnet. Er braucht dringend Erneuerung

von Ben Elcan  13.11.2025

Diplomatie

Israel drängt Merz auf Ende des Teilwaffenembargos

Der Bundeskanzler hatte am 8. August angeordnet, keine Güter auszuführen, die im Krieg gegen die Hamas verwendet werden könnten

 13.11.2025

Entscheidung

Waffen an Israel: Berliner Gericht weist Klagen ab

Sechs überwiegend in Gaza wohnende Personen klagten in zwei Fällen gegen deutsche Waffenlieferungen an Israel. Das Berliner Verwaltungsgericht sieht die Klagen als unzulässig an

 13.11.2025

Interview

»Wir müssen viel mehr für die Rückführung von Antisemiten tun«

Der Bundestagsabgeordnete Johannes Volkmann (CDU) über den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland, die zögerliche Reaktion der Politik und Abschiebungen als Gefahrenabwehr

von Joshua Schultheis  13.11.2025

Berlin

Wegner setzt im Fördermittelstreit auf Aufklärung

»Es sind Vorwürfe im Raum, die muss man sich genau anschauen. Und dann werden wir gegebenenfalls, wenn es notwendig ist, die richtigen Konsequenzen ziehen«, betont der Regierende Bürgermeister

 12.11.2025

Deutschland

Waffen für Anschläge besorgt: Weiteres Hamas-Mitglied festgenommen

Der Mann soll ein Sturmgewehr, mehrere Pistolen und Munition für Anschläge auf jüdische und israelische Einrichtungen besorgt haben

 12.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Einmischung

Trump fordert Begnadigung Netanjahus

Israels Regierungschef Netanjahu steht wegen Betrugs, Bestechung und anderer Vorwürfe vor Gericht. Israels Präsident müsse ihn begnadigen, forderte nun US-Präsident Trump - damit er das Land vereinen könne

 12.11.2025

Sabine Brandes

Wie Donald Trump Israels Demokratie angreift

Der US-Präsident hat angekündigt, in den Korruptionsprozess gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu eingreifen zu wollen. Damit geht der Amerikaner eindeutig zu weit

von Sabine Brandes  12.11.2025